Leitsatz (amtlich)

1. Erteilt ein Kreditinstitut über ein Unternehmen, das ein Girokonto bei ihm führt, schuldhaft eine falsche Bonitätsauskunft, so kommt ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Nebenpflicht aus dem Giroverhältnis in Betracht.

Eine Bankauskunft ist korrekt, wenn sie dem tatsächlichen Informationsstand der Bank entspricht und das vorhandene Wissen bei der Formulierung der Auskunft zutreffend umgesetzt worden ist (Anschluss an BGH WM 2001, 134 = NJW-RR 2001, 768).

2. Befindet sich das Unternehmen in entschuldbarer Weise über den Umfang des Schadensersatzanspruchs im Ungewissen und kann es sich die notwendigen Informationen auch nicht selbst in zumutbarer Weise beschaffen, so ist die Bank dem Unternehmen zur Auskunft über den Empfänger der unzutreffenden Bonitätsauskunft und - soweit zumutbar - auch dessen Kunden verpflichtet, an welche die falsche Information weitergegeben worden ist.

Soweit die Bank die verlangte Auskunft nicht aus eigenem Wissensbestand erteilen kann, ist sie verpflichtet, sich mit den zumutbaren Anstrengungen die notwendigen Informationen von dem anfragenden Institut zu beschaffen, das sie auf der Grundlage des im Bankauskunftsverfahren stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrag nach den im Kreditgewerbe vereinbarten Grundsätzen für die Durchführung des Bankauskunftsverfahrens zwischen Kreditinstituten in Anspruch nehmen kann. Die fehlende eigene Kenntnis begründet eine (subjektive) Unmöglichkeit i.S.v. § 275 Abs. 1 BGB im Regelfall noch nicht.

 

Normenkette

BGB § 241 Abs. 2, §§ 276, 280 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 29.11.2007; Aktenzeichen 23 O 172/06)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Mannheim vom 29.11.2007 - 23 O 172/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

6. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin unterhält bei der beklagten Bank, einer Tochtergesellschaft der D. B. AG, ein Geschäftskonto, über das sie ihre wesentlichen Geschäfte abwickelt.

Die Beklagte teilte der Auskunftei der D. in H. auf deren Anfrage nach der Bonität der Klägerin über diese - in der Sache allerdings nicht zutreffend - mit: "Mehrere Scheck-/Lastschriftrückgaben sind im April 2006 erfolgt". Eine A. Kreditprüfung (im Folgenden A.) erhielt daraufhin von der D. B. AG eine negative Bonitätsmitteilung über die Klägerin. Dies führte dazu, dass das Limit der Kreditversicherung für Geschäfte mit der Klägerin von 25.000 EUR im August 2006 auf 0 EUR herabgesetzt, eine Versicherung von Lieferantenkrediten an die Klägerin also ausgeschlossen wurde. Die Auskunft wurde inzwischen ggü. der Stelle, die am 9.6.2006 und am 4.8.2006 angefragt hatte (die oben genannte A.), von der Beklagten über die D. B. AG berichtigt, wie sie mit E-Mail vom 8.8.2006 (Anlage K 2) und Schreiben vom 6.9.2006 (Anlage K 5) der Klägerin auch mitteilte.

Die Klägerin hat - soweit im Berufungsrechtszug noch von Interesse - von der Beklagten Auskunft verlangt, wem sie - oder die A. - eine negative Bonitätsauskunft erteilt und wem gegenüber mit welchem Inhalt sie - oder die A. - die erteilte fehlerhafte Auskunft berichtigt hat. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihr mitzuteilen, an wen ihre falsch informierten Vertragspartner die unzutreffende Bonitätsauskunft weiter "verstreut" hätten. Die Beklagte müsse nicht nur erklären, wem sie selbst die fehlerhafte Auskunft erteilt habe, sondern sie müsse auch von ihren Vertragspartnern die Mitteilung verlangen, an wen die falsche Auskunft weitergegeben worden sei. Nur dann könne die Klägerin weitere negative geschäftliche Auswirkungen vermeiden. Die Beklagte müsse deshalb bei der A. aufgrund der Vertragsbeziehung zu ihr nachfragen, wohin die Auskünfte weitergegangen seien, und die Antwort an die Klägerin weitergeben.

Die Beklagte hat vorgetragen, ihr sei nicht bekannt, an wen die Auskunft seitens der A. weitergeleitet worden sei. Die A. sei der Beklagten gegenüber auch nicht verpflichtet, eine solche Auskunft zu erteilen. Jedenfalls sei es der Beklagten nicht zuzumuten, die A. auf Auskunft zu verklagen, ganz abgesehen davon, dass nicht ersichtlich sei, auf welcher Anspruchsgrundlage ein Anspruch der Beklagten, die nicht selbst mit der A. in Kontakt getreten sei, beruhen solle. Es sei Sache der Klägerin, sich selbst an die A. zu wenden.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Parteivorbringens erster Instanz wird auf das Urteil des LG Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wem die A. eine negative Bonitätsauskunft über die Klägerin erteilt und wem gegenüber sie die erteilte negative Auskunft berichtigt hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung ...

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