Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensermittlung bei einem Selbständigen bei stark schwankender Einkommensentwicklung. keine unterhaltsrechtliche Relevanz der Aufgabe der Erwerbstätigkeit der Unterhaltsberechtigten im Zeitpunkt der Trennung
Leitsatz (redaktionell)
1. Grundsätze der Einkommensermittlung bei einem Selbständigen mit stark schwankender Einkommensentwicklung.
2. Ursprüngliche Schenkungen der Mutter des Unterhaltsverpflichteten, die später als „Darlehen” bezeichnet werden und deren Rückzahlungsverpflichtung erst nachträglich anlässlich der Trennung geregelt wurde, können als eheprägende Belastungen nicht berücksichtigt werden.
3. Keine unterhaltsrechtliche Relevanz der Aufgabe der Erwerbstätigkeit der Unterhaltsberechtigten im Zeitpunkt der Trennung.
Normenkette
BGB §§ 1603, 1610, 1570, 1573 Abs. 2, § 1578 Abs. 1, § 1577 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Mosbach (Urteil vom 21.10.2005; Aktenzeichen 1 F 436/04) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Mosbach vom 21.10.2005 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Monate Oktober bis Dezember 2004 nachehelichen Unterhalt i.H.v. insgesamt 426 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 284 EUR ab dem 1.12.2004 zu zahlen.
Die weitergehende Unterhaltsklage der Klägerin wird abgewiesen.
2. Auf die Widerklage hin wird der gerichtliche Vergleich des AG Mosbach vom 19.11.2003 (Az.: 1 F 264/05) dahin abgeändert, dass der Beklagte an den Widerbeklagten nur noch Kindesunterhalt zu zahlen hat wie folgt:
a) für die Zeit von März bis Juni 2005 einen monatlich im Voraus fälligen Unterhalt i.H.v. 258 EUR abzgl. anrechenbaren Kindergeldes für ein erstes Kind i.H.v. 9 EUR (Zahlbetrag 249 EUR);
b) ab Juli 2005 einen monatlich im Voraus fälligen Unterhalt i.H.v. 265 EUR abzgl. anrechenbaren Kindergeldes für ein erstes Kind i.H.v. 8 EUR (Zahlbetrag 257 EUR);
Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten tragen:
a) die Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten selbst in voller Höhe;
b) von den außergerichtlichen Kosten des Widerbeklagten dieser 9/10 und der Beklagte 1/10;
c) von den Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Beklagten dieser 3/100, die Klägerin 90/100 und der Widerbeklagte 7/100.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Resion wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Parteien streiten im Wesentlichen um nachehelichen Ehegattenunterhalt. Die Ehe der Klägerin (im amtsgerichtlichen Urteil Klägerin Ziff. 2) mit dem Beklagten wurde am 27.9.2004 rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe ist der am 21.8.1996 geborene Widerbeklagte (im amtsgerichtlichen Urteil Kläger Ziff. 1) hervorgegangen, der bei der Klägerin lebt. Mit Vergleich vom 19.11.2003 hat sich der Beklagte verpflichtet, neben einem monatlichen Ehegatten-Trennungsunterhalt an den Kläger einen monatlich laufenden Kindesunterhalt i.H.v. 343 EUR bzw. ab 1.7.2005 monatlich 142 % des Regelbetrages gem. § 1 der Regelbetrag-VO zu zahlen. Dies entspricht für die Zeit bis einschließlich Juni 2005 einem Zahlbetrag i.H.v. 266 EUR, ab Juli 2005 274 EUR. Durch Beschluss vom 14.2.2005 ist dem Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben worden, an die Klägerin ab November 2004 monatlich 592 EUR zu zahlen. Diesen Betrag hat der Beklagte regelmäßig bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung unter Vorbehalt bezahlt.
Die Klägerin, die zu Beginn der Ehe bei der Fa. B., von 1999 bis 2003 im Friseurgeschäft des Beklagten und in der Zeit von Februar 2003 bis zur Trennung im Mai 2003 erwerbstätig war, arbeitet seitdem nicht mehr. Sie ist - wie der Beklagte - gehörlos.
Der Beklagte betreibt ein Friseurgeschäft. Er bewohnt das frühere ehegemeinsame Hausanwesen, für das er monatliche Belastungen i.H.v. 1.638 EUR zu tragen hat. Er ist Eigentümer einer unbelasteten und vermieteten Eigentumswohnung, die sich direkt über dem Friseurgeschäft befindet. An Mieteinnahmen erhält er 460 EUR warm bzw. 409 EUR kalt.
Die Klägerin behauptet, der Beklagte verfüge über ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen i.H.v. 2.644 EUR. Nach Abzug der Vorsorgeaufwendungen und des Kindesunterhaltes verbleibe ein Betrag i.H.v. 1.801 EUR. Es stehe ihr somit ein Ehegattenunterhalt i.H.v. 900 EUR monatlich zu.
Die Klägerin hat beim AG beantragt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Ziff. 2 für die Monate Oktober und November 2004 rückständigen nachehelichen Unterhalt i.H.v. 1.800 EUR zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszins ab dem 1.12.2004, abzgl. bereits erbrachter Leistungen, zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 2. ab Dezember 2004 nachehelichen Unterhalt i.H.v. 900 EUR monatlich, zahlbar zum 1. eines jeden Monats im voraus, abzgl. bereits erbrachter Leistungen, zu zahlen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt sowie Widerklage erhoben mit dem Antrag:
In Abänderung des gerichtlichen Vergleiches vom 19.11...