Leitsatz (amtlich)

1. Der Verbotszweck des Art. 1 RBerG schließt den Schutz des Vertrauens einer Bank auf die Gültigkeit der ihr in notarieller Ausfertigung vorgelegten Treuhändervollmacht nach §§ 171173 BGB nicht aus.

2. Eine Bank hatte vor der Veröffentlichung des Urteils des BGH (BGH, Urt. v. 28.9.2000 – IX ZR 279/99, MDR 2001, 178 = NJW 2001, 70) keinen Anlass, die Nichtigkeit der notariellen Treuhändervollmacht wegen Verstoßes gegen das RBerG in Betracht zu ziehen und selbst die Gültigkeit zu überprüfen.

3. Der Rechtsschein der Gültigkeit der notariellen Treuhändervollmacht ist nicht dadurch zerstört, dass die Bank aus der Urkunde die Befugnis des Treuhänders zur Vertretung des Erwerbsinteressenten sogar vor Gerichten jedweder Art ersehen kann; denn sie darf sich auf die notarielle Gültigkeitsprüfung verlassen.

 

Normenkette

RBerG Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1; BGB §§ 134, 171173; VerbrKrG § 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1; HWiG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2; GewO §§ 55-56

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 23.01.2003; Aktenzeichen 3 O 403/00)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Mannheim vom 23.1.2003 – 3 O 403/00 – im Kostenpunkt aufgehoben und abgeändert:

Das Versäumnisurteil des LG Mannheim vom 31.5.2001 – 3 O 403/00, durch welches die Klage abgewiesen worden ist, bleibt aufrecht erhalten.

II. Die Klägerin trägt auch die weiteren Kosten der I. Instanz sowie die Kosten der Berufung.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.1. Die Klägerin macht – in Erweiterung einer ursprünglich erhobenen Feststellungsklage – aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes Rückabwicklungsansprüche aus einem am 30.11.1990 bei der Beklagten abgeschlossenen kombinierten Real- und Personalkreditvertrag zur Finanzierung eines Studentenappartements in K. geltend. Beide Eheleute hatten im Sommer 1990 nach Anwerbung durch die Zeugen B. und W. der zur sog. „G.-Gruppe” gehörenden G.-Gesellschaft für Immobilien-Investitionen mbH (i.F. nur: G.) in L. Auftrag zur Vermittlung eines Treuhandvertrages mit dem Ziel der Beteiligung an einem steuersparenden Anlagemodell erteilt, das in dem Prospekt gem. Anlage B 1 (I 63 ff.) dargestellt ist. Am 17.7.1990 hatten sie der K. Treuhandgesellschaft mbH (i.F. nur: K. GmbH) in H. einen notariellen Treuhandauftrag nebst unwiderruflicher Vollmacht zum Abschluss aller notwendigen und im Anlageprospekt beschriebenen Verträge erteilt (Anlage K 2).

Die Beklagte, mit der die K. GmbH die Finanzierungsdarlehen für den Gesamtaufwand einschl. Disagio (10 %) von 122.240 DM im Namen der Klägerin und ihres Ehemannes abgeschlossen hatte, gewährte das Gesamtdarlehen nach Ablösung der zur Bauherstellung gewährten Zwischenfinanzierung durch direkte Auszahlung auf das Treuhandkonto, von dem die jeweiligen Leistungserbringer von der Treuhänderin Zahlungen erhielten.

Die Klägerin hält den Darlehensvertrag aus verschiedenen Rechtsgründen für unwirksam und macht hilfsweise Schadensersatz wegen Aufklärungs- und Beratungsverschuldens geltend.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des streitigen Parteivorbringens und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des am 23.1.2003 nach Anordnung des schriftlichen Verfahrens verkündeten Urteils des LG Bezug genommen.

Den darin mitgeteilten Hilfszahlungsantrag hat die Klägerin nur anstelle des Hauptzahlungsantrags, nicht auch der weiteren Anträge Ziff. 2 und 3 gestellt, wie sich aus ihrem Schriftsatz vom 22.10.2002 (I 448) ergibt.

Das LG hat der Klage nach umfangreichen Zeugenvernehmungen gem. Beweisbeschluss v. 14.3.2002 (I 307) nach den Hauptanträgen entsprochen, weil es den Darlehensvertrag mangels wirksamer Vertretung der Klägerin und ihres Ehemannes durch die Treuhänderin (Verstoß des Vertrages und der Vollmacht gegen Art. 1 § 1 RBerG) als unwirksam ansieht. Auf die Entscheidungsgründe wird hierzu ebenfalls verwiesen. Das gegen die Klägerin am 31.5.2001 erlassene Versäumnisurteil (I 198) hat das LG aufgehoben.

2. Gegen das am 23.1.2003 verkündete Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.

Sie rügt zunächst Verfahrensfehler. Das LG habe nicht über die im Schriftsatz der Klägerin vom 22.10.2002 enthaltenen neuen Anträge entscheiden dürfen, weil über diese in dem Termin vom 24.10.2002 nicht verhandelt worden sei und die nach Anordnung des schriftlichen Verfahrens eingereichten weiteren Schriftsätze keine weiteren Sachanträge enthalten hätten. Die vom LG erörterte Frage der stillschweigenden Einwilligung der Beklagten in eine Klagänderung habe sich daher gar nicht gestellt.

In sachlicher Hinsicht rügt die Beklagte fehlerhafte Rechtsanwendung. Der Treuhandvertrag der Klägerin und des Zedenten mit der K. GmbH sowie die darin erteilte Vollmacht verstießen nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz, weil die Tr...

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