Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an sinnfälliges Herrichten bie einem Verwendungspatent
Normenkette
PatG §§ 9, 14, 139
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 17.04.2012; Aktenzeichen 2 O 129/09) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Mannheim vom 17.4.2012 (Az. 2 O 129/09) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen,
a) dass in Ziff. 1 des Tenors der auf die Tabelle folgende Halbsatz lautet: "wobei die Anteile von TiO2, BaO, SrO, ZrO2 ≪ 1 Mol- % betragen",
b) und dass Ziff. 1 des Tenors in Bezug auf den Beklagten zu 3 wie folgt lautet:
"der Beklagte zu 3 den Schaden, der der Klägerin durch zwischen dem 1.1.2003 und dem 22.9.2009 liegende Geschäftsvorgänge der K GmbH, der K GmbH & Co. KG und der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 4 entstanden ist".
Die weiter gehende gegen den Beklagten zu 3 gerichtete Klage wird abgewiesen.
2. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung kann gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 0 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Patentverletzung auf Schadensersatz und vorbereitende Rechnungslegung in Anspruch.
Die Klägerin ist Inhaberin des deutschen Teils des europäischen Patents EP 0 399 320 B2 (Klagepatent, Anlage B 7), das am 12.5.1990 angemeldet wurde und beim DPMA das Aktenzeichen DE 590 09 972 trägt. Seine Erteilung ist am 20.12.1995 veröffentlicht worden, die Entscheidung über den Einspruch am 19.1.2000. Das Patent wurde im Oktober 1998 auf die Klägerin übertragen, was am 14.2.2001 in das Patentregister eingetragen worden ist. Es ist am 12.5.2010 erloschen. Die Nichtigkeitsklage ist hinsichtlich der ersten beiden Patentansprüche rechtskräftig abgewiesen (BGH, Urt. v. 20.12.2011 - X ZR 53/11 - Glasfasern, Anlage B 17: künftig "NiUrt".; vorgehend BPatG, Urteil vom 25.1.2011, 3 Ni 26/09 (EU)). Eine u.a. von der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 angestrengte Patentverletzungsklage vor dem Tribunal de commerce de Liège ist durch Urteil vom 5.11.2011 R. G. N 2009/02065 als unbegründet abgewiesen worden (Anlage B 16); das (weitgehend bestätigende) Berufungsurteil liegt als Anlage BK 7 vor.
Die Patentansprüche 1 und 2 lauten in der Verfahrenssprache Deutsch:
1. Verwendung der Glasfasern mit der folgenden in Mol- % angegebenen Glaszusammensetzung:
SiO2
55-70
vorzugsweise
58-65
B2O3
0-5
vorzugsweise
0-4
AI2O3
0-3
vorzugsweise
0-1
TiO2
0-6
vorzugsweise
0-3
Eisenoxide
0-2
vorzugsweise
0-1
MgO
1-4
CaO
8-24
vorzugsweise
12-20
Na2O
10-20
vorzugsweise
12-18
K2O
0-5
vorzugsweise
0,2-3
Fluorid
0-2
Vorzugsweise
0-1
und die einen Durchmesser von ≪ 8 im besitzen, wobei mehr als 10 % der Glasfasern einen Durchmesser von ≪ 3 im aufweisen, als Glasfasern, die kein kanzerogenes Potential zeigen, wobei die Anteile von TiO2, BaO, ZnO, SrO, ZrO2 ≪ 1 Mol- % betragen.
2. Verwendung der Glasfasern nach Anspruch 1 und mit einem mittleren Durchmesser von ≪ 2 im, wobei folgende zusätzliche Bedingungen für die molaren Anteile von AI2O3, B2O3, CaO und Na2O gelten:
AI2O3
≪ 1 Mol- %
B2O3
≪ 4 Mol- %
CaO
≫ 11 Mol- %
Na2O
≫ 4 Mol- %"
Die in Belgien ansässige Beklagte zu 2 stellt dort Glasfaserprodukte her, die sie an die Beklagte zu 1 liefert. Die Beklagte zu 1 vertreibt diese Glasfaserprodukte u.a. unter den Bezeichnungen "T1", "T2" und "T3" (künftig: angegriffene Ausführungsformen) bundesweit an den Baustoffhandel (z.B. Baustoffmärkte), wo sie zur Verwendung als Dämmmaterial in Plattenform von Verbrauchern erworben werden können.
Zuvor war in den Jahren 2007 und 2008 die zwischenzeitlich aufgelöste K GmbH & Co. KG für den Vertrieb in der Bundesrepublik Deutschland zuständig, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 4 war. Die K GmbH & Co. KG war wiederum Rechtsnachfolgerin der K GmbH, die vor dem Jahr 2007 für den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen in der Bundesrepublik Deutschland zuständig war.
Der Beklagte zu 3 war Mitgeschäftsführer der K GmbH und der Beklagten zu 4 und ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1.
Die angegriffenen Ausführungsformen haben die chemische Zusammensetzung, die im Patent beschrieben ist. Sie weisen einen Anteil von mindestens 10 % Glasfasern auf, bei denen der Durchmesser jeder einzelnen Faser größer oder gleich 8 Mikrometer ist.
Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffenen Ausführungsformen machten wortsinngemäß von der Erfindung Gebrauch. Sie hat in erster Instanz beantragt:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagten mit folgenden Maßgaben verpflichtet sind, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der dieser dadurch entstanden ist und noch entsteht, dass sie in der Bundesrepublik Deutschland Glasfasern zur Verwendung als Glasfasern, die kein kanzerogenes Potenti...