Leitsatz (amtlich)

Der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige ist ggü. dem in die Schutzwirkung des Gutachterauftrags einbezogenen Haftpflichtversicherer des Unfallgegners zu keinen weiter gehenden Erhebungen verpflichtet, als ggü. seinem eigentlichen Auftraggeber.

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Urteil vom 15.07.2004; Aktenzeichen 1 O 37/04)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Heidelberg v. 15.7.2004 - 1 O 37/04 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen

 

Gründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

I. (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)

Die Klägerin, Haftpflichtversicherer eines Unfallverursachers, nimmt die Beklagten als vom Unfallgeschädigten beauftragte Kfz-Sachverständige wegen angeblich zu niedrig ermittelten Restwerts des beschädigten Fahrzeugs auf Schadensersatz in Anspruch. Sie wirft ihnen vor, bei der Ermittlung des Restwerts lediglich drei regionale Angebote berücksichtigt zu haben, nicht aber über Onlinebörsen erhältliche Angebote.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochten Urteils, mit dem das LG die auf Zahlung von 11.119,63 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen hat, wird Bezug genommen.

Im Berufungsrechtszug verfolgt die Klägerin ihr Begehren in vollem Umfang weiter.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

II. (§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)

Das LG hat zutreffend entschieden. Der Klägerin steht ggü. den Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz zu.

Mit dem LG ist davon auszugehen, dass der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige auch ggü. der in die Schutzwirkung des Gutachterauftrags einbezogenen Haftpflichtversicherung des Unfallgegners zu keinen weiter gehenden Erhebungen verpflichtet ist, als ggü. seinem eigentlichen Auftraggeber. Die vertraglichen Pflichten des Sachverständigen sind darauf gerichtet, dem Geschädigten, der wie hier vollen Ersatz seiner Vermögenseinbußen verlangen kann, die Liquidation seines Schadens durch Feststellung der dafür maßgeblichen Werte zu erleichtern.

Wie der BGH in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, steht die Ersatzbeschaffung als Variante der Naturalrestitution unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit. Das bedeutet, dass der Geschädigte bei der Schadensbehebung gem. § 249 S. 2 BGB im Rahmen des ihm Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage grundsätzlich den wirtschaftlichsten Weg zu wählen hat (BGH v. 15.10.1991 - VI ZR 314/90, BGHZ 115, 364 = MDR 1992, 131; v. 15.10.1991 - VI ZR 67/91, BGHZ 115, 375 = MDR 1992, 132; v. 7.5.1996 - VI ZR 138/95, BGHZ 132, 373 = MDR 1996, 793). Das Wirtschaftlichkeitspostulat gilt auch für die Frage, in welcher Höhe der Restwert des Unfallfahrzeuges bei der Schadensabrechnung berücksichtigt werden muss, denn auch bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeuges muss sich der Geschädigte grundsätzlich im Rahmen der wirtschaftlichen Vernunft halten. Das beruht auf dem Gedanken, dass er bei der Ersatzbeschaffung nach § 249 S. 2 BGB nur den dafür erforderlichen Geldbetrag verlangen kann. Dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit leistet der Geschädigte indessen im allgemeinen Genüge und er bewegt sich in den für die Schadensbehebung durch § 249 S. 2 BGB gezogenen Grenzen, wenn er das Unfallfahrzeug zu dem am allgemeinen örtlichen Markt erzielbaren Preis verkauft oder in Zahlung gibt. Angebote räumlich entfernter Interessenten muss er nicht einholen. (BGH, Urt. v. 7.12.2004 - VI ZR 119/04). Der Schädiger kann den Geschädigten auch nicht auf einen höheren Restwerterlös verweisen, den dieser auf einem überregionalen Sondermarkt durch spezialisierte über das Internet agierende Restwertaufkäufer erzielen könnte (BGH v. 30.11.1999 - VI ZR 219/98, MDR 2000, 330 = NJW 2000, 800; OLG Köln VersR 2004, 1145). Dass - worauf die Klägerin im Berufungsrechtszug abhebt - im Kraftfahrzeughandel die Nutzung von Onlinebörsen allgemein verbreitet und üblich ist, bleibt für die Entscheidung ohne Belang, da der Gutachtensauftrag nicht von einem Kraftfahrzeughändler erteilt wurde.

Dass die Beklagten vom Geschädigten einen weiter gehenden Auftrag hatten, insb. dahingehend, auch über den regionalen Markt hinaus den Sondermarkt der Internetaufkäufer zu untersuchen, hat die Klägerin ebenso wenig dargetan wie Umstände, die ihr selbst berechtigten Anlass zu der Annahme geben konnten, der Auftrag sei weiter gefasst. Zudem ergibt sich aus dem Gutachten mit hinreichender Klarheit, dass der Beklagte zu 2) seine Wertermittlung allein auf seine Erhebungen im lokalen Markt beschränkt hatte. Eine Restwertbemessung unter Einbeziehen des Sondermarkts konnte ohnehin nicht erwartet werden. Allenfalls kann unter bestimmten, hier nicht vorliegenden Umständen insb. bei erheblicher Mithaftung des Geschädigten ein Hinweis auf im Sondermarkt erzielbare höhere Restwerte angezeigt sein.

Dass im lokalen Markt höhere Restwerte zu erzielen waren und deshalb in die...

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