rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Parteiverrat

 

Leitsatz (amtlich)

Der Rechtsanwalt, der zunächst beide Eheleute aufgrund deren gemeinsamen Auftrags ausschließlich über die Voraussetzungen und die Herbeiführung der von beiden Eheleuten übereinstimmend gewollten einverständlichen Scheidung ihrer Ehe sowie den Unterhaltsanspruch beraten und den Unterhaltsanspruch berechnet hat, handelt nicht pflichtwidrig i.S.d. § 356 Abs. 1 StGB, wenn er später einen der Ehepartner vertritt und den Unterhaltsanspruch geltend macht.

 

Normenkette

StGB § 356

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 30.07.2001; Aktenzeichen 1 Ds 511/00)

AG Schwetzingen (Urteil vom 08.02.2001; Aktenzeichen 309 Js 13426/99)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 09.01.2003; Aktenzeichen III ZR 342/02)

 

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 30. Juli 2001 nebst dem Urteil des Amtsgerichts Schwetzingen vom 08. Februar 2001 aufgehoben.

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 30. Juli 2001 ist damit gegenstandslos.

Die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

 

Tatbestand

I.

K.H. K. wurde vom Amtsgericht – Strafrichter – Schwetzingen am 08.02.2001 wegen Parteiverrats zu der Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je DM 200 verurteilt. Auf die Berufung des Angeklagten, mit der er seinen Freispruch, hilfsweise eine Verwarnung mit Strafvorbehalt erstrebte, änderte das Landgericht Mannheim mit Urteil vom 30.07.2001 das Urteil des Amtsgerichts Schwetzingen vom 08.02.2001 im Rechtsfolgenausspruch dahin ab, dass der Angeklagte verwarnt wird und die Verurteilung zu einer Geldstrafe zu 90 Tagessätzen zu je DM 150 vorbehalten bleibt.

Hiergegen richtet sich zum Einen die form- und fristgerecht eingelegte, mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten, mit der er nach wie vor seinen Freispruch erstrebt. Zum Anderen hat die Staatsanwaltschaft – beschränkt auf den Rechtsfolgenausspruch – gegen das Urteil Revision erhoben, die von der Generalstaatsanwaltschaft vertreten wird; sie trägt auf Verwerfung der Revision des Angeklagten, Aufhebung des Urteils im Rechtsfolgenausspruch und Verurteilung des Angeklagten zu der vorbehaltenen Geldstrafe an. Der Angeklagte beantragt hilfsweise, die Revision der Staatsanwaltschaft zu verwerfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Wegen des festgestellten Sachverhaltes, gegen den beide Beschwerdeführer nichts erinnern, kann auf Abschnitt III. des angefochtenen Urteils des Landgerichts vom 30.07.2001 Bezug genommen werden.

Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg und führt zu seinem Freispruch. Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Parteiverrats nicht. Die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat vom 22.01.1999 kann aus rechtlichen Gründen nicht festgestellt werden.

Tatvorwurf laut Anklageschrift und Gegenstand der Aburteilung ist ausschließlich das Verhalten des Angeklagten bei der am 02.12.1998 in seiner Kanzlei im Hinblick auf die von den Eheleuten S. und J.G. gewünschte einverständliche Scheidung ihrer Ehe durchgeführten gemeinsamen Besprechung bzw. Beratung der beiden Eheleute einerseits und die Fertigung und Absendung des namens S.G. an J.G. gerichteten Anwaltsschriftsatzes des Angeklagten vom 22.01.1999 andererseits. Dass der Angeklagte in der Folgezeit in der Scheidungsangelegenheit weiter außergerichtlich und gerichtlich für die Ehefrau, S.G., tätig war, bis er auf Aufforderung der Rechtsanwaltskammer Karlsruhe im Mai 1999 das Mandat niederlegte, ist weder in der Anklageschrift in einer der Abgrenzungs- und Informationsfunktion genügenden Weise, noch im Urteil konkretisiert (vgl. hierzu Senat Die Justiz 1994, 449; BGH NJW 1994, 2966).

Die rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts führt zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte mit der Beratung der beiden Eheleute am 02.12.1998 einerseits und mit dem namens S.G. an J.G. gerichteten Schriftsatz vom 22.01.1999 andererseits nicht pflichtwidrig beiden Parteien, d.h. beiden Eheleuten, diente. Denn der Angeklagte hatte in der gemeinsamen Besprechung mit den beiden Eheleuten am 02.12.1998 den Ehemann, J.G., nicht im entgegengesetzten Interesse beraten oder vertreten, folglich auch mit dem inkriminierten Schriftsatz vom 22.01.1999 die Ehefrau, S.G., nicht im entgegengesetzten Interesse vertreten.

Freilich hatte der Angeklagte bei der gemeinsamen Besprechung am 02.12.1998 beiden Eheleuten als Anwalt bei der ihm von diesen in dieser Eigenschaft anvertrauten Angelegenheit in einer Rechtssache durch Rat gedient. Gegenstand der aufgrund des gemeinsamen Auftrages beider Eheleute am 02.12.1998 durchgeführten Besprechung/Beratung waren die Voraussetzungen und die Herbeiführung einer von beiden Eheleuten übereinstimmend gewollten einverständlichen Scheidung sowie die Errechnung der Unterhaltsansprüche der Ehefrau und des gemeinsamen Sohnes...

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