Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Anforderungen an Heimkosten für Eltern bei Bedarfsermittlung des Elternunterhalts
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Unterhaltsbedarf eines Elternteils, der in einem Pflegeheim lebt, richtet sich nach seinem bisherigen Lebensstandard. Entsprechend ist ein Kind verpflichtet, zur Sicherstellung dieses Lebensstandards einen angemessenen und auch höheren Betrag zu leisten.
2. Eine pauschale Instandhaltungsrücklage für die selbst genutzte Eigentumswohnung kann nicht ohne weiteres berücksichtigt werden.
Normenkette
BGB § 1610 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Heidelberg (Urteil vom 23.03.2010) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - Familiengericht - Heidelberg vom 23.3.2010 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin rückständigen Unterhalt für die Zeit von Mai 2007 bis einschließlich Dezember 2009 i.H.v. insgesamt 6.096 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich aus 5.224 EUR seit 21.8.2009, aus 5.442 EUR vom 01.09. - 30.9.2009, aus 5.660 EUR vom 01.10. - 31.10.2009, aus 5.878 EUR vom 01.11. - 30.11.2009 und aus 6.096 EUR seit 1.12.2009 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab 1.1.2010 bis 31.5.2010 einen monatlichen, monatlich jeweils zum 01. eines Monats fälligen Unterhalt i.H.v. 218 EUR und ab 1.6.2010 von 155 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich ab jeweiliger Fälligkeit zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Verfahrens beider Instanzen tragen die Klägerin 1/10, der Beklagte 9/10.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Die Parteien streiten um Elternunterhalt für die Zeit ab Mai 2007.
Der Beklagte ist der Sohn der am ... 1935 geborenen Wilma P. Er ist ihr einziges Kind. Frau P. steht seit 2002 unter Betreuung. Sie ist dauerhaft in einer Pflegeeinrichtung, der ... Residenz in L., untergebracht.
Die von Frau P. bezogene Altersrente und die Leistungen der Pflegeversicherung decken die Kosten der Heimunterbringung nicht.
Ihre Altersrente betrug von Mai 2007 bis Juni 2007 rd. 808 EUR, ab Juli 2007 bis Juni 2008 rd. 813 EUR, von Juli 2008 bis Juni 2009 rd. 820 EUR. Seit Juli 2009 erhält sie 842 EUR. Bis einschließlich April 2009 war die Mutter des Beklagten in die Pflegestufe II eingestuft und hat Leistungen der Pflegeversicherung von 1.279 EUR monatlich erhalten. Seit Mai 2009 ist sie in Pflegestufe III eingestuft und erhält aus der Pflegeversicherung monatlich 1.470 EUR.
Weiter erhielt sie Wohngeld von 76 EUR monatlich bis einschließlich Dezember 2008. 106 EUR monatlich werden seit Januar 2009 bezahlt.
Seit April 2003 kommt die Klägerin für die Kosten der Heimunterbringung auf, soweit diese nicht gedeckt sind.
Im streitgegenständlichen Unterhaltszeitraum hat die Klägerin im Jahr 2007 7.365,84 EUR, im Jahr 2008 10.794,96 EUR und bis Juni 2009 5.720,06 EUR gezahlt (vgl. im Einzelnen I, 125 ff.). Sie erbringt fortdauernde Leistungen für die Mutter des Beklagten in die Klagforderung übersteigender Höhe.
Mit Rechtswahrungsanzeige vom 15.4.2003 zeigte die Klägerin dem Beklagten den monatlichen geleisteten Aufwand an und forderte ihn zur Auskunftserteilung über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse auf.
Nach Auskunftserteilung bezifferte die Klägerin ihren Anspruch mit Schreiben vom 3.2.2004 auf 135 EUR monatlich. Die Forderung wurde dann bis Ende Februar 2007 nicht mehr geltend gemacht.
Mit Schreiben vom 21.2.2007, welches dem Beklagten nach zuerst erfolglosem Zustellungsversuch am 3.5.2007 zuging, wurde der Beklagte über die fortdauernde Gewährung von Sozialhilfeleistungen informiert und zur erneuten Auskunft aufgefordert. Es erfolgte weiterer Schriftverkehr zwischen den Parteien im Jahr 2007. Nachdem der Beklagte im November 2007 die Einleitung eines Petitionsverfahrens angekündigte und dieses auch einleitete, wurde er, nachdem die Klägerin im November 2008 Kenntnis von der Ablehnung der Petition erhalten hatte, am 25.11.2008 erneut zur Auskunft aufgefordert.
Der Beklagte lehnte eine Auskunftserteilung ab, weshalb die Klägerin im August 2009 Stufenklage erhoben hat.
Der Beklagte hat Abweisung der Auskunftsklage beantragt und vorgetragen:
Für eine Auskunftsklage bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis; ein etwaiger Unterhaltsanspruch sei im Übrigen verwirkt. Zumindest für die ab Klageinreichung angelaufenen Unterhaltsrückstände, die länger als ein Jahr zurücklägen, sei Verwirkung gegeben.
Im Übrigen habe die Mutter des Beklagten ihre Unterhaltsbedürftigkeit durch jahrelangen Alkoholabusus selbst verursacht.
Die geltend gemachten Kosten seien zu hoch. Die Mutter des Beklagten könne im Übrigen auch kostengünstiger untergebracht werden.
Mit Schriftsatz vom 22.1.2010 hat die Klägerin den Anspruch beziffert und vorgetragen:
Für die Zeit von Mai 2007 bis einschließlich Dezember 2009 hat sie rückständigen Unterhalt...