Entscheidungsstichwort (Thema)
Unentgeltliche Leistung bei Auszahlungen von Scheingewinnen im Schneeballsystem
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 12.08.2021, Az. C 4 O 225/20, im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 268.309,58 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14.08.2020 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht Ansprüche aus Insolvenzanfechtung geltend. Er wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Chemnitz - Insolvenzgericht - vom 02.01.2017 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der X. mbH & Co. KG (Insolvenzschuldnerin) bestellt.
Die Insolvenzschuldnerin bot Kapitalanlegern die Möglichkeit, sich als stille Gesellschafter zu beteiligten. Die Beteiligungen der Kapitalanleger erfolgten schubweise in den Emissionen "SC" ab dem 06.10.2009, "LP" ab dem 19.03.2010, "LC" ab dem 31.07.2010 und "LC 2" ab dem 30.08.2011.
Der Beklagte ist Alleinerbe nach seiner verstorbenen Ehefrau Y. (im Folgenden: Erblasserin). Sowohl die Erblasserin, als auch der Beklagte selbst schlossen zwischen den Jahren 2010 und 2013 jeweils drei dieser stillen Beteiligungen bei der Insolvenzschuldnerin ab, wodurch insgesamt 1.605.000 EUR angelegt wurden.
Die erste Beteiligung der Erblasserin (Anlegernummer ...) erfolgte gemäß Beitrittserklärung vom 16.04.2010 im Rahmen des Angebots "LP". Die Beteiligungssumme betrug 500.000 EUR zuzüglich Agio bei einer Laufzeit bis 30.04.2013.
Die zweite Beteiligung der Erblasserin (Anlegernummer ...) erfolgte gemäß Beitrittserklärung vom 18.05.2013 im Rahmen des Angebots "LC 2". Die Beteiligungssumme betrug 700.000 EUR zuzüglich Agio bei einer Laufzeit bis 31.05.2016.
Die dritte Beteiligung der Erblasserin (Anlegernummer ...) erfolgte gemäß Beitrittserklärung vom 26.06.2013 im Rahmen des Angebots "LC 2". Die Beteiligungssumme betrug 300.000 EUR zuzüglich Agio bei einer Laufzeit bis 30.06.2016.
Die erste Beteiligung des Beklagten (Anlegernummer ...) erfolgte gemäß Beitrittserklärung vom 16.04.2010 im Rahmen des Angebots "LP". Die Beteiligungssumme betrug 25.000 EUR zuzüglich Agio bei einer Laufzeit bis 30.04.2013.
Die zweite Beteiligung des Beklagten (Anlegernummer ...) erfolgte gemäß Beitrittserklärung vom 18.05.2013 im Rahmen des Angebots "LC 2". Die Beteiligungssumme betrug 40.000 EUR zuzüglich Agio bei einer Laufzeit bis 31.05.2016.
Die dritte Beteiligung des Beklagten (Anlegernummer ...) erfolgte gemäß Beitrittserklärung vom 26.06.2013 im Rahmen des Angebots "LC 2". Die Beteiligungssumme betrug 40.000 EUR zuzüglich Agio bei einer Laufzeit bis 30.06.2016.
Den sechs streitgegenständlichen Anlagen lagen die Prospekte LC 2 und LP sowie die darin enthaltenen Gesellschaftsverträge zur Errichtung der stillen Gesellschaft (Anlagen K 2a und K 2b) zugrunde.
In den stillen Gesellschaftsverträgen (SGV) heißt es u.a. (vgl. Verkaufsprospekt LC 2, Anlage K 2a, S. 74 ff. mit Hinweis auf die Änderungen im Verkaufsprospekt LP, Anlage K 2b, S. 72 ff. in Kursivdruck):
"Präambel:
Die Beteiligungsgesellschaft beabsichtigt, mit einer Vielzahl von stillen Gesellschaftern stille Gesellschaften einzugehen und die von diesen geleisteten Einlagen insbesondere dazu zu verwenden, an ihre Mehrheitsgesellschafterin, die Z. GmbH & Co. KG (nachstehend 'Z.' genannt), Darlehen zur Finanzierung deren Unternehmens nämlich des Betriebs des Gewerbes eines Pfandleihers sowie zum Ausbau und der Erweiterung anderer Geschäftszweige, zu gewähren. Das gesamte Projekt trägt den Namen 'LC 2' ['LP']. Bezüglich der Darlehensgewährung an Z. besteht zwischen der Beteiligungsgesellschaft und Z. ein Rahmenkreditvertrag 3 (nachstehend 'Rahmenkreditvertrag 3' genannt) [ein Rahmenkreditvertrag (nachstehend 'Rahmenkreditvertrag 2' genannt)], wonach die Beteiligungsgesellschaft in monatlichen Tranchen in jeweils gesondert zu vereinbarender Höhe Darlehen (nachstehend jeweils 'Darlehenstranche' genannt) [nachstehend jeweils 'Darlehenstranche 2' genannt] gewährt.
Dies vorausgeschickt wird vereinbart:
[...]
§ 3 Konten
3.1 Für den stillen Gesellschafter werden bei der Beteiligungsgesellschaft ein Kapitalkonto und ein Verrechnungskonto geführt.
3.2 Auf dem Kapitalkonto wird die Einlage des stillen Gesellschafters verbucht. Das Konto ist unverzinslich.
3.3 Alle Buchungen, die nach den nachstehenden Vorschriften nicht die Einlage des stillen Gesellschafters betreffen, erfolgen über das Verrechnungskonto. Das Verrechnungskonto ist unverzinslich.
[...]
§ 5 Geschäfts...