Leitsatz (amtlich)
1. Eine Koppelungsvereinbarung in einem Geschäftsführeranstellungsvertrag mit einer GmbH, die die sofortige Beendigung des Anstellungsvertrages mit Zugang der Bekanntgabe des Abberufungsbeschlusses vorsieht, ist unwirksam.
2. Handelt es sich bei der Koppelungsvereinbarung um eine von der Gesellschaft gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung, kann sie nicht (geltungserhaltend) einschränkend dahin ausgelegt werden, dass die Beendigung des Anstellungsvertrages nicht sofort nach Bekanntgabe des Widerrufs der Geschäftsführerbestellung, sondern erst nach Ablauf der sich aus dem Gesetz ergebenden Mindestkündigungsfrist eintritt (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 29.05.1089 - II ZR 220/88 -, juris Rn. 17 f.).
3. Ein wirksamer Beschluss einer GmbH kann auch dadurch konkludent gefasst werden, dass sich die Gesellschafter in einer Universalversammlung über die fragliche Maßnahme unzweifelhaft einig sind und dies nach außen - etwa durch sofortige Umsetzung der Maßnahme - zum Ausdruck bringen.
Verfahrensgang
LG Mosbach (Urteil vom 08.07.2015; Aktenzeichen 4 O 5/15 KfH) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Mosbach vom 08.07.2015 (4 O 5/15 KfH) im Kostenpunkt aufgehoben und in Urteilstenor Nr. 4 wie folgt abgeändert:
Die Widerklage wird abgewiesen.
II. Die weiter gehende Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 20 % und die Beklagte 80 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung (im Kostenpunkt) kann gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die jeweilige Gläubigerin Sicherheit in Höhe von 110 % des von ihr zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin ist (Gründungs-)Gesellschafterin der Beklagten mit einem Geschäftsanteil von 20 %. Seit dem 01.01.1990 war sie als angestellte (nicht einzelvertretungsberechtigte) Geschäftsführerin bei der Beklagten beschäftigt. Das Anstellungsverhältnis mit der Klägerin wurde durch Vertrag vom 20.12.2002 (K 1) neu geregelt. Ob dieser Vertrag wirksam zustande kam, ist in der Berufungsinstanz streitig geworden.
In der Gesellschafterversammlung vom 30.01.2015 wurde beschlossen, die Klägerin als Geschäftsführerin abzuberufen und ihr Anstellungsverhältnis außerordentlich fristlos zu kündigen. Das Kündigungsschreiben (K 3) wurde der Klägerin am selben Tage ausgehändigt. Die Klägerin hält diese Beschlüsse für unwirksam. Mit ihrer am 20.02.2015 bei Gericht eingegangenen und spätestens am 27.02.2015 zugestellten Klage begehrt sie die Feststellung, dass das Anstellungsverhältnis mit der Beklagten nicht wirksam gekündigt wurde, sondern fortbesteht, und dass der Beschluss über ihre Abberufung als Geschäftsführerin der Beklagten für nichtig erklärt wird. Die Beklagte begehrt widerklagend die Feststellung, dass sie berechtigt ist, auf das mit der Klägerin vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot zu verzichten.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt:
1. Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 30.01.2015 geendet hat.
2. Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis auch nicht durch die Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt endet, sondern darüber hinaus fortbesteht.
3. Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
4. Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch die Abberufung der Klägerin als Geschäftsführerin durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 30.01.2015 geendet hat, sondern darüber hinaus fortbesteht.
5. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 30.01.2015, durch den die Klägerin in TOP 1 als Geschäftsführerin abberufen werden soll, wird für nichtig erklärt.
Mit ihrer Widerklage hat die Beklagte (Widerklägerin) in erster Instanz beantragt:
Es wird festgestellt, dass der Widerklägerin gegen die Widerbeklagte das in § 19 des Anstellungsvertrages (Anlage K 1) enthaltene einseitige Verzichtsrecht in der Form, dass die Widerklägerin auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot mit einer Frist von sechs Kalendermonaten zu jedem Kalenderquartalsende durch einseitige Erklärung verzichten kann, zusteht und die vertragliche Regelung nicht unwirksam ist.
Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass die nachvertragliche Wettbewerbsvereinbarung in § 19 des Anstellungsvertrages der Widerbeklagten (vgl. K 1) insgesamt unwirksam ist und der Widerbeklagten ein Anspruch auf die geregelte Karenzentschädigung nicht zusteht.
Darüber hinaus haben die Klägerin die Abweisung der Widerklage und die Beklagte die Abweisung der Klage beantragt.
Das LG hat den Klaganträgen Nrn. 1, 2 und 4 (Urte...