Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes
Leitsatz (amtlich)
1. Die Ersetzung des Anpassungsmaßstabes für Besitzstandsrenten bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) dergestalt, dass anstelle der Veränderung der Beamtenpensionen eine Rentendynamisierung i.H.v. 1 % jährlich tritt, ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
2. Die Halbanrechnung sog. Vordienstzeiten bei der Berechnung der Zusatzversorgungsrente von Versicherten, die bis zum 31. 12.200 versorgungsberechtigt geworden sind, ist auch nach diesem Stichtag rechtmäßig (BGH v. 26.11.2003 - IV ZR 186/02, MDR 2004, 447 = BGHReport 2004, 295 = VersR 2004, 183).
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 26.06.2003; Aktenzeichen 6 O 43/03) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 26.6.2003 - 6 O 43/03 - im Kostenpunkt aufgehoben sowie im Übrigen wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird hinsichtlich der Berufung des Klägers zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten eine höhere Zusatzversorgungsrente.
Der Kläger ist im Jahr 1924 geboren. Er war im öffentlichen Dienst bei einem Dienstherrn beschäftigt, dessen Arbeitnehmer bei der beklagten Zusatzversorgungsanstalt pflichtversichert wurden. Zuvor hatte der Kläger in einer Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben.
Der Kläger bezieht seit 1.4.1986 eine Zusatzversorgungsrente (nachfolgend: Versorgungsrente) von der Beklagten. Er hat in ihrem Versorgungssystem 166 Umlagemonate sowie in der gesetzlichen Rentenversicherung insgesamt 460 Monate zurückgelegt. Die Beklagte hat gem. § 42 Abs. 2 S. 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa ihrer Satzung (im Folgenden: VBLS) in der für die Berechnung der Rentenhöhe des Klägers maßgebenden alten Fassung (a.F.) für den Faktor der gesamtversorgungsfähigen Zeit, von dem die Höhe der Versorgungsrente abhängt, die Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung, die nicht zugleich Umlagemonate sind, lediglich zur Hälfte berücksichtigt (sog. Halbanrechnungsgrundsatz). Dies ergab eine gesamtversorgungsfähige Zeit von 313 Monaten. Andererseits war bei der Berechnung der Versorgungsrente grundsätzlich von der vollen Höhe der an den Kläger gezahlten gesetzlichen Rente auszugehen; diese wurde gem. § 40 Abs. 1 VBLS a.F. durch die von der Beklagten gewährte Zusatzversorgung in dem Umfang aufgestockt, in dem die gesetzliche Rente hinter der berechneten Gesamtversorgung zurückblieb. Das BVerfG hat mit Beschluss vom 22.3.2000 (BVerfG, Beschl. v. 22.3.2000 - 1 BvR 1136/96, VersR 2000,835 = NJW 2000, 3341) in der Halbanrechnung von Vordienstzeiten bei voller Berücksichtigung der gesetzlichen Rente eine Ungleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) ggü. denjenigen Versicherten gesehen, die ihr ganzes Berufsleben im öffentlichen Dienst verbracht haben. Diese Ungleichbehandlung könne nur bis zum Ablauf des Jahres 2000 hingenommen werden. Der Kläger ist der Ansicht, dass danach die Zusatzversorgung auf der Grundlage einer Vollanrechnung der Vordienstzeiten zu gewähren sei. In diesem Falle würde sich seine Rente für die Zeit ab 1.7.2002 - unstreitig - um monatlich 284,55 Euro erhöhen.
Mit Schreiben vom 23.8.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er im Zusammenhang mit der Umstrukturierung des Rentensystems durch Neufassung ihrer Satzung zum 1.1.2001 künftig eine Betriebsrente auf der Grundlage der bisherigen Versorgungsrente erhalten werde, allerdings mit einer Dynamisierung von 1 % jährlich jeweils zum 1.7. eines jeden Jahres, beginnend ab 2002. (§§ 39, 75 Abs. 2 S. 1 VBLS n.F.). Auf dieser Grundlage hat die Beklagte die Rente des Klägers für die Zeit ab 1.7.2002 neu berechnet. Hiergegen wendet er sich ebenfalls. Er ist der Auffassung, die geänderte Anpassungsregelung greife zu Unrecht in seine Besitzstandsrechte ein.
Der Kläger hat im ersten Rechtszug zuletzt beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,
1. seine Versorgungsrente ab 1.7.2002 im Rahmen des § 75 VBLS n.F. zum 31.12.2001 auf der Grundlage einer gesamtversorgungsfähigen Zeit von 460 Monaten zu errechnen und zu dynamisieren
2. die jährliche Rentenanpassung entsprechend der bisherigen Regelung in § 56 VBLS a.F. vorzunehmen, soweit der dadurch berechnete Betrag die Höhe von 1 % übersteigt.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie vertritt die Auffassung, zumindest seit In-Kraft-Treten der neuen Satzung mit Rückwirkung ab 1.1.2001 bestünden keine Bedenken mehr gegen die Halbanrechnung der Vordienstzeiten. Die Neuregelung der Rentenanpassungen sei wirksam und greife in Besitzstandsrechte des Klägers nicht ein.
Das LG, auf dessen Urteil wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen verwiesen wird, hat unter Abweisung der Klage im Übrigen festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1...