Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßkostenhilfe

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 31.03.1992; Aktenzeichen 1 O 62/92)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der angefochtene Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 31. März 1992 abgeändert.

Dem Antragsteller wird – ohne Anordnung von Ratenzahlungen – insoweit Prozeßkostenhilfe gewährt, als er sich im Klageweg gegen die Zwangsvollstreckung der Antragsgegnerin aus der Urkunde-Nr. 1347/1989 des Notars L. S. in S. wegen der Zahlungen wenden will, die den Zeitraum bis einschließlich Dezember 1990 betreffen. Dazu wird ihm Rechtsanwalt S. in L. beigeordnet.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten der erfolglosen Beschwerde (Wert: 8.500,– DM) trägt der Antragsteller. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet; im übrigen scheitert sie.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Antragstellers teilweise hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Antragsteller will sich mit der Abwehrklage (§ 767 ZPO) gegen die Vollstreckung der Antragsgegnerin aus einer notariellen Urkunde wenden, die über fortlaufende monatliche Miet- und Pachtzinszahlungsverpflichtungen für den Zeitraum vom 1. August 1989 bis zum 30. September 1998 errichtet worden ist. Diese Verpflichtungen sind, soweit sie die Zeit bis einschließlich Dezember 1990 betreffen, in Fortfall geraten.

Nach dem unstreitigen Vortrag des Antragstellers betrug der Umfang der von ihm monatlich geschuldeten Miete und – Pacht vom Beginn der beiderseitigen Rechtsbeziehungen im Oktober 1988 bis einschließlich September 1989 7.980,– DM und, wie auch aus den vorgelegten schriftlichen Vereinbarungen hervorgeht, für die Folgezeit 9.120,– DM. Bis Mai 1989 hat der Antragsteller seine Zahlungsverpflichtungen regelmäßig erfüllt. Wie außerdem nicht in Abrede steht, hat er im Juni 1989 Leistungen von 16.459,06 DM sowie 1.921,80 DM erbracht und der Antragsgegnerin später noch weitere Beträge von 10.826,98 DM und 4.383,25 DM zugewandt. Das reichte aus, um die Miet- und Pachtzinsforderungen der Antragsgegnerin bis einschließlich September 1989 abzudecken. Damit kommt eine Zwangsvollstreckung der Antragsgegnerin insoweit nicht mehr in Betracht.

Für die Folgezeit bis Ende 1990 scheitert eine Inanspruchnahme des Antragstellers jedenfalls weithin daran, daß ihm die Nutzung der gemieteten und gepachteten Sachen von der Antragsgegnerin vorenthalten wurde. Seit dem 29. September 1989 war ihm, bedingt durch den von selten des Gerichtsvollziehers vorgenommenen Schloßaustausch, ein Zugang unmöglich. Damit entfiel die Miet- und Pachtzahlungspflicht (§§ 325 Abs. 1 Satz 3, 323 Abs. 1 BGB), weil die Antragsgegnerin ihrer im Austauschverhältnis stehenden Pflicht zur Gebrauchsüberlassung (§ 535 Satz 1 BGB) nicht nachkam.

Das gilt auch dann, wenn die Auswechselung der Schlüssel nicht auf dem Willen der Antragsgegnerin beruht haben sollte. Denn die Pflicht zur Gebrauchsüberlassung beschränkte sich nicht darauf, den Besitz des Antragstellers nicht aktiv zu stören, sondern war auch darauf gerichtet, Besitzstörungen gegebenenfalls durch positives Tun abzuwenden (vgl. BGHZ 19, 85, 93; Putzo in Palandt, BGB, 51. Aufl., § 535 Rdnr. 8). Insofern war es Sache der Antragsgegnerin, dem Antragsteller eine Zutrittsmöglichkeit zu verschaffen, nachdem sie ausweislich des Protokolls des Gerichtsvollziehers seit dem 30. September 1989 im Besitz der neuen Schlüssel war.

Die Antragsgegnerin kam ihren Verpflichtungen erst wieder – nach, als sie dem Antragsteller die Schlüssel – über ihren Ehemann – anbot. Das war nach dem unbestrittenen Vortrag des Antragstellers erst Ende des Jahres 1990 der Fall. Miet- und Pachtzinszahlungsforderungen der Antragsgegnerin entstanden deshalb erneut erst im Januar 1991. Von da an erscheint eine Zwangsvollstreckung gegen den Antragsteller grundsätzlich berechtigt, so daß das Prozeßkostenhilfebegehren insoweit unbegründet ist.

Das Landgericht hat zutreffend entschieden, daß in dem Austausch der Schlösser durch den Gerichtsvollzieher keine – die Zahlungspflicht des Antragstellers beendende – Vertragskündigung der Antragsgegnerin gesehen werden kann. Ob dieser Austausch tatsächlich durch die Antragsgegnerin veranlaßt wurde – der Antragsteller hat seinen Vortrag in diesem Zusammenhang zunehmend relativiert (vgl. zunächst Bl. 8 und sodann Bl. 61, 68, 69 d.A.) – oder nicht, ist letztlich unerheblich. Denn die Maßnahme des Gerichtsvollziehers ließ sich der Antragsgegnerin jedenfalls solange, wie sie nicht von bestimmten Erklärungen ihrerseits begleitet war, grundsätzlich nicht als Willensäußerung zurechnen; der Gerichtsvollzieher handelte nämlich von seinem äußeren Erscheinungsbild her entsprechend seiner gesetzlichen Aufgabe nicht als Parteivertreter, sondern als selbständiges Organ der Rechtspflege unter eigener Verantwortung (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, ...

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