Leitsatz (amtlich)
Es besteht kein Interessenwiderstreit im Sinne des § 43a Abs. 4 BRAO, wenn ein Rechtsanwalt für den Pflichtteilsberechtigten und den Alleinerben die in ihrem Miteigentum stehenden Immobilien veräußert und ihre gemeinsamen Verbindlichkeiten und den Nachlassbestand klärt, da hier die Interessen beider Mandanten gleichgerichtet sind. die bloße Möglichkeit eines späteren Interessenkonflikts steht dieser gemeinsamen Vertretung nicht entgegen.
Normenkette
BRAO § 43a Abs. 4
Verfahrensgang
LG Trier (Urteil vom 14.07.2021; Aktenzeichen 5 O 76/20) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 14.07.2021, Az. 5 O 76/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die vom Kläger geltend gemachte Rechtsanwaltsvergütung.
Erstinstanzlich hat der Kläger die Klage zunächst auf eine Vergütung für seine Tätigkeit in Nachlass- und Immobilienangelegenheiten der Beklagten gestützt. In den Nachlassangelegenheiten wurde er für die Beklagte zu 2) als Alleinerbin und die Beklagte zu 1) als Pflichtteilsberechtigte tätig, wobei der Umfang der Beauftragung und die Frage einer Interessenkollision des Klägers streitig sind. Im Lauf des erstinstanzlichen Verfahrens hat er die Klage dahin geändert, dass er seinen der Höhe nach unverändert aufrecht erhaltenen Klageantrag nur noch auf einen Gebührenanspruch in Höhe von 13.853,27 EUR im Zusammenhang mit der Veräußerung von Immobilien in ...[Z] stützt und ergänzend auf einen Vergütungsanspruch in Höhe von 2.339,49 EUR im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Immobilie in ...[Y].
Zur Veräußerung der Immobilien in ...[Z] wurde er am 24.09.2019 von beiden Beklagten beauftragt (Anlage K 2, Bl. 2 Anlagenheft). Die Abrechnung seiner hierfür erhobenen Gebühren hat er mehrfach korrigiert und macht seinen Gebührenanspruch zuletzt mit Rechnung vom 11.03.2021 (Bl. 35, 36 Anlagenheft) wie folgt geltend:
Gegenstandswert 765.000 EUR
2,8 Geschäftsgebühr §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 VV RVG
11.516,40 EUR
Geschäftsreise mit eig. PKW 350 km × 0,30 EUR
105,00 EUR
Pauschale für Post + Telefon Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
Zwischensumme
11.641,40 EUR
19 % Umsatzsteuer
2.211,87 EUR
Gesamtbetrag
13.853,27 EUR
Die Immobilien standen zunächst im gemeinsamen Eigentum der Beklagten zu 1) und ihres am 05.09.2019 verstorbenen Ehemanns, dessen hälftiger Miteigentumsanteil auf die Beklagte zu 2) als Alleinerbin übergegangen ist. Die Beklagte zu 1) hingegen war nur pflichtteilsberechtigt.
Bei dem bis zum 24.03.2020 befristeten Alleinauftrag des Klägers zur Veräußerung der Immobilie wurde ein Erfolgshonorar in Höhe von 1,5 % der Verkaufssumme vereinbart. Das Haus wurde erst nach dem 24.03.2020 für 765.000 EUR an einen vom Kläger und dem von ihm beauftragten Makler akquirierten Käufer verkauft. Der Makler hat dem Kläger einen Anteil an seiner Provision versprochen.
Soweit die Rechnung für die Immobilienveräußerung in ...[Z] für die Klageforderung nicht ausreicht, stützt der Kläger seinen Vergütungsanspruch auf einen bestrittenen Auftrag zur Veräußerung einer Immobilie in ...[Y], aus dem er seine Gebühren gemäß korrigierter Rechnung Nr. 2000320 vom 16.09.2020 (Bl. 55, 56 d.A.) wie folgt errechnet:
Gegenstandswert 60.000 EUR
1,6 Geschäftsgebühr §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 VV RVG
1.996,80 EUR
Pauschale Post + Telefon Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
Zwischensumme
2.016,80 EUR
MwSt. 16 %
322,66 EUR
Gesamtbetrag
2.339,49 EUR
Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen:
In Bezug auf das Hausobjekt in ...[Y] sei er von den Beklagten mündlich zur Vermittlung eines Kaufinteressenten und Beschaffung von Schlüsseln beim Mieter beauftragt worden, weshalb ihm hierfür der o.g. Gebührenanspruch in Höhe von 2.339,49 EUR zustehe.
Seine Beauftragung in Immobilienangelegenheiten sei nicht wegen Interessenkollision nichtig, da bereits zuvor mit den Beklagten erläutert worden sei, dass diese nicht gegeneinander vorgehen werden. Da Pflichtteilsansprüche vom Auftrag nicht erfasst gewesen seien, sei keine Interessenkollision entstanden.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, gesamtschuldnerisch an ihn 15.566,15 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, abzüglich am 15. April 2020 gezahlter 4.437,39 EUR.
Die Beklagten haben erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten stellen sämtliche Gebührenansprüche in Abrede.
Sie halten alle zwischen sich und dem Kläger getroffenen Vereinbarungen wegen § 43a BRAO für nichtig, da ...