Leitsatz (amtlich)
1. Eine (individuelle) Vereinbarung eines Versicherungsnehmers in der Krankenhaustagegeldversicherung mit seinem Versicherer, wonach die Versicherungsprämie und die Höhe des Krankenhaustagegelds unverändert bleiben und das Recht des Versicherers auf einseitige Veränderungen des Versicherungsvertrags abbedungen ist, ist weder wegen Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot des § 11 Abs. 2 VAG noch wegen Verstoßes gegen das Begünstigungsverbot nach § 81 Abs. 2 S. 4 VAG i.V.m. § 134 BGB unwirksam.
2. Begehrt der Versicherungsnehmer von seinem Versicherer Abschriften seiner Erklärungen in Bezug auf seinen Versicherungsvertrag, so muss er substanziiert dartun, von welchen seiner Erklärungen er konkret eine Abschrift begehrt. § 3 Abs. 3 VVG gibt dem Versicherungsnehmer keine Rechtsgrundlage dafür, sich Gewissheit darüber zu verschaffen, über welche schriftlichen Erklärungen von ihm die Versicherung verfügt, und deshalb auch keinen Anspruch auf Abschriften „sämtlicher Erklärungen”.
Normenkette
BGB § 134; VAG § 11 Abs. 2, §§ 12, 81 Abs. 2; VVG § 3 Abs. 3, §§ 178g, 178o
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 23.07.2001; Aktenzeichen 14 O 515/00) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Freiburg vom 23.7.2001 abgeändert:
1. Es wird festgestellt, dass das Versicherungsverhältnis der Parteien mit der Versicherungs-Nr. … nach dem Tarif KM mit einer Prämie von monatlich 9,70 DM bzw. 4,96 Euro ungekündigt fortbesteht.
2. Es wird festgestellt, dass mit Schreiben vom 14.12.1998 von der Beklagten geltend gemachte Prämienrückstände des Klägers i.H.v. 13.909,43 DM nicht bestehen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Der Kläger hat 5 %, die Beklagte hat 95 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
V. Die Revision wird hinsichtlich der Begründetheit der Feststellungsklage zugelassen.
Tatbestand
Der seit Jahren bei der Beklagten krankenversicherte Kläger nahm 1995 mit ihr Verhandlungen auf mit dem Ziel, im Wege der Herabsetzung des vereinbarten Krankenhaustagegeldes auf 100 DM (Tarif KM) seine Prämienverpflichtung zu verringern. Mit Schreiben vom 28.11.1995 (Anlg.-Heft K1) nahm er ein in Bezug genommenes Angebot der Beklagten u.a. mit der Maßgabe an, dass „die Jahreszahlung mit 4 % rabattiert” wird, „Prämien und Tagegeldhöhe unverändert bleiben”, der Vertrag vom Versicherer nur unter den im BGB gegebenen Bestimmungen im außerordentlichen Weg gekündigt werden” kann und „alle Bestimmungen aus Versicherungsbedingungen und ähnlichen Rechten, aus denen der Versicherer sonst das Recht herleiten kann, den Vertrag einseitig zu ändern, ausdrücklich ausgeschlossen sind”. Die Beklagte reagierte hierauf mit Schreiben vom 22.12.1995 (Anlg.-Heft K2), mit dem sie dem Kläger unter Beifügung eines entsprechenden Nachtrags zum Versicherungsschein „wunschgemäß” die Umstellung der Krankenhaustagegeldversicherung bestätigte, allerdings mit der Einschränkung, dass er bei jährlicher Zahlung lediglich 3 % Skonto erhalte. Nachdem der Vertrag in der Folgezeit entspr. der „Umstellung” gehandhabt wurde, begehrte die Beklagte mit Schreiben vom 5.5.1997 (Anlg.-Heft K3) „gemäß den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB)” eine Anpassung der Prämie für die Krankenhaustagegeldversicherung um 6 DM und bezifferte den „Gesamtbeitrag für alle Versicherungen” ab Juli 1997 mit 34,01 DM. Unter Hinweis auf die „mit Datum vom 28.11.1995 getroffenen Vereinbarungen zur Neuregelung unseres Versicherungsverhältnisses” widersprach der Kläger der Anpassungsforderung (Anlg.-Heft K4). In dem sich hieran anschließenden Schriftwechsel der Parteien stellt sich die Beklagte u.a. auf den Standpunkt, dass 1995 eine wirksame Vertragsumstellung nicht zustande gekommen sei, der ursprüngliche Vertrag mithin fortbestehe und zwar mit einem Beitragrückstand von 13.909,43 DM (Schreiben der Beklagten vom 15.10.1998 – Anlg.-Heft K9). Unter dem 25.8.1999 (Anlg.-Heft K11) kündigte die Beklagte schließlich wegen Nichtzahlung der Prämien das Versicherungsverhältnis unter Angabe des aktuellen Beitragrückstands mit 468,21 DM.
Der Kläger hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass das Versicherungsverhältnis entspr. seinem Schreiben vom 28.11.1995 fortbesteht und die ausgesprochene Kündigung unwirksam ist. Er hat mit seiner Klage die Beklagte auf Feststellung des Fortbestands des Versicherungsverhältnisses mit unveränderter Prämie sowie Nichtbestehens des behaupteten Prämienrückstands von 13.909,43 DM in Anspruch genommen und weiter für zwei Krankenhausaufenthalte auf Zahlung von 400 DM an Versicherungsleistung sowie auf Vorlage seiner sämtlichen Anträge, Versicherungsscheine und Erklärungen zu seiner Versicherung in Kopie.
Die Beklagte, die der Klage entgegengetr...