Verfahrensgang

LG Konstanz (Aktenzeichen B 2 O 31/17)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 02.11.2017, Az. B 2 O 31/17, aufgehoben und wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, der Klägerpartei ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit gleichwertiger technischer Ausstattung wie das in der Bestellung vom 22.06.2009 beschriebene Fahrzeug (Bestellschl/Farbe-Best.Schl.: 8 PAAE4A2A2MB, Audi A3 Sportback Attraction 1.6 TDI, 77 kW, Brilliantschwarz, schwarz/schwarz-schwarz/schwarz/silber, Sonderausstattung: PZ9 All Season Reifen 16" 205/55 R 16, 1 D2 Anhängevorrichtung, abnehmbar) mit mindestens einer Motorisierung von 77 kW Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangelhaften Fahrzeuges Audi A3 1,6 l TDI, FIN: WAUZZZ8P2AA037322 nachzuliefern.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagtenpartei mit der Rücknahme des im Klageantrag Ziff. 1 genannten Fahrzeugs in Verzug befindet.

3. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.242,84 EUR freizustellen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten beider Instanzen.

IV. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. 1. Die Parteien streiten um die Nacherfüllung eines Kaufvertrages über einen fabrikneuen Audi A3 Sportback Attraction 1,6 TDI, 77 kW (105) PS, den der Kläger am 22.06.2009 bei der Beklagten mit Sonderausstattung zu einem Preis von 22.700,00 EUR bestellt hatte (Anlage K 1).

Das vertragsgegenständliche Fahrzeug wurde am 06.08.2009 geliefert. In dem PKW ist ein Dieselmotor der Volkswagen AG aus der Motorbaureihe EA189 verbaut, der für die Abgasnorm Euro 5 zertifiziert und werkseitig mit einer Steuerungssoftware ausgestattet ist, die einen speziellen Modus für den Prüfstandlauf sowie einen hiervon abweichenden Modus für den Alltagsbetrieb vorsieht und hierdurch im Prüfzyklus verbesserte Stickoxidwerte generiert. Außerhalb des Testbetriebes werden die Schadstoffgrenzwerte für die Abgasnorm Euro 5 nicht eingehalten. Mit dem Bekanntwerden des Sachverhaltes im September 2015 ordnete das Kraftfahrt-Bundesamt gegenüber der Audi AG den Rückruf der Fahrzeuge an und forderte das Unternehmen auf, geeignete Maßnahmen zur Herstellung der Euro 5 Norm zu ergreifen.

Der vertragsgegenständliche Audi A 3 wird seit März 2013 nicht mehr hergestellt. Das 1,6 l Dieselaggregat der aktuellen Serienproduktion verfügt nunmehr statt über 77 kW über 85 kW (116 PS). In der aktuellen Serienproduktion ist ein EA288 Motor verbaut, der mit der Abgasnorm Euro 6 zertifiziert ist.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 16.08.2016 (Anlage K 2) forderte der Kläger die Beklagte auf, einen nach aktuellen Vorschriften zulassungsfähigen mangelfreien und vertragsgemäßen Neuwagen bis zum 27.09.2016 zu liefern sowie bis zum 30.08.2016 mitzuteilen, wann der voraussichtliche Liefertermin des Fahrzeugs sein werde. Mit Schreiben datiert vom 21.07.2016 (richtigerweise: 21.08.2016), eingegangen beim Klägervertreter am 25.08.2016 (Anlage K 3), hat die Beklagte auf technische Lösungen verwiesen. Über den Zeitplan und die für das Fahrzeug konkret vorgesehene Maßnahme werde der Kläger, sobald wie möglich, informiert werden. Im Oktober 2015 hat - so der unbestritten gebliebene Vortrag der Beklagten - das Kraftfahrt-Bundesamt den von der Audi AG vorgeschlagenen Zeit- und Maßnahmenplan zur Entwicklung technischer Maßnahmen für verbindlich erklärt. Am 25.11.2015 stand für alle betroffenen Motor- und Leistungstypen das Konzept der technischen Überarbeitung fest. Am 16.12.2015 hat das Kraftfahrt-Bundesamt die für die Umsetzung des Software-Updates erforderliche Konzeptsoftware bestätigt. Mit der Umsetzung der technischen Überarbeitung aller betroffenen Fahrzeuge hat nicht unmittelbar im Anschluss begonnen werden können, weil die Konzeptsoftware für die verschiedenen Fahrzeug- und Motorvarianten noch feinabgestimmt wurde und das Kraftfahrt-Bundesamt seine Zustimmung zum Zeit- und Managementplan von separaten Freigabebestätigungen für die einzelnen Fahrzeug- und Motorvarianten abhängig gemacht hat. Der dem Nachweis bzw. der Prüfung durch das Kraftfahrt-Bundesamt vorausgehende Prozess war sehr zeitaufwendig. Erst als die Freigabebestätigung für ein Cluster vorlag, durfte die Volkswagen AG mit der Umsetzung der technischen Maßnahmen für alle im Cluster erfassten Fahrzeug- bzw. Motorvarianten beginnen. Nach Freigabe des jeweiligen Clusters konnten nicht sofort alle betroff...

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