Leitsatz (amtlich)
1. Für die Berechnung des Unterhalts eines Kindes aus geschiedener Ehe ist das Einkommen des Barunterhaltspflichtigen gem. § 1610 Abs. 1 BGB maßgebend; dieses ist nicht um den Splittingvorteil aus der neuen Ehe des Unterhaltspflichtigen zu kürzen (Abgrenzung zu BVerfG v. 7.10.2003 - 1 BvR 246/93, FamRZ 2003, 1821).
2. Der Anspruch auf Dynamisierung des Unterhaltsanspruchs des minderjährigen Kindes gem. § 1612a Abs. 1 BGB besteht auch im absoluten Mangelfall, so dass im Urteil Kindesunterhalt auch im absoluten Mangelfall dynamisiert in Höhe des Vomhundertsatzes des jeweiligen Regelbetrages der RegelbetragsVO zuzusprechen ist.
Verfahrensgang
AG Schwetzingen (Urteil vom 14.01.2004; Aktenzeichen 3 F 351/03) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Schwetzingen vom 14.1.2004 (3 F 351/03) in Ziff. 1. bis 3. teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu Händen der Kindesmutter rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit vom 1.8.2003 bis 31.8.2004 i.H.v. 1.144 Euro (13 Monate à 88 Euro) zu zahlen.
Der Beklagte wird weiter verurteilt, ab September 2004 bis einschließlich Juni 2005 monatlich, jeweils im voraus, 88 Euro über den durch Urkunde des Jugendamts Mosbach vom 8.7.2003 (Urk. Reg. Nr. 364/2003) titulierten Betrag von 153 Euro hinaus an die Klägerin zu Händen der Kindesmutter zu zahlen.
Der Beklagte wird weiter verurteilt, vom 1.7.2005 bis 31.7.2009 über die durch Urkunde des Jugendamts Mosbach vom 8.7.2003 (Urk. Reg. Nr. 364/2003) titulierten 63,5 % des Regelbetrags hinaus weitere 36,5 % des jeweiligen Regelbetrags der 2. Altersstufe nach § 1 RegelbetragsVO (insgesamt 100 %) monatlich, jeweils im voraus, abzgl. des hälftigen Kindergeldes, soweit dieses mit dem Unterhaltsbetrag 135 % des Regelbetrags übersteigt, derzeit 241 Euro, an die Klägerin zu Händen der Kindesmutter zu zahlen.
Der Beklagte wird weiter verurteilt, ab 1.8.2009 über die durch Urkunde des Jugendamts Mosbach vom 8.7.2003 (Urk. Reg. Nr. 364/2003) titulierten 63,5 % des Regelbetrags hinaus weitere 36,5 % des jeweiligen Regelbetrags der 3. Altersstufe nach § 1 RegelbetragsVO (insgesamt 100 %) monatlich, jeweils im voraus, abzgl. des hälftigen Kindergeldes, soweit dieses mit dem Unterhaltsbetrag 135 % des Regelbetrags übersteigt, an die Klägerin zu Händen der Kindesmutter zu zahlen.
2. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A. Die am 1.8.1997 geborenen Klägerin ist die Tochter des Beklagten aus dessen im Jahre 2003 geschiedener Ehe mit ihrer Mutter.
Der Beklagte hat am 8.7.2003 eine vollstreckbare Jugendamtsurkunde über einen Betrag von 153 Euro monatlich errichtet, den er seit August 2003 zahlt.
Die Klägerin fordert Unterhalt i.H.v. insgesamt 249 Euro monatlich.
Der Beklagte ist seit 2.5.2003 wieder verheiratet und hat aus dieser Ehe ein weiteres, am 17.6.2003 geborenes Kind. Seine Ehefrau bezieht Erziehungsgeld i.H.v. 278 Euro monatlich.
Der Beklagte ist von Beruf Koch. Hinsichtlich seines Einkommens wird auf die Feststellungen des AG Bezug genommen. In den letzten Monaten erzielte er einen Nettoverdienst von 1.971,69 Euro. Er zahlt auf ein während der Ehe mit der Mutter der Klägerin aufgenommenes Darlehen wegen Spielschulden monatlich 398,81 Euro.
Die Klägerin hat vorgetragen, der Beklagte könne monatlich etwa 400 Euro aus Nebentätigkeiten als Koch verdienen, die er schon während der Ehe mit ihrer Mutter ausgeübt habe.
Sie ist der Ansicht, das Erziehungsgeld mindere den Unterhaltsbedarf der Ehefrau des Beklagten.
Das AG hat den Beklagten zur Zahlung von 114 Prozent des jeweiligen Regelbetrages nach der RegelbetragsVO, derzeit nach Abzug des anteiligen Kindergeldes 249 Euro monatlich, verurteilt.
Mit seiner Berufung begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der über den titulierten Betrag von 153 Euro monatlich hinausgehenden Unterhaltsforderung der Klägerin.
Er vertritt die Auffassung, aus der Entscheidung des BVerfG vom 7.10.2003 zum Splittingvorteil in der neuen Ehe des Unterhaltsschuldners sei zu folgern, dass auch für die Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin nur das Einkommen herangezogen werden könne, das ihm bei einer Versteuerung nach Steuerklasse 1 verbliebe. Dies seien 1.762 Euro netto. Es liege deshalb ein Mangelfall vor. Für die Ehefrau des Beklagten sei ein Einsatzbetrag von 535 Euro zu nehmen, weil das Erziehungsgeld gem. § 9 BundeserziehungsgeldG Unterhaltsverpflichtungen nicht berühre.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des FamG Schwetzingen vom 14.1.2004 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Im Hinb...