Entscheidungsstichwort (Thema)
Abänderung eines Vergleichs zum Kindes- und nachehelichen Unterhalt
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei Abänderung eines Vergleichs ist der Parteiwille der letzten Regelung maßgeblich.
2. Besteht zwischen den Parteien keine Einigkeit darüber, was Grundlage des Vergleichs gewesen sein soll und lassen sich Grundlagen auch aus den Umständen nicht herleiten, ist im Abänderungsverfahren eine völlige Neufestsetzung des Unterhalts vorzunehmen.
Normenkette
BGB §§ 313, 1570, 1579 Nr. 2; ZPO § 323
Verfahrensgang
AG Heidelberg (Urteil vom 06.04.2005; Aktenzeichen 33 F 245/04) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufungen des Klägers, der Beklagten Ziff. 1, 2 und 3 wird das Urteil des AG - FamG - Heidelberg vom 6.4.2005 (33 F 245/04) im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
1. In Abänderung des Vergleichs des AG Heidelberg vom 6.2.2002 wird der Kläger zur Zahlung folgenden nachehelichen Unterhalts an die Beklagte Ziff. 1 verpflichtet:
vom 1.8.2004 bis 31.12.2004 i.H.v. 205 EUR monatlich
vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 i.H.v. 165 EUR monatlich
vom 1.7.2005 bis 31.10.2005 i.H.v. 158 EUR monatlich
und ab 1.11.2005 i.H.v. 135 EUR monatlich
abzgl. für die Monate Februar bis Dezember 2005 bezahlter 100 EUR
monatlich.
2. Die Zwangsvollstreckung der Beklagten Ziff. 2 aus der Jugendamtsurkunde des R. vom 27.2.2002 (Urkrgnr.: 84/2002) wird für den Zeitraum August 2004 bis einschließlich Oktober 2004 für unzulässig erklärt.
3. Die Jugendamtsurkunde vom 27.2.2002 des R. vom 27.2.2002 (Urkrgnr.: 83/2002) wird dahingehend abgeändert, dass der Kläger der Beklagen Ziff. 3 vom 1.2.2005 bis 30.6.2005 219 EUR Kindesunterhalt und ab 1.7.2005 228 EUR Kindesunterhalt schuldet.
4. Die Beklagte Ziff. 1 wird verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum vom 17.11.2004 bis 31.1.2005 überzahlten Unterhalt i.H.v. 351,47 EUR zurückzuzahlen.
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehenden Berufungen der Parteien werden zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung wegen des nachehelichen Unterhalts und des Kindesunterhalts durch die Beklagten Ziff. 1 und 3 gegen Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils fälligen Beträge abwenden, wenn nicht die Beklagte Ziff. 1 und 3 vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten. Die Beklagte Ziff. 1 kann die Vollstreckung durch den Kläger wegen des Rückforderungsanspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe des fälligen Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Unterhalt. Der Kläger und die Beklagte Ziff. 1 sind geschiedene Eheleute. Aus der Ehe sind die Töchter S., geb. am ... 1986 und L., geb. am ... 1993, die Beklagten Ziff. 2 und 3, hervorgegangen. Die Kinder leben bei der Mutter.
Der Kläger ist Geschäftsführer der Fa. O. GmbH.
Die Parteien haben am 9.7.1999 vor dem OLG Karlsruhe (16 UF 257/98) einen Unterhaltsvergleich geschlossen, der u.a. wie folgt lautet:
"§ 1 Der Beklagte verpflichtet sich an die Klägerin folgenden monatlichen Trennungsunterhalt zu zahlen:...
ab Januar 1999 monatlich 754 DM ...
Hierbei gehen die Parteien davon aus, dass der Beklagte ab Januar 1999 für S. 618 DM und L. 522 DM jeweils abzgl. hälftigen Kindergeldes zahlt ...
§ 2 Der Beklagte verpflichtet sich für den Fall der Scheidung den in § 1 genannten Betrag ab Januar 1999 als Geschiedenenunterhalt an die Klägerin zu zahlen.
§ 3 Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Klägerin anrechnungsfrei 1.000 DM netto hinzuverdienen kann; die anrechnungsfreie Zeit dauert bis einschließlich Juli 2003. Des Weiteren ist für diesen Zeitraum unmaßgeblich, ob die Beklagte in einer neuen Partnerschaft lebt. Ab August 2003 sind die Parteien an diese Vergleichsgrundlage nicht mehr gebunden."
Seit ... 2000 ist der Kläger wieder verheiratet. Seit 11.7.2001 ist er Vater der aus der neuen Ehe stammenden Tochter S..
Der Kläger hat deshalb in einem weiteren Verfahren Abänderung des Unterhaltsvergleichs im Hinblick auf die neuen Unterhaltsverpflichtungen beantragt. Das Verfahren wurde durch Vergleich vom 6.2.2002 vor dem FamG Heidelberg (33 F 286/01) beendet. Der Vergleich lautet im hier maßgeblichen Bereich unter § 1 wie folgt:
"§ 1 Der zwischen den Parteien am 9.7.1999 vor dem OLG Karlsruhe abgeschlossene Vergleich wird mit Wirkung ab 1.7.2001 dahingehend abgeändert, dass der Kläger an die Beklagte monatlichen nachehelichen Unterhalt von 333 EUR bezahlt. Im Übrigen sollen die Grundlagen des Vergleichs vom 9.7.1999 weiter gelten."
Der Kindesunterhalt für die Beklagten Ziff. 2 und 3 ist zuletzt durch Jugendamtsurkunde vom 27.2.2002 i.H.v. 107 % des Regelbetrags tituliert worden.
Im hier streitigen Verfahren hat der Kläger am 29.10.2004 Vollstreckungsgegenklage, hilfsweise Abänderungsklage mit dem Ziel des Wegfalls der Verpfli...