Normenkette
ZPO § 127 Abs. 2, § 569 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 3 O 272/01) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2) wird der Beschluss des LG vom 12.6.2002 teilweise abgeändert, soweit dem Beklagten zu 1) eine Zahlungsverpflichtung auferlegt worden ist:
Dem Beklagten zu 1) wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt M.W. Sch., N., für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe ab 4.2.2002 ohne Zahlungsverpflichtung gewährt, soweit die Klageforderung nicht anerkannt worden ist.
Gründe
Der Beklagte zu 1) hat mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 29.1.2002 Prozesskostenhilfe beantragt. Nach Erlass eines Teilanerkenntnisurteils hat das LG bezüglich des noch anhängigen Rechtsstreits durch formlos mitgeteilten Beschluss vom 12.6.2002 beiden Beklagten Prozesskostenhilfe gewährt, und zwar dem Beklagten zu 1) unter Auferlegung einer Ratenzahlungspflicht.
Der Rechtsstreit ist durch klageabweisendes Schlussurteil vom 7.8.2002 beendet worden.
Mit Schriftsatz vom 11.11.2002 hat der Beklagte zu 1) beantragt, den Prozesskostenhilfebeschluss dahin gehend abzuändern, dass dem Beklagten zu 1) Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung bewilligt werde.
Zur Begründung hat der Beklagte zu 1) vorgetragen, über sein Vermögen sei durch Beschluss des AG Montabaur – 14 IN 32/02 – vom 17.1.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Auf entsprechende Anfrage des LG hat der Beklagte zu 1) erklärt, sein Antrag solle als Antrag nach § 120 Abs. 4 ZPO behandelt werden. Das LG hat daraufhin den Antrag durch Beschluss des Rechtspflegers vom 2.12.2002 zurückgewiesen. Der hiergegen gerichteten Beschwerde des Beklagten zu 1) hat der Rechtspfleger nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Die sofortige Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfebeschluss vom 17.1.2002 ist zulässig.
Der Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 11.11.2002 ist als sofortige Beschwerde zu behandeln. Zwar mag der Wortlaut des Antrags, mit dem verlangt wird, den Prozesskostenhilfebeschluss abzuändern, auch als Antrag nach § 120, Abs. 4 ZPO verstanden werden können. Einer solchen Auslegung steht jedoch die Begründung entgegen, dass bereits am 17.1.2002 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten eröffnet worden sei. Dieser Vortrag lässt nicht die Deutung zu, es werde eine Herabsetzung der Ratenzahlungen verlangt, weil „sich die für die Prozesskostenhilfe maßgeblichen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse geändert haben” (§ 120 Abs. 4 ZPO). Denn eine Änderung lag ganz offensichtlich nicht vor, nachdem das Insolvenzverfahren bereits vor Stellung des Prozesskostenhilfeantrages eröffnet worden war. So begehrte der Beklagte auch nicht etwa eine Aufhebung seiner Zahlungspflicht nur von einem bestimmten Zeitpunkt an, sondern deren rückwirkende Beseitigung seit Bewilligung.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der später abgegebenen Erklärung des Beklagten zu 1), es handele sich um einen Antrag nach § 120 Abs. 4 ZPO. Die rechtliche Einordnung des Rechtsbehelfs ist Sache des Gerichts. Da die nachträgliche Erklärung des Beklagten zu 1) keine neuen Tatsachen oder Anträge beinhaltete, konnte sie keine Konsequenzen für die rechtliche Wertung haben. Hier gilt nichts anderes als beispielsweise für die Anfechtung eines noch nicht rechtskräftigen Urteils mit der Erklärung des Anfechtenden, er verlange wegen zurückliegender Ereignisse eine Abänderung nach § 323 ZPO.
Der Rechtsbehelf ist innerhalb der vorgeschriebenen Frist eingelegt worden.
Die Frist beträgt einen Monat (§ 127 Abs. 2 S. 3 ZPO). Da der angefochtene Beschluss nicht förmlich zugestellt worden ist, hat die Frist mit dem Ablauf von fünf Monaten nach dem Erlass des Beschlusses zu laufen begonnen (§ 569 Abs. 1 S. 2 ZPO), d.h. fünf Monate nach dem 14.6.2002 (Bl. 57 R GA).
Zwar regelt § 569 ZPO den Fall mangelnder Zustellung unmittelbar nur für verkündete Beschlüsse; erfolgt keine Verkündung, so ist § 569 Abs. 1 S. 2 ZPO jedoch entspr. anzuwenden, wobei an die Stelle der Verkündung der Erlass, spätestens die Bekanntgabe, des Beschlusses tritt. Das entsprach für § 577 Abs. 2 ZPO a.F. (i.V.m. § 516 ZPO a.F. in entsprechender Anwendung) einer ganz überwiegenden Meinung (vgl. z.B. OLG Koblenz, Beschl. v. 6.9.1990 – 11 WF 864/90, FamRZ 1991, 100 [101]; BayObLG v. 23.1.1992 – AR 2Z 110/91, NJW-RR 1992, 597; BAG v. 30.8.1993 – 2 AZB 6/93, NJW 1994, 604 [605]; Zöller/Gummer, 22. Aufl., § 577 ZPO Rz. 10; Baumbach/Lauterbach/Albers, 59. Aufl., § 577 ZPO Rz. 4). Die Rechtslage hat sich insofern nicht geändert (so wohl auch Baumbach/Lauterbach/Albers, 60. Aufl., § 569 ZPO Rz. 3; a.A. Zöller/Gummer, 23. Aufl., § 569 ZPO Rz. 4). Der Gesetzgeber hat mit § 569 Abs. 1 S. 2 ZPO lediglich die Rechtsprechung zur entsprechenden Anwendung des § 516 ZPO a.F. (jetzt § 517 ZPO) festgeschrieben. Dass damit eine Änderung hinsichtlich des Fristbeginns bei nicht verkündeten Beschlüssen herbeigeführt werden sollte, ist nicht anzunehmen. Denn dies würde dem erkennbaren Ziel der Straffung ...