Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame Kündigung eines Verbraucherdarlehensvertrages
Leitsatz (amtlich)
1. Die Kündigung eines Verbraucherdarlehensvertrages bei Zahlungsrückständen setzt eine ordnungsgemäße Fristsetzung voraus (§ 498 Abs. 1 Ziff. 2 BGB).
2. Die Kündigung eines Verbraucherdarlehensvertrages ist unwirksam, wenn die vorausgegangene Mahnung des Darlehensgebers einen zu hohen Zahlungsrückstand genannt hat. Das gilt auch dann, wenn die Zuvielforderung relativ gering war, beispielsweise bei unberechtigten "Mahngebühren" oder unberechtigten Inkassokosten (vgl. BGH NJW-RR 2005, 1410 [1412]).
3. Eigener Verwaltungsaufwand des Darlehensgebers kann nicht als pauschaler Verzugsschaden geltend gemacht werden, wenn gleichzeitig Verzugszinsen gem. § 497 Abs. 1 BGB verlangt werden.
Normenkette
BGB § 497 Abs. 1, 3, § 498 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Konstanz (Urteil vom 25.01.2012; Aktenzeichen 5 O 171/11 M) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Konstanz vom 25.1.2012 - 5 O 171/11 M - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Berufungsurteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin ist eine Bank, die Darlehen zur Finanzierung von Fahrzeugen gewährt. Der Beklagte erwarb im August 2009 einen Pkw R. zum Preis von 18.059,56 EUR. Mit Darlehensvertrag vom 10.8.2009 gewährte die Klägerin dem Beklagten zur Finanzierung ein Darlehen i.H.v. 15.559,56 EUR netto. Der Bruttodarlehensbetrag von 18.107,75 EUR einschließlich Zinsen sollte in 46 Raten zu je 253,37 EUR und einer Schlussrate von 6.452,73 EUR zurückgezahlt werden. In den Darlehensbedingungen (Anlage K 9, II 117, 119) vereinbarten die Parteien eine Sicherungsübereignung des Fahrzeugs auf die Klägerin.
Der Beklagte konnte in der Folgezeit wegen finanzieller Schwierigkeiten die vereinbarten Raten teilweise nicht oder nicht pünktlich bezahlen. Mit Schreiben vom 14.1.2011 (II, 105) mahnte die Klägerin einen Gesamtrückstand von 1.161,79 EUR an. Sie setzte dem Beklagten eine Frist zur Zahlung bis zum 30.1.2011 und erklärte, sie werde den Darlehensvertrag kündigen und die Zahlung der gesamten Restschuld verlangen, wenn der Beklagte innerhalb der Frist nicht den Gesamtrückstand bezahlt haben sollte. Mit Schreiben vom 1.2.2011 (Anlage K 2) erklärte die Klägerin sodann die Kündigung.
In der Folgezeit beauftragte die Klägerin die E. GmbH, wegen der Zahlungsrückstände des Beklagten tätig zu werden. Diese fertigte am 6.5.2011 (Anlage K 5) einen Bericht für die Klägerin, und stellte ihr gleichzeitig (Anlage K 3) eine Vergütung von 65,45 EUR in Rechnung für eine Strafanzeige, welche sie im Auftrag der Klägerin gegen den Beklagten gestellt habe.
Der Beklagte erbrachte in der Folgezeit weitere Zahlungen. Zwischen den Parteien fanden Verhandlungen über eine mögliche Fortsetzung des Darlehensvertrages statt, deren Ablauf teilweise streitig ist. In den vorgerichtlichen Verhandlungen wurde der Beklagte von seinem späteren Prozessbevollmächtigten vertreten. Die Klägerin wurde in den Verhandlungen teilweise von der N. Inkasso GmbH, und teilweise von ihren Prozessbevollmächtigten vertreten.
Am 9.12.2011 richtete die Klägerin während des bereits laufenden erstinstanzlichen Verfahrens eine weitere "Letzte Mahnung vor Kündigung" an den Beklagten (I, 79). Sie forderte den Beklagten auf, einen zu diesem Zeitpunkt nach ihrer Auffassung bestehenden Gesamtrückstand i.H.v. 781,76 EUR zzgl. 65 EUR Inkassokosten und zzgl. 19,50 EUR für eine außergerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten zu zahlen mit der Maßgabe, dass die Klägerin nach fruchtlosem Ablauf der Frist zur Kündigung des Darlehensvertrages berechtigt sei. Mit weiterem Schreiben vom 3.1.2012 (I, 85) erklärte die Klägerin nochmals die Kündigung des Darlehensvertrages.
Die Klägerin hat vor dem LG Herausgabe des sicherungsübereigneten Pkw R. verlangt. Der Beklagte sei zum Besitz des Fahrzeugs nicht mehr berechtigt, da nach der fristlosen Kündigung des Darlehensvertrages der Sicherungsfall eingetreten sei. Die Klägerin hat erstinstanzlich die Klage zunächst nur auf die erste Kündigung vom 1.2.2011 gestützt. Sie hat außerdem beantragt, dem Beklagten eine Frist zur Herausgabe des Fahrzeugs von zwei Wochen nach Rechtskraft des Urteils zu setzen mit der weiteren Maßgabe, den Beklagten nach fruchtlosem Fristablauf zur Zahlung eines Hauptsachebetrages i.H.v. 12.365,35 EUR nebst Zinsen zu verurteilen.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat auf wirtschaftliche Schwierigkeiten hingewiesen, die zu gewissen Zahlungsverzögerungen geführt hätten. Im Hinblick auf diese Umstände habe man sich nach der Kündigung vom 1.2.2011 auf eine Fortsetzung des Darlehensvertrages verständigt.
Das LG hat die Klage mit Urteil vom 25.1.2012 abgewiesen. Der Beklagte sei zur Herausgabe des Fahrzeugs nicht verpflichtet. Der Sicherungsfall sei nicht eingetreten. Denn die Klägerin habe in den Verhandlung...