Leitsatz (amtlich)
Wer seinen Kunden einen Parkplatz bereitstellt, für dessen Benutzung Geld verlangt und ihn so einrichtet, dass man nicht mit wenigen Schritten den Bürgersteig erreichen kann, kann sich nicht durch Anbringen eines Schildes mit der Aufschrift "Bei Schnee und Eis wird nicht geräumt und nicht gestreut" seiner Verkehrssicherungspflicht entledigen.
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 04.04.2003; Aktenzeichen 8 O 279/02) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Mannheim vom 4.4.2003 - 8 O 279/02 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt geändert:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.500 Euro zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.4.2002 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die aus dem Unfallereignis vom 15.1.2002 resultieren, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 55 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 45 %.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch. Er macht geltend, er sei am 15.1.2002, morgens gegen 7.00 Uhr, auf dem Parkplatz des Hauptbahnhofs in M. infolge Eisglätte gestürzt. Das LG, auf dessen Urteil wegen des Sach- und Streitstands erster Instanz und der tatsächlichen Feststellungen verwiesen wird, hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers mit folgenden Anträgen:
1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.4.2002 zu bezahlen.
2. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 320 Euro zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.4.2002 zu bezahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die aus dem Unfallereignis vom 15.1.2002 resultieren, soweit sie nicht bereits auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind.
Hilfsweise beantragt er, das Urteil des LG Mannheim und das zugrunde liegende Verfahren aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückzuverweisen.
Die Beklagten treten der Berufung entgegen.
II. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie hat auch in der Sache teilweise Erfolg.
1. Der Senat ist aufgrund der Aussagen der Zeugen Sch. und F. sowie der persönlichen Anhörung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der Kläger an der von ihm angegebenen Stelle des Parkplatzes des Hauptbahnhofs in M. zu Fall kam. Der Vortrag des Klägers zur Unfallstelle kann nicht im Hinblick darauf als unglaubwürdig angesehen werden, dass sich aus seinem schriftlichen Vorbringen nicht mit der wünschenswerten Klarheit ergeben haben mag, dass die Zeugen F. und Sch. den Sturz nicht selbst beobachtet haben, sondern nur dafür benannt waren, dass ihnen der Kläger unmittelbar nach seinem Sturz, beim Treffpunkt am Bahnsteig über den Sturz berichtet und sodann am Abend, nach der Rückkehr aus H., die Unfallstelle gezeigt hatte. Nachdem der Zeuge F. angegeben hat, der Kläger habe ihm beim Treffen morgens am Bahnsteig gesagt, er sei auf dem Parkplatz gestürzt und die Zeugen F. und Sch. bekundeten, der Kläger habe ihnen am Abend die Stelle gezeigt, an der er gestürzt sei, begründete dies eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Tatsachenvortrag des Klägers zur Unfallstelle glaubhaft und nicht erst durch nähere Befassung mit der Rechtsprechung zur Streupflicht auf Parkplätzen veranlasst war. Das LG hätte also den Kläger als Partei vernehmen müssen (§ 448 ZPO), wenn ihm nicht die persönliche Anhörung nach § 141 ZPO wie dem Senat zur Bildung seiner Überzeugung ausreichend erschien.
2. Die Stelle, an der der Kläger zu Fall kam, hätte am Unfalltag geräumt oder mit abstumpfenden Mitteln bestreut werden müssen. Dass am 15.1.2002 Glatteiswetter herrschte, ist unstreitig. Zumindest die Benutzer des Parkplatzes, die im rechten Teil des Parkplatzes parken, also dort, wo der Kläger nach der Skizze K 4 und nach seinen Angaben bei der Anhörung durch den Senat sein Fahrzeug abgestellt hatte, können nicht mit wenigen Schritten den Bürgersteig oder andere sichere Straßenteile erreichen. Sie müssen vielmehr die von den Kraftfahrzeugen befahrenen Flächen über eine nicht nur unerhebliche Entfernung begehen, um ihre Autos zu verlassen oder zu erreichen. Der Kläger hatte keine andere Möglichkeit, als die von ihm angegebene Unfallstelle zu begehen, wenn er entweder den Gehweg entlang des Parkplatzes oder den Bürgersteig entlang der Stra...