Leitsatz (amtlich)
1. Auf die vertragliche Erbringung von Ingenieurleistungen ist die VOB/B - und damit die zweijährige Verjährungsfrist nach § 13 Nr. 4 (1) VOB/B - grundsätzlich nicht aufgrund einer pauschalen Bezugnahme auf die VOB/B in den Vertragsunterlagen anwendbar.
2. Die Verjährung eines aus Mängeln des Ingenieurwerks hergeleiteten Ersatzanspruchs des Bestellers gegen den Ingenieur kann gehemmt sein, wenn dieser den Besteller nicht nur bei der Geltendmachung von Ansprüchen gegen Dritte, insb. Bauunternehmer unterstützt, sondern die Prüfung des Werks eines Dritten auf Mängel durch den Ingenieur aus sachlichen Gründen das eigene Werk mit einbeziehen muss und er damit zu rechnen hat, dass sein Vertragspartner auch diese Prüfung erwartet.
3. Die für das Architektenrecht geltenden Grundsätze der sog. Sekundärhaftung, wonach der Architekt dem Auftraggeber bei Verstößen gegen die Hinweis- und Aufklärungspflicht über die Ursachen von Baumängeln wegen positiver Vertragsverletzung auf Schadensersatz verpflichtet sein kann, können auf einen mit der Erbringung umfassender Ingenieurleistungen beauftragten Ingenieur übertragen werden.
Verfahrensgang
LG Heidelberg (Urteil vom 19.02.2004; Aktenzeichen 4 O 16/01) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten Ziff. 2 gegen das Urteil des LG Heidelberg vom 19.2.2004 - 4 O 16/01 - wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte Ziff. 2 trägt die Kosten der Berufung sowie die Kosten der Nebenintervention in der Berufung.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte Ziff. 2 kann die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte Ziff. 2 vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Beklagte Ziff. 2 kann die Zwangsvollstreckung durch die Streithelfer durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 25 Abs. 2 GKG a.F. auf 44.125,12 Euro festgesetzt (Zahlung 34.125,12 Euro zzgl. Feststellung 10.000 Euro).
Gründe
I. Die Klägerin macht mit der Klage gegen die Beklagte Ziff. 1 einen Vorschussanspruch für Mangelbeseitigungskosten aus einem Werkvertrag und gegen die Beklagte Ziff. 2 Schadensersatzansprüche aus einem Ingenieurvertrag geltend. Gegenüber der Beklagten Ziff. 1 ist das landgerichtliche Urteil rechtskräftig.
Die Klägerin erstellte auf den Grundstücken B. in E. eine Wohnanlage mit 18 Eigentumswohnungen, die sie an die Streithelfer verkaufte. Diese übernahmen gem. Protokoll vom 17.11.1994 an diesem Tag das Gemeinschaftseigentum.
Mit schriftlichem Vertrag vom 12./17.10.1992 hatte die Klägerin die Beklagte Ziff. 2 mit Ingenieurleistungen bei der technischen Ausrüstung der Anlagengruppen Gas-, Wasser- und Abwassertechnik, Wärmeversorgungs-, Brauchwassererwärmungs- und Raumlufttechnik sowie Elektrotechnik beauftragt (AHK I, K 5). Über den im schriftlichen Vertrag hinaus vorgesehenen Umfang erhielt die Beklagte Ziff. 2 nachträglich auch den Auftrag für die Grundleistungen der Leistungsphase 9. Gemäß § 2.2.3 des Vertrages sollte vom Auftragnehmer u.a. die VOB/B beachtet werden. Nach Ziff. 8.2 der dem Vertrag gem. § 2.1 zugrundeliegenden Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Klägerin zu Architekten- und Ingenieurverträgen (AVB/A) (AHK I, K 5) begann die Verjährungsfrist mit der Erfüllung der Leistung des Auftragnehmers, spätestens jedoch mit der behördlichen Gebrauchsabnahme des Bauwerks; für Leistungen, die danach zu erbringen waren, mit der Erfüllung. Die Beklagte Ziff. 2 sah in den Ausschreibungsunterlagen "verzinktes, nahtloses Stahlrohr nach DIN 2440, mittelschwere Ausführung" vor. Den Auftrag für die Durchführung der Sanitärinstallationen erhielt die Beklagte Ziff. 1, deren Leistungen am 17.11.1994 abgenommen wurden. Die behördliche Gebrauchsabnahme beider Häuser erfolgte ausweislich der Schlussabnahmescheine vom 4./5.7.1995 (AHB I, 79/81) am 23.11.1994. Die Beklagte Ziff. 2 stellte der Klägerin ihre Leistungen gem. Leistungsphasen 1-6 des § 73 HOAI mit Schlussrechnung vom 20.11.1992 (AH B I, 1) in Rechnung, welche die Klägerin am 18.12.1992 bezahlte. Die Leistungsphasen 7-9 berechnete sie der Klägerin mit Schlussrechnung vom 2.12.1994 (AHK I, K 17).
Die Wohnungseigentümer beanstandeten von Anfang an die Trinkwasserbeschaffenheit wegen einer Braunfärbung des Wassers. Die Klägerin teilte mit Telefax vom 6.4.1995 (AHK I, K 14) der Beklagten Ziff. 2 die Probleme mit und bat, eine Überprüfung und Untersuchung auf Kosten der Klägerin zu veranlassen. Die Beklagte Ziff. 2 holte daraufhin - erstmals - eine Wasseranalyse ein und empfahl im Hinblick auf diese der Klägerin mit Schreiben vom 10.5.1995 (AHB I, 3) den Einbau einer Dosierstation. In dem Schreiben führte sie aus, dass aus...