Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage, ob allein schon seine Abberufung als Geschäftsführer den Dienstverpflichteten zur Kündigung des Dienstverhältnisses aus wichtigem Grund (§ 626 BGB) berechtigt.
2. Der Widerruf der Bestellung eines Geschäftsführers gem. § 38 Abs. 1 GmbHG begründet – von den Fällen des Rechtsmissbrauchs abgesehen – keinen Schadensersatzanspruch gem. § 628 Abs. 2 BGB. Darauf, ob der Dienstverpflichtete Anlass für seine Abberufung gegeben hatte oder nicht, kommt es nicht an.
3. Kritische Äußerungen des Dienstherrn zur Geschäftsführung des Dienstverpflichteten geben diesem einen Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB nur dann, wenn sie ohne Grundlage oder maßlos überzogen oder grob beleidigend sind.
Normenkette
BGB §§ 626, 628 Abs. 2; GmbHG § 38 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Offenburg (Aktenzeichen 5 O 64/98 KfH) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen des LG Offenburg vom 19.1.2001 – 5 O 64/98 KfH – wird als unbegründet zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die beklagte GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer er von Februar 1997 bis zum 9.4.1998 gewesen war, Ansprüche aus dem damaligen Dienstverhältnis geltend.
Im Zusammenhang mit dem Abzug der kanadischen Streitkräfte war die Beklagte im Jahr 1992 mit dem Ziel gegründet worden, zur Stärkung des mittelbadischen Raums den ehemaligen Natoflugplatz L. zu einem zivilen Verkehrslandeplatz umzustrukturieren. Gesellschafter waren unter anderem die Industrie- und Handelskammer S., die Städte F., L. und O. sowie die Wirtschaftsregionen F. und O.. Unternehmensgegenstand der Beklagten, deren Stammkapital durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 25.6.1996 auf 1 Mio. DM erhöht wurde, waren gem. § 2 Abs. 1 S. 1 des Gesellschaftsvertrags vom 25.6.1996 (K 11) der Betrieb eines zivilen Verkehrslandeplatzes in L. und die Gewährung von Nutzungsrechten zur Unterbringung der Fluggeräte von Privatpersonen; gem. § 2 Abs. 2 des Vertrags war die Gesellschaft berechtigt, zur Förderung des Unternehmensgegenstandes geeignete Geschäfte zu tätigen, insbesondere Sport- und Kulturveranstaltungen auf dem Betriebsgelände durchzuführen.
Mit Anstellungsvertrag vom 28.1.1997 (K 2) wurde der Kläger von der Beklagten für die Dauer von zunächst fünf Jahren, beginnend am 1.2.1997, als Geschäftsführer eingestellt.
Nachdem der Kläger von Gesellschafterseite in Gesellschafterversammlungen und Arbeitskreissitzungen immer wieder für die schwierige finanzielle Situation der Beklagten verantwortlich gemacht worden war, wurde er durch Beschluss der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 9.4.1998 mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abberufen (Seiten 6/7 des Protokolls [I 525/527]). Eine Vereinbarung der Parteien, wonach der Kläger als der Geschäftsführung unmittelbar unterstellter Betriebsleiter weiterhin für die Beklagte tätig sein sollte, scheiterte an der Forderung des Klägers nach einer Erklärung der Beklagten, „dass sie ihm gegenüber keinerlei Ersatzansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, geltend machen wird, und zwar auch soweit eventuelle Ersatzansprüche derzeit noch nicht erkennbar sein sollten” (Seite 3 des Entwurfs vom 14.4.1998 einer zwischen den Parteien zu treffenden Vereinbarung [K 21]). Mit Anwaltsschreiben vom 15.4.1998 (K 3) erklärte der Kläger seinerseits gegenüber der Beklagten die fristlose Kündigung des Anstellungsverhältnisses aus wichtigem Grund. Als wichtige Gründe nannte er dabei zum einen seine am 9.4.1998 erfolgte Abberufung als Geschäftsführer und zum anderen seitens einzelner Gesellschafter gegen ihn erhobene, von ihm als unberechtigt und verletzend empfundene Vorwürfe, die die kaufmännische Seite seiner Tätigkeit betrafen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, seine Geschäftsführung sei zu Unrecht beanstandet worden. Er habe die Gesellschafter umfassend und rechtzeitig über die finanzielle Situation unterrichtet und auch seine sonstigen Geschäftsführerpflichten – insb. Planung und Organisation des Postnachtflugs – ordnungsgemäß erfüllt. Die mangelnde Finanzausstattung und die drohende Zahlungsunfähigkeit der Beklagten hätten ihn im März 1998 veranlasst gehabt, das Rechtsanwaltsbüro Dr. J. mit der Vorbereitung eines Vergleichsantrags zu beauftragen. Die Abberufung von seiner Funktion als Geschäftsführer sei ungerechtfertigt gewesen und habe ihm deshalb einen wichtigen Grund zur Kündigung des Dienstverhältnisses gegeben. Deshalb sei die Beklagte nicht nur verpflichtet, ihm die Geschäftsführer-Tantieme für das Jahr 1997 zu zahlen (Klageantrag Nr. 1) und die Anwaltskosten für die Vorbereitung eines Vergleichsant...