Leitsatz (amtlich)
Wenn die Vertragsparteien beim Verkauf eines Gebrauchtwagens das Datum der Erstzulassung in den Vertragstext aufnehmen, gehört es zur vereinbarten Beschaffenheit i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB, dass das Datum der Herstellung jedenfalls nicht mehrere Jahre davon abweicht.
Verfahrensgang
LG Heidelberg (Urteil vom 17.12.2003; Aktenzeichen 2 O 370/03) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Heidelberg vom 17.12.2003 - 2 O 370/03 - wie folgt abgeändert:
Ergänzend zum Ausspruch in Nr. 1 des Urteilstenors wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des dort genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte 89 %, der Kläger 11 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein gebrauchtes Kraftfahrzeug wegen arglistigen Verschweigens des tatsächlichen Baujahres.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des LG Heidelberg vom 17.12.2003 wird Bezug genommen.
Das LG hat der Klage i.H.v. 6.367,29 Euro stattgegeben. Es hat den Umstand, dass das Fahrzeug bereits fünf Jahre und sechs Monate vor dem im Kaufvertrag angegebenen Datum der Erstzulassung ausgeliefert worden ist, als Mangel angesehen und ist nach Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beklagte diesen Mangel arglistig verschwiegen hat. Den weiter gehenden Zahlungsanspruch hat es als unbegründet angesehen, weil der Kläger für die erfolgte Nutzung des Fahrzeugs Wertersatz zu leisten habe. Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit ihrer Berufung.
Der Beklagte macht unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags geltend, die Abweichung des Baujahres vom Jahre der Erstzulassung stelle keinen Mangel dar; jedenfalls sei ihm dieser Mangel beim Abschluss des Kaufvertrags nicht bekannt gewesen.
Der Beklagte beantragt: Das am 17.12.2003 verkündete Urteil des LG Heidelberg - 2 O 370/03 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, der geschuldete Nutzungsersatz sei lediglich mit 716,32 Euro anzusetzen. Ferner begehrt er die Feststellung, dass sich der Beklagte in Annahmeverzug befindet.
Der Kläger beantragt: Das Endurteil des LG Heidelberg vom 17.12.2003, AZ 2 O 370/03 wird abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.133,68 Euro nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.5.2003 Zug um Zug gegen Herausgabe des Pkw Daimler Benz, Typ 230 CE-124c mit der Fahrgestellnummer zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte sich mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Er macht geltend, als Nutzungsersatz seien 1.884 Euro anzusetzen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nur insoweit begründet, als er die Feststellung des Annahmeverzugs begehrt. Die Berufung des Beklagten ist insgesamt unbegründet.
Mit zutreffenden Gründen, die durch das Berufungsvorbringen beider Parteien nicht entkräftet werden, hat das LG den vom Kläger erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag wegen arglistigen Verschweigens des Baujahres als wirksam angesehen und die vom Kläger geschuldete Nutzungsentschädigung auf 1.482,71 Euro geschätzt.
Zutreffend hat das LG entschieden, dass die Abweichung zwischen dem Datum der Werksauslieferung des Fahrzeugs und dem im Kaufvertrag angegebenen Datum der Erstzulassung einen Sachmangel darstellt.
Zur vereinbarten Beschaffenheit i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB gehörte im vorliegenden Fall, dass das Baujahr des Fahrzeugs jedenfalls nicht mehrere Jahre von dem im Vertrag angegebenen Jahr der Erstzulassung abweicht.
Zwar kann der Käufer eines Kraftfahrzeuges mangels näherer Angaben nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass das Fahrzeug sofort nach der Herstellung zum Straßenverkehr zugelassen worden ist. Ein Käufer darf aber darauf vertrauen, dass zwischen Herstellung und Erstzulassung ein relativ überschaubarer Zeitraum liegt. Wenn die Vertragsparteien das Datum der Erstzulassung in den Kaufvertrag aufnehmen, liegt darin folglich die konkludente Vereinbarung, dass das Datum der Herstellung jedenfalls nicht mehrere Jahre davon abweicht (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 8. Aufl., Rz. 1275).
Die vom Beklagten zitierte Rechtsprechung des BGH zum Verkauf von Fahrzeugen als fabrikneu (BGH v. 6.2.1980 - VIII ZR 275/78, MDR 1980, 484 = NJW 1980, 1097 [1098]; v. 16.7.2003 - VIII ZR 243/02, BGHReport 2003, 1195 = MDR 2003, 1287 = NJW 2003, 2824 [2825]). führt zu keiner anderen Beurteilung. Nach dieser Rechtsprechung darf ein Fahrzeug zwar unabhängig vom Baujahr als...