Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugewinn: Anwendbarkeit der Neuregelung bei Scheidung vor dem 1.9.2009
Leitsatz (amtlich)
Die zum 1.9.2009 geänderte Neufassung des § 1384 BGB, nach der im Falle der Ehescheidung für die Höhe der Ausgleichsforderung an die Stelle der Beendigung des Güterstands der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags tritt, ist nicht anwendbar, wenn die Scheidung vor dem Stichtag 1.9.2009 rechtskräftig geworden ist.
Verfahrensgang
AG Villingen-Schwenningen (Urteil vom 10.11.2011; Aktenzeichen (4) 3 F 285/99 (Gü)) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des AG - Familiengericht - Villingen-Schwenningen vom 10.11.2011 - 3 F 285/99 (GÜ), wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch den Antragsgegner durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsgegner Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Zugewinnausgleich. Stichtag für das Anfangsvermögen ist der 29.11.1991 und für das Endvermögen der 4.11.1999.
Die am 9.10.1938 geborene Antragstellerin und der am 23.5.1930 geborene Antragsgegner haben am 29.11.1991 die Ehe geschlossen. Der Antragsgegner hat vier erwachsene Kinder aus erster Ehe. Aus der Ehe der Beteiligten sind keine Kinder hervorgegangen.
Der Scheidungsantrag der Antragstellerin vom 22.10.1999 (AS. I, 1 ES) wurde dem Antragsgegner am 4.11.1999 zugestellt. In diesem Verfahren erhob die Antragstellerin als Folgesache eine Stufenklage auf Ausgleich des Zugewinns mit Schriftsatz vom 20.1.2000 (AS. I, 1 GÜ). Mit Datum vom 17.4.2000 erging ein Teil-Anerkenntnis-Urteil über die Auskunftsstufe des Zugewinnausgleichs hinsichtlich des Endvermögens des Antragsgegners (AS. I, 83 ES = I, 29 GÜ).
Mit Schriftsatz vom 22.8.2000 stellte die Antragstellerin in einem gesonderten Verfahren - 3 F 275/01 - einen isolierten Antrag auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns und bezifferte diesen auf 466.395,85 DM (AS. I, 233 GÜ).
Mit Schriftsatz vom 3.6.2004 stellte auch der Antragsgegner einen Scheidungsantrag (AS. I, 119 ES).
Der Antragsgegner hat die beiden in seinem Alleineigentum stehenden Immobilien wenige Tage nach Zustellung des Scheidungsantrags auf seine erwachsenen Söhne unentgeltlich übertragen, nämlich das Haus F. am 12.11.1999 an seinen Sohn F. R. und das Haus A. am 10.11.1999 an seinen Sohn G. R. Weiteres Aktivvermögen in nennenswertem Umfang ist nicht vorhanden. Der Antragsgegner hat am 7.5.2007 die eidesstattliche Versicherung abgegeben (AS. I, 837 GÜ), nach der er im Wesentlichen vermögenslos ist.
Das AG erließ mit Datum vom 6.6.2008 Scheidungsurteil (AS. I, 185 ES), in dem es die Scheidung, einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich, nachehelichen Unterhalt und die Abtrennung des Zugewinns aussprach. Die Berufung der Antragstellerin (AS. II, 5 im Verfahren 5 UF 116/08), mit der sie sich u.a. gegen den Scheidungsausspruch und die Abtrennung des Zugewinnausgleichs wandte, wies der Senat mit Urteil vom 12.6.2009 (AS. II, 191 im dortigen Verfahren) zurück. Am 21.7.2009 trat die Rechtskraft der Scheidung ein.
Die Antragstellerin erklärte mit Schriftsatz vom 27.10.2009 (AS. I, 225 GÜ) den isolierten Antrag auf vorzeitigen Zugewinn - 3 F 275/01 - für erledigt und rechnete den ursprünglichen Antrag in DM in den Eurobetrag von 238.464,41 EUR um. Das AG hat mit Beschluss vom 30.11.2009 (AS. I, 879 GÜ) das isolierte Verfahren zum vorliegenden (Rest-)Verfahren hinzu verbunden.
Das AG teilte den Beteiligten mit Verfügung vom 5.7.2011 (AS. I, 823 GÜ) eine vorläufige Berechnung mit, die mit einem Zugewinnausgleichsanspruch der Antragstellerin i.H.v. 64.474,36 EUR endet. In dieser Verfügung wies es darauf hin, dass die von der Antragstellerin angebotenen Sachverständigenbeweise (dafür, dass der Anspruch höher sei) zu erheben wären. Soweit der Antragsgegner beweispflichtig sei, habe dieser keinen weiteren Beweis angeboten.
Im Termin vom 1.9.2011 erklärte die Antragstellerin, dass sie nicht mehr in der Lage sei, weitere Gerichtskosten, insbesondere für eine Gutachtenerstellung, aufzubringen und daher nunmehr ihrem Vortrag die vom Gericht angesetzten Werte gemäß Verfügung vom 5.7.2011 zugrunde lege (AS. I, 975 GÜ).
Mit dem angefochtenen Urteil vom 10.11.2011 wies das AG - Familiengericht - Villingen-Schwenningen den Antrag auf Ausgleich des Zugewinns zurück. Der Antragsgegner sei bei Beendigung des Güterstands vermögenslos gewesen. Die entsprechende Vorschrift des § 1378 Abs. 2 BGB a.F. sei in der bis zum 1.9.2009 geltenden Fassung anzuwenden, da die Rechtskraft der Ehescheidung und damit die Entstehung des Ausgleichsanspruchs vor diesem Stichtag liege. Ein einmal nicht entstandener Ausgleichsanspruch könne nicht nacht...