Leitsatz (amtlich)
Gelangt ein Dieb nach einem Einbruch in die Geschäftsräume des Versicherten durch eine unverschlossene Tür in dessen darüber liegende Wohnung, so besteht für die Entwendung von Gegenständen aus der Wohnung kein Versicherungsschutz aus der Einbruchdiebstahlversicherung.
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 29.07.2003; Aktenzeichen 4 O 189/03) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 29.7.2003 – 4 O 189/03 – wird zurückgewiesen
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten wegen eines Einbruchsdiebstahls Leistungen aus einem Hausratsversicherungsvertrag. Dem Vertrag liegen die VHB 84 zugrunde.
Der Kläger betreibt ein Autohaus. Die Geschäftsräume (Ausstellungsraum und Büro) befinden sich im Erdgeschoss seines Anwesens. Im ersten Obergeschoss des selben Gebäudes liegt die Wohnung des Klägers, die von dem Ausstellungsraum über eine Zwischentür zum Treppenhaus sowie eine weitere Wohnungseingangstür zu erreichen ist. Die Betriebseinrichtung der Geschäftsräume ist bei einem anderen Versicherer u.a. gegen Einbruchsdiebstahl versichert.
In der Nacht vom 30. auf den 31.3.2002 drang ein Unbekannter durch Aufhebeln eines geschlossenen Kippfensters in den Ausstellungsraum im Erdgeschoss ein und gelangte von dort aus durch die nicht verschlossenen Türen über das Treppenhaus in den Wohnbereich im ersten Stock. Dort wurden nach der Behauptung des Klägers mehrere Hausratgegenstände (u.a. Schmuck, Bargeld und Uhren) entwendet, wofür er die seiner Auffassung nach bedingungsgemäße Versicherungsleistung von 18.543,90 Euro nebst Zinsen verlangt.
Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen. Weitere Änderungen bzw. Ergänzungen ergeben sich aus den nachfolgenden Ausführungen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Ein Einbruchsdiebstahl i.S.v. § 5 Nr. 1a i.V.m. § 10 Nr. 2 und 3 VHB 84 liegt seiner Auffassung nach nicht vor. Gemäß § 10 Nr. 3 müssten sich bei Schäden durch Einbruchsdiebstahl alle Voraussetzungen gem. § 5 oder § 6 VHB 84 innerhalb des Versicherungsortes verwirklicht haben. Gemäß § 10 Nr. 2 VHB 84 sei Versicherungsort die im Versicherungsvertrag bezeichnete Wohnung des Versicherungsnehmers. Diesbezüglich sei ein gewaltsames Eindringen jedoch nicht gegeben. § 10 Nr. 3 VHB 84, wonach ein Einbrechen oder ein Einsteigen in angrenzende Geschäftsräume nicht ausreiche, sei nicht derart ungewöhnlich, dass man die Klausel als unwirksam nach § 3 AGBG ansehen müsse. Dementsprechend fehle es auch an einem etwaigen Beratungsverschulden des Versicherungsvertreters der Beklagten bei Abschluss des Vertrages.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Seiner Ansicht nach kann ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer den Bedingungen nicht entnehmen, dass in der vorliegenden Konstellation kein Versicherungsschutz bestehe. Jedenfalls widersprächen die Bedingungen bei einer anderen Auslegung dem AGB-Gesetz und dem versicherungsrechtlichen Transparenzgebot. Hilfsweise beruft sich der Kläger auf ein Beratungsverschulden des Versicherungsagenten Zimmermann, welches sich die Beklagte über § 278 BGB zurechnen lassen müsse. Der Agent, der die örtlichen Verhältnisse gekannt habe, hätte darauf hinweisen müssen, dass zur Wahrung des Versicherungsschutzes die Verbindungstür zwischen gewerblichem und privatem Bereich stets verschlossen gehalten werden müsse.
Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Die Beklagte ist zu Versicherungsleistungen nicht verpflichtet, da gem. § 10 Nr. 3 der vertraglich vereinbarten VHB 84 ein bedingungsgemäßer Schaden durch Einbruchsdiebstahl nicht vorliegt.
1. Entgegen der Auffassung des Klägers ist nach den VHB 84 der Versicherungsschutz im vorliegenden Fall eindeutig ausgeschlossen. Bei Schäden durch Einbruchsdiebstahl, die der Kläger geltend macht, müssen nach § 10 Nr. 3 VHB 84 „alle Voraussetzungen gem. § 5 oder § 6 innerhalb des Versicherungsortes verwirklicht worden sein.” Gemäß § 10 Nr. 2 S. 1 ist Versicherungsort die im Versicherungsvertrag bezeichnete Wohnung des Versicherungsnehmers. Nach § 10 Nr. 2 S. 3 gehören nicht zur Wohnung Räume, die ausschließlich beruflich oder gewerblich genutzt werden. Damit ist nach dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen aus der Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers, auf dessen Verständnismöglichkeiten es bei der Auslegung ankommt (vgl. BGH v. 23.6.1993 – IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83 [85] = MDR 1993, 841), das versicherte Risiko eindeutig begrenzt. Dies gilt auch mit Rücksicht darauf, dass Risikobegrenzungs- oder Ausschlussklauseln eng auszulegen sind (vgl. BGH v. 29.1.2003 – IV ZR 257/01, MDR 2003, 508 = BGHReport 2003, 484 = GesR 2003, 156 = VersR 2003, 360 unter I 2a m.w.N.).
Nach dem Versicherungsschein vom 13.7.1993 (Anlagenheft I 1) ist Versic...