Leitsatz (amtlich)
Soweit die in einem Vorprozess entschiedene Rechtsfolge eine Vorfrage für die Entscheidung des nachfolgenden Rechtsstreits ist, besteht Bindungswirkung. Das ist bezüglich des im Vorprozess angenommenen Bestehens der Pflicht zur Mietzinszahlung der Fall, soweit dies für die spätere Prüfung eines Kündigungsgrundes vorgreiflich ist. Der Vermieter darf die Entfernung von Sachen, die seinem Pfandrecht unterliegen, im Wege der Selbsthilfe verhindern, soweit er berechtigt ist, der Entfernung zu widersprechen. Sein Selbsthilferecht setzt voraus, dass tatsächlich mit der Entfernung der Sachen begonnen wurde. Ist das der Fall, dann kommt im Einzelfall auch das Versperren von Räumen als Selbsthilfemaßnahme in Betracht.
Verfahrensgang
LG Mainz (Aktenzeichen 5 O 293/03) |
Tenor
Der Beklagte zu 2) hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Streitwert beträgt bis zum 12.10.2004 22.394,64 EUR, ab dem 13.10.2004 5.746,66 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin hatte die Beklagten, die in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Bedachungsunternehmen betrieben, als Gesamtschuldner auf Räumung und Herausgabe eines gewerblich genutzten Grundstücks mit einer Halle nebst Büroräumen in Anspruch genommen. Die Beklagten waren als Gesellschafter bürgerlichen Rechts aufgrund eines Mietvertrages vom 4.4.2002 mit Wirkung vom 1.6.2002 Mieter des Grundstücks und der Halle gewesen. Zum 1.11.2002 schied der Erstbeklagte aus der Gesellschaft aus (Bl. 14 ff. GA); eine Änderung des Mietvertrages erfolgte nicht (vgl. Bl. 23 GA).
Ab dem Monat April 2003 zahlten die Beklagten den vereinbarten Mietzins von 1.866,22 EUR zzgl. Nebenkosten monatlich, der jeweils zum 3. Werktag eines Monats im Voraus fällig wurde, nicht mehr. Die Klägerin mahnte dies durch anwaltliches Schreiben unter dem 25.4.2003 an und wies dabei darauf hin, dass auch die vereinbarte Mietkaution von 1.738,40 EUR nicht gezahlt worden sei (Bl. 53 GA). Ebenfalls im April 2003 tauschte die Klägerin die Schlösser der Halle aus, um die Wegnahme von Gegenständen zu verhindern, die dem Vermieterpfandrecht unterlägen. In ihrem anwaltlichen Mahnschreiben vom 25.4.2003 wies die Klägerin darauf hin, begründete ihre Maßnahme damit, dass in einer "Nacht- und Nebelaktion" Gegenstände aus der Halle weggenommen worden seien, und bot eine vertragsgemäße Nutzung an. Unter dem 11.6.2003 erklärte sie schließlich, nachdem weiterhin keine Mietzinszahlungen erfolgt waren, die fristlose Kündigung des Mietvertrages.
Wegen der Mietzinsrückstände wurden die Beklagten von der Klägerin als Gesamtschuldner in einem gesondert geführten Rechtsstreit (3 C 234/03 AG Bingen) auf Zahlung von 4.190,65 EUR nebst Zinsen wegen der Mietzinszahlungen für April und Mai 2003 sowie rückständiger Nebenkosten in Anspruch genommen. Nachdem die Beklagten sich in jenem Rechtsstreit nicht geäußert hatten, erließ das AG Bingen dort am 17.6.2003 antragsgemäß gegen beide ein Versäumnisurteil, das auch rechtskräftig wurde.
In der vorliegenden Sache begehrte die Klägerin von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Räumung und Herausgabe des Mietobjekts. Dazu wies sie darauf hin, dass auf ihre Mitteilung der Auswechslung der Schlösser und der "Sicherstellung" der eingebrachten Sachen mit dem Angebot, die Halle wieder zugänglich zu machen, keine Reaktion durch die Beklagten erfolgt sei.
Der insolvente (Bl. 29 GA) Erstbeklagte, der im November 2002 aus der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgeschieden war und Inventargegenstände an den Zweibeklagten "verkauft" hatte (Bl. 17 GA), trat der Klage nicht unter anwaltlicher Vertretung entgegen (vgl. Bl. 11 GA). Er wurde deshalb durch Teil-Versäumnisurteil des LG vom 25.8.2003 (Bl. 42 f. GA) antragsgemäß verurteilt.
Der Zweitbeklagte erklärte hingegen formgerecht seine Verteidigungsbereitschaft, beantragte Klageabweisung und trug vor, es sei nicht zuteffend, dass eingebrachte Gegenstände in einer "Nacht- und Nebelaktion" aus der Halle entfernt worden seien. Lediglich der aus der Gesellschaft ausgeschiedene Erstbeklagte habe "einige Gegenstände" weggenommen (Bl. 23 GA). Die Klägerin habe seinen Mitarbeitern seit Mitte April 2003 den Zutritt verwehrt. Daher habe kein Anlass zu Zahlung des Mietzinses für den Monat Mai 2003 und die Folgezeit bestanden. Aus demselben Grund habe kein Grund zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses vogelegen. Das Auswechseln der Schlösser der Hallentüren stelle sich als verbotene Eigenmacht der Klägerin dar.
Das LG hat der Klage gegen den Zweitbeklagten durch streitiges Urteil stattgegeben (Bl. 73 ff. GA). Es ist davon ausgegangen, durch das rechtskräftige Versäumnisurteil des AG Bingen vom 17.6.2003 - 3 C 234/03 - stehe der Mietzinsrückstand für die Monate April und Mai 2003 fest. Daher sei der Vortrag des Zweitbeklagten, ihm sei die Nutzung der Halle verwehrt worden, nicht mehr relevant.
Gegen dieses Urteil richtete sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Zweitbeklagten mit dem Zie...