Entscheidungsstichwort (Thema)

Bankenhaftung bei Finanzierungsberatung: Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert eines Swap-Vertrags

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine beratende Bank, die selbst nicht Vertragspartner des Swap-Vertrags ist, befindet sich nicht in einem schwerwiegenden Interessenkonflikt, der in einem Zweipersonenverhältnis für das Bestehen einer Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert maßgeblich ist (vgl. u.a. BGH, 28. April 2015, XI ZR 378/13).(Rn. 32)

2. Grundsätzlich ist das Vorhandensein eines anfänglichen negativen Marktwerts eines Swap-Vertrags kein Umstand, über den die beratende Bank ihren Kunden im Rahmen der objektgerechten Beratung informieren müsste (vgl. u.a. BGH, 20. Januar 2015, XI ZR 316/13).(Rn. 34)

3. Eine Hinweispflicht im Falle der Empfehlung eines Swap-Vertrages unter dem Gesichtspunkt der objektgerechten Beratung besteht aber dann, wenn der anfänglich negative Marktwert aufgrund übermäßiger Kosten- und Gewinnbestandteile für den Kunden so ungünstig ist, dass seine Gewinnchancen und damit die Werthaltigkeit des Swaps für ihn nachhaltig beeinträchtigt werden.(Rn. 36)

 

Normenkette

BGB § 280

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 06.06.2019; Aktenzeichen 3 O 372/18)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 06.06.2019, Az. 3 O 372/18, gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 08.01.2021.

 

Gründe

I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen behaupteter Falschberatung und Aufklärungspflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Abschluss zweier Zinssatz-Swap-Verträge vom 13.03.2008 und vom 23.09.2008 (im Folgenden: Swap-Verträge) mit der ...[A] (im Folgenden: ...[A]) geltend.

Der Kläger plante im Jahr 2008 den Erwerb einer Immobilie in ...[Z], um diese zu einem Praxis- und Geschäftshaus auszubauen. Zum Zwecke der Finanzierung dieses Projekts wandte sich der Kläger an die Beklagte. Diese schlug ein Finanzierungskonzept mit einem festverzinslichen sowie zwei variabel verzinslichen Darlehen vor, wobei die variabel verzinslichen Darlehen durch Swap-Verträge des Klägers mit der ...[A] abgesichert werden sollten.

Aufgrund der Beratung und Vermittlung durch Mitarbeiter der Beklagten schloss der Kläger mit der ...[A] am 10.03.2008 einen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte (Anlage ... 4).

Am 13.03.2008 schlossen der Kläger und die ...[A] den Swap-Vertrag Nr. ...5.0 mit einem anfänglichen Bezugsbetrag von 560.000 EUR (vgl. Bestätigung, Anlage ... 5). Mit diesem Vertrag übernahm die ...[A] eine variable Zinszahlungsverpflichtung in Höhe des Sechs-Monats-Euribor. Der Kläger verpflichtete sich, an die ...[A] über die 15-jährige Laufzeit des Swap-Vertrages einen Festzinssatz von 4,660000 % p.a. aus dem jeweiligen Bezugsbetrag zu zahlen.

Am 14.03.2008 schlossen die Parteien einen Garantievertrag (Bestätigung, Anlage ... 12), mit dem die Beklagte für den Kläger eine Garantie zugunsten der ...[A] für den vorgenannten Swap-Vertrag übernahm. Die Anlage 1 zu dem Garantieauftrag enthält die Angabe: "Für den oben aufgeführten Einzelabschluss kann ein Marktwert festgestellt werden. Im Moment des Geschäftsabschlusses beträgt dieser Marktwert null".

Unter dem 07.04.2008 schlossen die Parteien den auf den Swap-Vertrag abgestimmten Darlehensvertrag Nr. ...40 über 560.000 EUR (Anlage ... 1). Dieser Vertrag weist eine variable Verzinsung mit einem Startzins von nominal 5,494 % p.a. aus, die jeweils zum 30.06. und zum 30.12. eines jeden Jahres um die Differenz angepasst wird, um die sich der Sechs-Monats-Euribor geändert hat.

Nach weiterer Beratung anhand der Präsentationsmappe "Forward-Payer-Swap" (Anlage ... 7) sowie erneute Vermittlung durch Mitarbeiter der Beklagten schlossen der Kläger und die ...[A] am 23.09.2008 einen weiteren Swap-Vertrag Nr. ...8.0 mit einem Bezugsbetrag von 900.000 EUR und einer Laufzeit von 18 Jahren (vgl. Bestätigung, Anlage ... 6). In diesem Vertrag verpflichtete sich der Kläger zur Zahlung eines festen Zinssatzes von 5,3000 % p.a. auf den jeweiligen Bezugsbetrag an die ...[A]. Dies wiederum übernahm die Verpflichtung, an den Kläger variable Zinszahlungen in Höhe des Sechs-Monats-Euribor zu leisten.

Am 24.09.2008 schlossen die Parteien einen Garantievertrag (Bestätigung, Anlage ... 13), mit dem die Beklagte für den Kläger eine Garantie zugunsten der ...[A] für den zweiten Swap-Vertrag übernahm. Die Anlage 1 zu dem Garantieauftrag enthält die Angabe: "Für den oben aufgeführten Einzelabschluss kann ein Marktwert festgestellt werden. Im Moment des Geschäftsabschlusses beträgt dieser Marktwert null".

Auf den Swap-Vertrag abgestimmt schlossen die Parteien am 29.09.2008 einen Darlehensvertrag Nr. ...75 über 900.000 EUR (Anlage ... 3) mit variabler Verzinsung, die ebenfalls anhand der Entwicklung des Sechs-Monats-Euribor als Referenzzinssatz anzupassen ist.

Im Jahr 2016 kam es zwischen den Parteien zu V...

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