Leitsatz (amtlich)
Zur waffenrechtlichen Einordnung einer zum Spiel bestimmten Federdruckpistole, ("Soft-Air-Pistole") aus der Geschosse mit einer Bewegungsenergie von mehr als 0,08 Joule verschossen werden können
Tenor
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Amtsgerichts Z. vom 27. April 2006 wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens und die der Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
Mit Urteil vom 27. April 2006 hat das Amtsgericht Z. die Angeklagte aus rechtlichen Gründen von dem Vorwurf freigesprochen, erlaubnispflichtige Schusswaffen Nichtberechtigten überlassen zu haben.
Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft.
Das von der Generalstaatsanwaltschaft vertretene Rechtsmittel hat im Ergebnis keinen Erfolg.
II.
Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Z. vom 13. September 2005 wurde der Angeklagten zur Last gelegt, am 26. Juli 2005 gegen 15.30 Uhr in den Räumen der Firma U. in Z. zwei Soft-Air-Pistolen der Marke HFC, Air Model Pistol, Kaliber 6 Millimeter, mit einer Bewegungsenergie von mehr als 0,08 Joule und unter 0,5 Joule, die kein Kennzeichen nach der Anlage 1 Abbildung 1 zur Ersten Verordnung zum Waffengesetz trugen, an zwei Minderjährige verkauft, damit entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 WaffG vorsätzlich erlaubnispflichtige Schusswaffen Nichtberechtigten - Personen unter 18 Jahren - überlassen und sich daher gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 7, 34 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 WaffG strafbar gemacht zu haben.
Von diesem Vorwurf hat das Amtsgericht die Angeklagte durch das angegriffene Urteil aus rechtlichen Gründen freigesprochen und zur Begründung - sinngemäß - ausgeführt:
Zwar sei auf die verfahrensgegenständlichen Soft-Air-Pistolen grundsätzlich das Waffengesetz anzuwenden mit der Folge, dass der Umgang mit ihnen Personen unter 18 Jahren überhaupt nicht (vgl. § 2 Abs. 1 WaffG) und - da die Waffen auch kein Kennzeichen im Sinne der Anlage 1 Abbildung 1 zur Ersten Verordnung zum WaffG tragen - Personen über 18 Jahren nur mit entsprechender Erlaubnis (vgl. § 2 Abs. 2 WaffG) gestattet sei. In der Anlage 2 Abschnitt 3 Unterabschnitt 2 Nr. 1 zu § 2 Abs. 3 WaffG habe der Gesetzgeber zum Spiel bestimmte Schusswaffen nur dann aus dem Anwendungsbereich des Waffengesetzes ausgenommen, wenn aus ihnen nur Geschosse verschossen werden können, denen eine Bewegungsenergie von nicht mehr als 0,08 Joule erteilt werde. Anderes gelte jedoch unter Berücksichtigung des Feststellungsbescheids des Bundeskriminalamts vom 18.06.2004, wonach die Energiegrenze für Spielzeugwaffen im Sinne der genannten Anlage für eine Übergangszeit bis zur Änderung des Waffengesetzes auf 0,5 Joule angehoben werde. Dieser Feststellungsbescheid sei zwar rechtswidrig, weil er von der Ermächtigungsnorm des § 2 Abs. 5 WaffG nicht mehr gedeckt sei; er sei jedoch nicht nichtig und daher auch von Strafverfolgungsbehörden und Gerichten zu beachten.
III.
Der aus rechtlichen Gründen erfolgte Freispruch hält einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
1.
Nach § 52 Abs. 3 Nr. 7 WaffG macht sich strafbar, wer entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 vorsätzlich eine erlaubnispflichtige Schusswaffe einem Nichtberechtigten überlässt, ihm also die tatsächliche Gewalt über sie einräumt (siehe Anlage 1 Abschnitt 2 Nr. 3 zum WaffG).
a)
Unter den Begriff der "Schusswaffe" fallen nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 4 WaffG in Verbindung mit der Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1.1. zum WaffG unter anderem Gegenstände, die zum Sport oder Spiel bestimmt sind und bei denen Geschosse durch einen Lauf getrieben werden.
b)
Nach Anlage 2 Abschnitt 3 Unterabschnitt 2 Nr. 1 zu § 2 WaffG sind Schusswaffen, die zum Spiel bestimmt sind, von der Anwendung des Waffengesetzes ausgenommen, wenn aus ihnen nur Geschosse verschossen werden können, denen eine Bewegungsenergie von nicht mehr als 0,08 Joule (J) erteilt wird. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn diese Spielzeugwaffen mit allgemein gebräuchlichen Werkzeugen so geändert werden können, dass die Bewegungsenergie der Geschosse über 0,08 J steigt, oder sie getreue Nachahmungen von Schusswaffen im Sinne der Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.1. sind, deren Erwerb der Erlaubnis bedarf.
2.
Nach den - von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Tatrichters liegen die Voraussetzungen des Straftatbestands objektiv vor.
a)
Bei den verfahrensgegenständlichen Waffen handelt es sich um in Taiwan hergestellte, funktionsfähige Federdruckpistolen, die Geschosse des Kalibers 6 Millimeter mit einer Bewegungsanfangsenergie von durchschnittlich 0,33 Joule bzw. 0,28 Joule beschleunigen können und die zum Spiel bestimmt sind. Mit diesen Waffen, die dem weiten Bereich der so genannten "Soft-Air-Waffen" (Luftdruck-, Federdruck- und Kaltgaswaffen) zugerechnet werden, können Rundkugeln aus hartem Kunststoff oder aus Weichplastik mittels Federkraft verschossen werden (vgl. Ostgathe, Waffenrecht kompakt, 3. Aufl. 2004 S. 28). Es handelt...