Leitsatz (amtlich)
Zur Beweisantizipation im Prozesskostenhilfeverfahren (hier: Körperverletzung und Sachbeschädigung im Verlauf einer polizeilichen Sistierungsmaßnahme).
Normenkette
ZPO §§ 114, 118; BGB § 823 Abs. 1-2
Verfahrensgang
LG Trier (Beschluss vom 07.04.2015; Aktenzeichen 4 O 4/15) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Trier vom 7.4.2015 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 127 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig; sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
1. Die Rechtsverteidigung des Beklagten entbehrt bei der gebotenen summarischen Betrachtung der hinreichenden Erfolgsaussicht (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das im schriftlichen Vorverfahren - in gesetzlicher Weise (Zustellungsurkunde zur Klageschrift Bl. 11 GA; zur Beweiskraft der öffentlichen Urkunde vgl. Stöber in: Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Auflage 2014, § 182 Rn. 14) - erlassene Versäumnisurteil vom 30.1.2015 (Bl. 13 f. GA) wird danach aufrechtzuerhalten sein.
Das klagende Land verfolgt gegen den Beklagten im Zusammenhang mit einem Polizeieinsatz am 22.7.2012 in Trier, teilweise aus übergegangenem Recht (§ 72 Abs. 1 Satz 1 LBG), materielle Schadensersatzansprüche wegen Körper- und Gesundheitsverletzung eines Polizeibeamten sowie wegen Beschädigung einer (Edelstahl-)Zellentoilette. Das LG hat - recht verstanden - unter Zugrundelegung der Erkenntnisse aus dem Strafverfahren (rechtskräftige Verurteilung des Beklagten u.a. wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Klägers und wegen Sachbeschädigung; Urteil des AG Trier vom 24.7.2013 - 34 Ds 8015 Js 16510/12 -) in vorweggenommener Würdigung des Parteivorbringens die Verwirklichung des deliktsrechtlichen Haftungsgrundes einschließlich der haftungsbegründenden Kausalität durch den Beklagten als sehr wahrscheinlich angenommen (§§ 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2, 303 Abs. 1 StGB). Diese Erwägungen stehen im Einklang mit der gefestigten ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Beweisantizipation im Prozesskostenhilfeverfahren.
a) Die Vorwegnahme der Beweiswürdigung (Beweisantizipation) ist im Prozesskostenhilfeverfahren - im Unterscheid zum Erkenntnisverfahren - in engen Grenzen zugelassen. Trägt die Gesamtwürdigung aller vorliegenden Umstände und Indizien die konkrete Annahme, dass die Beweiswürdigung mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen und eine vernünftig und wirtschaftlich denkende Partei deshalb von einer Prozessführung absehen würde, darf die Prozesskostenhilfe versagt werden (BVerfG NJW 1997, 2745; 2003, 2976, 2977; 2010, 288 f.; Beschluss vom 3.9.2013 - 1 BvR 1419/13 - juris Tz. 23; OLG Köln NJW-RR 2001, 791; Senat OLGR 2008, 530; Geimer in: Zöller a.a.O. § 114 Rn. 26 f.).
b) Der Beklagte hat in seiner schriftlichen Einlassung im Strafverfahren vom 8.3.2013 (Bl. 129 f. d. Beiakte) die ihm vorgeworfenen Taten, namentlich auch die im vorliegenden Zivilrechtsstreit gegenständlichen Deliktshandlungen - Körperverletzung und Sachbeschädigung -, eingeräumt und einen Schadensausgleich im Rahmen seiner Möglichkeiten angekündigt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Strafgericht (Protokoll Bl. 166 und Bl. 188d. Beiakte) hat er sich, unter Hinweis auf einen Erinnerungsverlust hinsichtlich der tatsächlichen Einzelheiten, ohne Einschränkung auf diese Einlassung bezogen. Der Zeuge Bamler, der bei dem Einsatz verletzte Polizeibeamte, hat einen "zielgerichteten Tritt" des in einem Bus der Bundespolizei sistierten (fixierten) Beklagten gegen seinen, des Zeugen, Kopf bestätigt (Protokoll Bl. 168/169d. Beiakte). Der Zeuge Schwalm, der an der Sistierung weiter beteiligte Polizeibeamte, hat einen Tritt des Beklagten "mit voller Absicht" gegen den Kopf des Zeugen Bamler bestätigt. Nach den Bekundungen der beiden Zeugen konnte der Beklagte sich während des Befahrens einer starken Linkskurve aus dem "Fixierungsdruck" der Beamten befreien und zutreten. Durchgreifende Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen erheben sich, auch unter Einbeziehung des weiteren Inhalts der Ermittlungsakten (insb. Einsatzvermerk des Zeugen Schwalm vom 22.7.2012; Anlage K 2), nicht; für das von der Beschwerde gemutmaßte "unverhältnismäßige Vorgehen der Polizei" besteht kein greifbarer Anhalt. Hinsichtlich des Kerngeschehens - vorsätzlicher Tritt des von den beiden Zeugen fixierten Beklagten mit dem beschuhten Fuß gegen den Kopf des Zeugen Bamler während einer scharfen Linkskurve des Einsatzfahrzeugs - sind die Aussagen deckungsgleich, widerspruchsfrei und nach dem Geschehensablauf ohne weiteres auch nachvollziehbar; die genaue Sitz-/Liegeposition der Beteiligten im Bus braucht nicht festgestellt zu werden. Die Bekundungen der beiden Beamten stehen im Übrigen auch im Einklang mit dem sonstigen - insofern im vorliegenden Rechtsstreit unwidersprochen gebliebenen - überaus aggressiven Verhalten des Beklagten i...