Entscheidungsstichwort (Thema)
Amtshaftung Zwangsvollstreckung Hinterlegung
Leitsatz (amtlich)
Auch im Verteilungsverfahren nach §§ 872 ff. ZPO werden die angefallenen Hinterlegungszinsen nicht der Hinterlegungsmasse zugeschlagen, sondern stehen den berechtigten Gläubigern im Verhältnis ihrer Ansprüche auf die Hinterlegungsmasse zu.
Normenkette
BGB § 839; ZPO §§ 872-874, 878; HintO § 8
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 24.01.2006; Aktenzeichen 2 O 311/05) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 24.1.2006 - 2 O 311/05 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt vom beklagten Land Schadensersatz aufgrund einer behaupteten Amtspflichtverletzung eines Rechtspflegers beim AG W.
Durch Beschluss des LG Frankfurt vom 7.9.2000 wurde das Guthaben eines damals strafrechtlich verfolgten Rechtsanwalts bei der Sparkasse H (Drittschuldnerin) beschlagnahmt. Zuvor hatte der Kläger am 10.12.1999 beim AG in W unter dem Az. 3 C 490/99 einen dinglichen Arrest (Az. 3 C 490/99) in das Vermögen des Drittschuldners und die Pfändung des in Frage stehenden Kontoguthabens bis zum Höchstbetrag von 61.200 DM erwirkt. Der Pfändungsbeschluss ist der Drittschuldnerin am 17.12.1999 zugestellt worden. Neben dem Kläger haben noch zahlreiche weitere Gläubiger Pfändungen der genannten Guthabensforderung erwirkt.
Am 10.10.2000 hinterlegte die Drittschuldnerin beim AG W einen Betrag von 676.087,41 DM (= 354.678 EUR). Nachdem das AG W alle in Betracht kommenden Gläubiger durch Beschluss vom 26.3.2003 (AS. 59 ff. der Sammelakte im Verteilungsverfahren RA. S IJ 1/03) aufgefordert hatte, Berechnungen der Forderungen nebst bis zum Hinterlegungstag angefallener Zinsen einzureichen, erstellte es durch den Rechtspfleger am 7.7.2003 einen Teilungsplan. Dieser enthält keine Ausführungen über angefallene oder noch laufende Hinterlegungszinsen; wegen des weiteren Inhalts wird auf die beigezogene Sammelakte im Verteilungsverfahren IJ 1/03 Bezug genommen (dort AS 75 ff.).
Nachdem ein Gläubiger Widerspruchsklage erhoben hatte, zahlte die Hinterlegungsstelle auf Weisung des Rechtspflegers zunächst in Ausführung des Teilungsplans vom 7.7.2003 die von den nicht beklagten Gläubigern (Teilungsplan Ziff. 7-11 und 17) geltend gemachten Beträge nebst der insoweit aufgelaufenen Hinterlegungszinsen aus. Nach rechtskräftiger Entscheidung über die Widerspruchsklage wies der Rechtspfleger durch Beschluss vom 22.4.2004 die Hinterlegungsstelle an, die Auszahlung des hinterlegten Restbetrages nach Maßgabe des Teilungsplans vom 7.7.2003 durchzuführen. Dies geschah noch im April 2004 (vgl. "Auszahlungsplan nach Maßgabe des Teilungsplans vom 7.7.2003, AS 261 f. der beigezogenen Akte IJ 1/03). Zuvor hatte der Kläger mit Schriftsatz vom 31.3.2004 (Akte Verteilungsverfahren S des AG W, I J 1-18/03; nicht paginiert) die Auszahlung der auf ihn entfallenden Beträge entsprechend dem Teilungsplan vom 7.7.2003 und dem vorläufigen Auszahlungsplan vom 25.8.2003 (AS 125 ff. der beigezogenen Akte IJ 1/03) beantragt und hinzugefügt:
"Es ist entsprechend dem vorläufigen Auszahlungsplan vom 25.8.2003 zu verfahren, unter Berücksichtigung und Auszahlung der auf den Hinterlegungsbetrag entfallenden Zinsen."
Die hinterlegte Betrag reichte für die Befriedigung der gesicherten Forderung des an 18. Rangstelle stehenden Klägers nicht aus; ihm wurde ein Restbetrag von 8.992,34 EUR zzgl. anteiliger Hinterlegungszinsen für die Zeit vom 10.10.2000 bis 22.4.2004 i.H.v. 340,10 EUR ausgezahlt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers vom 27.7.2004 (Anlage B 1) wurde durch Entscheidung der Direktorin des AG W vom 20.7.2004 (Anlage B 4), die weitere Beschwerde durch Entscheidung des Präsidenten des LG H vom 3.9.2004 (Anlage B 5) zurückgewiesen.
Der Kläger ist der Auffassung, der Zinsbetrag, der gem. § 8 HintO für den Zeitraum der Hinterlegung aus dem hinterlegten Betrag anfalle, hätte der Hinterlegungsmasse hinzugeschlagen werden müssen. Die anteilige Berechnung und eine Auszahlung der Hinterlegungszinsen an die jeweiligen Gläubiger sei nicht zulässig gewesen. Da die hinterlegte Summe nicht ausgereicht hätte, um alle Gläubiger zu befriedigen, hätte das Verteilungsverfahren ausschließlich nach den §§ 872 ff. ZPO durchgeführt werden müssen. Das AG W habe jedoch rechtsfehlerhaft sowohl die Vorschriften der ZPO wie auch der HintO angewandt. Die Hinterlegungszinsen seien an den Kläger auszukehren, da er der Einzige gewesen sei, der hinsichtlich der Hinterlegungszinsen einen Antrag auf Auszahlung gestellt habe. Das AG W habe es schuldhaft unterlassen, die auf den Gesamtbetrag entfallenden Hinterlegungszinsen der Verteilungsmasse hinzuzuschlagen und die Verteilung des sich hieraus ergebenden Gesamtbetrages nach dem Teilungsplan vorzunehmen. Wäre es in dieser Weise verfahren, so hätte die Verteilungsmasse zur vollständigen Befriedigung des Klägers ausgereic...