Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 31.01.1995; Aktenzeichen 8 O 204/95)

 

Tenor

I. Auf die Berufungen der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 31. Januar 1995 – 8 O 204/95 – wie folgt geändert:

1. Der Zahlungsantrag ist dem Grunde nach zu 2/3 gerechtfertigt.

2. Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin 2/3 des Schadens zu ersetzen, der aus dem Verlust der Daten über die Behandlung von Privatpatienten entstanden ist, welche am 23.09.1993 in der Datenverarbeitungsanlage der Klägerin gespeichert waren.

3. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

II. Die weitergehenden Berufungen werden zurückgewiesen.

III. Der Rechtsstreit wird zur Entscheidung über die Höhe des Klageantrags Ziff. 1 an das Landgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Berufung überlassen bleibt.

IV. Der Wert der Beschwer erreicht für keine der Parteien 60.000,00 DM.

 

Tatbestand

(ohne Tatbestand und abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO)

I.

Die Berufung der Beklagten Ziff. 1 ist unbedenklich, die des Beklagten Ziff. 2 im Ergebnis noch zulässig, obwohl die Begründungsschrift Mängel aufweist. Nach § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO muß die Berufungsbegründung enthalten „die bestimmte Bezeichnung der im einzelnen aufzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) sowie der neuen Tatsachen, Beweismittel und Beweiseinreden, die die Partei zur Rechtfertigung ihrer Berufung anzuführen hat”. Die Berufungsbegründung muß so beschaffen sein, daß das Berufungsgericht nach ihrer Lektüre in Verbindung mit dem angefochtenen Urteil die Einwände des Berufungsführers gegen die erstinstanzliche Entscheidung erkennen kann. Der Schriftsatz, mit dem der Beklagte Ziff. 2 sein Rechtsmittel begründet, enthält insbesondere zu Beginn Ausführungen, die in einer Begründungsschrift unangebracht sind. Die eigenwillige Diktion und der unübersichtliche Aufbau erschweren das Verständnis des Inhalts nicht unerheblich. Da es sich, was den Beklagten Ziff. 2 betrifft, um einen relativ einfachen Sachverhalt handelt, kann das unsystematische Vorbringen in der Berufungsbegründung indes noch so zugeordnet werden, daß erkennbar wird, wogegen sich die Angriffe richten. Das Landgericht hat die Verurteilung des Beklagten Ziff. 2 zum Schadensersatz auf das Vorliegen einer unerlaubten Handlung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB gestützt. Der Berufungsschrift kann, wenn auch nur mit Mühe, entnommen werden, daß zum einen die Kausalität zwischen der Handlung des Beklagten Ziff. 2 und dem eingetretenen Schaden bestritten und zum anderen ein überwiegendes Verschulden der Klägerin behauptet wird. Schließlich wendet sich der Beklagte Ziff. 2 auch gegen die Auffassung, die Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit stelle eine Eigentumsverletzung dar. Da immerhin deutlich wird, welche Rechtsauffassung der Berufungsführer im Gegensatz zum angefochtenen Urteil vertritt, genügt die Begründung trotz ihrer Mängel noch den Anforderungen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufungen sind teilweise begründet.

1. Unbeachtlich ist allerdings die Rüge der Beklagten Ziff. 1 hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts, die das Landgericht auf § 29 ZPO (Gerichtsstand des vertraglichen Erfüllungsortes) gestützt hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Auffassung, Ort der Leistung sei im vorliegenden Fall die Praxis der Klägerin, weil die Beklagte Ziff. 1 die reparierte Anlage dort habe wieder aufstellen müssen, zutreffend ist. Nach § 512a ZPO kann eine Berufung in vermögensrechtlichen Streitigkeiten nicht darauf gestützt werden, daß das Gericht des ersten Rechtszugs seine örtliche Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Das bedeutet, daß dem Berufungsgericht jede Nachprüfung der örtlichen Zuständigkeit verwehrt ist (Thomas/Putzo, ZPO, 19. Aufl., § 512a Rdnr. 6).

2. Wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat, haftet die Beklagte Ziff. 1 auf Schadensersatz. Zur Begründung der Haftung bedarf es allerdings keines Rückgriffs auf die Grundsätze der positiven Vertragsverletzung. Vielmehr ergibt sich die Haftung der Beklagten aus den Gewährleistungsregeln des Werkvertragsrechts, § 635 BGB. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, erfaßt § 635 BGB nicht nur Schäden am Werk selbst, sondern auch bestimmte „nächste” Folgeschäden. Nur für die entfernteren Folgeschäden gelten die Regelungen der positiven Vertragsverletzung (BGHZ 58, 85, 91; BGH NJW 1982, 2244). Die Beklagte Ziff. 1 war von der Klägerin beauftragt worden, einen Fehler in der EDV-Anlage zu beheben. Geschuldet war die Reparatur der beiden nicht funktionierenden Terminals. Der bei der Werkleistung verursachte, zum Schaden führende Mangel – der Verlust von gespeicherten Daten – ist zwar nicht unmittelbar am Objekt der Leistung aufgetreten, aber noch an Bestandteilen der EDV-Anlage, die Gegenstand des Reparaturauftrages war. Der geltend gemachte Arbeitsaufwand für die Wiederherstellung der Daten steht in einem engen und unmittelbare...

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