Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhaltsanspruch bei verfestigter Lebensgemeinschaft ohne gemeinsame Wohnung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Unterhaltspflichtige muss auch das Fortbestehen einer verfestigten Lebensgemeinschaft beweisen, wenn im Erstprozess streitig ist, ob der Unterhaltsberechtigte ab einem bestimmten Zeitpunkt das Zusammenleben mit dem neuen Partner beendet hat.
2. Zu den Voraussetzungen einer verfestigten Lebensgemeinschaft, wenn die Partner nicht räumlich zusammenleben und keinen gemeinsamen Haushalt führen.
3. Zur Feststellung von ehebedingten Nachteilen im Rahmen von § 1578b BGB.
Normenkette
BGB §§ 1578b, 1579 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Wiesloch (Urteil vom 14.01.2010; Aktenzeichen 1 F 33/08) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Bundesfinanzdirektion Südwest wird das Urteil des AG - Familiengericht - Wiesloch vom 14.1.2010 (1 F 33/08) in Ziff. 2. b) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei dem Bundesministerium der Finanzen, Bundesfinanzdirektion Südwest werden auf dem Versicherungskonto Nr ... der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg Rentenanwartschaften von monatlich 854,45 EUR, bezogen auf den 29.2.2008, begründet. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
2. Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des AG - Familiengericht - Wiesloch vom 14.1.2010 (1 F 33/08) in Ziff. 3 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin beginnend mit Rechtskraft der Ehescheidung einen monatlichen, monatlich im Voraus zahlbaren nachehelichen Unterhalt i.H.v. 763 EUR zu zahlen.
Die weitergehende Klage der Antragsgegnerin auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt wird abgewiesen.
3. Die außergerichtlichen Kosten der Bundesfinanzdirektion Südwest im Beschwerdeverfahren tragen Antragsteller und Antragsgegnerin je zur Hälfte. Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen der Antragsteller 95 %, die Antragsgegnerin 5 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Mit Verbundurteil vom 14.1.2010 hat das AG - Familiengericht - Wiesloch die Ehe der Parteien geschieden, eine Entscheidung zum Versorgungsausgleich getroffen und den Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin bis 31.5.2011 nachehelichen Unterhalt von monatlich 763 EUR zu bezahlen. Antragsteller und Antragsgegnerin streiten in der Berufung noch um die Frage, ob und in welcher Höhe die Antragsgegnerin vom Antragsteller nachehelichen Unterhalt über den 31.5.2011 hinaus verlangen kann. Daneben ist über die Beschwerde der Bundesfinanzdirektion Südwest gegen den Ausspruch zum Versorgungsausgleich zu entscheiden.
Der am ... 1954 geborene Antragsteller und die am ... 1954 geborene Antragsgegnerin haben am ... 1979 geheiratet. Aus der Ehe der Parteien sind die Töchter J., geboren am ... 1983, und S., geboren am ... 1986, hervorgegangen. Seit Januar 2007 leben die Eheleute getrennt. Die Zustellung des Scheidungsantrags an die Antragsgegnerin erfolgte am 6.3.2008. Die Scheidung ist seit 27.4.2010 rechtskräftig.
Der Antragsteller bewohnt mit der noch in der Ausbildung befindlichen Tochter S. weiterhin das eheliche Haus in W.. Die Antragsgegnerin hat keine eigene Wohnung, sondern lebt in dem Haus ihrer Schwester in M., wo sie ein etwa 30 m2 großes Zimmer bewohnt.
1. Versorgungsausgleich
Das AG hat in Ziff. 2 des Urteils vom 14.1.2010 den Versorgungsausgleich dahingehend geregelt, dass von dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Rentenanwartschaft von monatlich 42,47 EUR auf das Konto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, bezogen auf den 29.2.2008 übertragen wird und diese Anwartschaft in Entgeltpunkte umzurechnen ist (Ziff. 2a). Weiterhin hat es entschieden, dass zu Lasten der Versorgung des Antragstellers beim Bundesministerium der Finanzen, Bundesfinanzdirektion Südwest auf dem Konto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg Rentenanwartschaften von monatlich 891,09 EUR begründet werden, bezogen auf den 29.2.2008, und dass diese Anwartschaft in Entgeltpunkte umzurechnen ist (Ziff. 2b).
Gegen das ihr am 26.1.2010 zugestellte Urteil hat die Bundesfinanzdirektion Südwest am 5.2.2010 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, die in erster Instanz erteilte Versorgungsauskunft sei nicht mehr zutreffend. Mittlerweile sei das Dienstrechtsneuordnungsgesetz in Kraft getreten, wonach für den Antragsteller eine angehobene Altersgrenze von 65 Jahren und 8 Monaten gelte und die als ruhegehaltsfähige Dienstzeit anzuerkennende Zeitdauer der Hochschulausbildung sich vermindert habe. Weiterhin sei in der erstinstanzlichen Auskunft der Beitrag zur Pflegeversicherung entgegen der Entscheidung des BGH v. 2.7.2008 - XII ZB 80/06 noch nicht berücksichtigt gewesen. Unter Einbeziehung dieser Änderungen belaufe sich die ehezeitliche Anwartschaft des Antragstellers bei dem Bunde...