Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorprozessuale Privatgutachterkosten eines Versicherers
Leitsatz (amtlich)
Die vorprozessualen Privatgutachterkosten einer Versicherung sind nicht prozessbezogen und daher nicht erstattungsfähig, wenn das Gutachten lediglich der Prüfung der vertraglichen Einstandspflicht diente. Ein Indiz für die fehlende Prozessbezogenheit kann der erhebliche zeitliche Abstand zwischen Gutachten und Prozessbeginn sein.
Normenkette
ZPO §§ 91, 104; VVG § 49 ff.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 13.09.2007; Aktenzeichen 16 O 334/04) |
Tenor
Wegen vorprozessualer Privatgutachterkosten wird die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des LG Koblenz vom 13.9.2007 zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens (Wert: 2.473, 54 EUR) zu tragen.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Rechtspfleger hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die geltend gemachten Kosten des privaten Sachverständigen der Beklagten nicht für erstattungsfähig gehalten.
Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
1. Nach der Rechtsprechung des BGH sind die Kosten für vorprozessual erstattete Privatgutachten nur ausnahmsweise als Kosten des Rechtsstreits anzusehen. Insoweit genügt es nicht, wenn das Gutachten irgendwann in einem Rechtsstreit verwendet wird, sondern das Gutachten muss sich auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden sein. Deshalb sind diejenigen Aufwendungen, die veranlasst werden, bevor sich der Rechtsstreit einigermaßen konkret abzeichnet, nicht erstattungsfähig (BGH v. 17.12.2002 - VI ZB 56/02, MDR 2003, 413 = BGHReport 2003, 452 = NJW 2003, 1398; BGH v. 23.5.2006 - VI ZB 7/05, BGHReport 2006, 1065 = MDR 2007, 54 = NJW 2006, 2415).
Im vorliegenden Fall ist der Verdacht eines Ölschadens im Jahre 2001 der Beklagten gemeldet worden. Diese ließ sich gutachterlich beraten von dem Sachverständigen F. (Photos vom 18.10.2001; Untersuchungsbericht vom 28.11.2003; Gutachten vom 4.9.2003 sowie vom 13.2.2004).
Die Entfaltung dieser Tätigkeiten war nicht konkret prozessbezogen, sondern diente der Überprüfung der versicherungsvertraglichen Einstandspflicht. Die erste Zahlungsaufforderung mit Klageandrohung stammt erst vom 20.4.2004.
Fehlt es aber an einem konkreten Zusammenhang mit einer bevorstehenden Klage und dienen die Aufwendungen der Prüfung der vertraglichen Verpflichtung der Versicherung sind diese Aufwendungen nicht als Prozesskosten erstattungsfähig (BGH a.a.O.; Senat JurBüro 1981, 136; Rechtspfleger 1992, 129; anders bei Betrugsverdacht - Senat v. 9.12.2003 - 14 W 823/03, VersR 2004, 933 und vom 11.12.2006 - 14 W 754/06).
Die nach Klageerhebung erfolgte weitere Tätigkeit des Sachverständigen kann eine Erstattungsfähigkeit der Kosten ebenfalls nicht begründen. Während eines laufenden Verfahrens ist der Prozessbeteiligte grundsätzlich darauf verwiesen, dass die Beweise im Wege des gerichtlichen Beweisverfahrens erhoben werden. Anderes gilt nur, wenn die Partei auf einen Sachverständigen angewiesen ist, um ihrer Darlegungs- und Beweispflicht nachkommen zu können (Senat OLGReport Koblenz 2005, 224; Rpfl 2002, 483; Rpfl 1992, 129). Hier war die Beklagte für das Vorliegen des Versicherungsfalls nicht darlegungs- und beweispflichtig, sondern die Klägerin. Im Übrigen verteidigte sich die Beklagte aus vertraglichen Gründen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO
Fundstellen
Haufe-Index 1729052 |
VersR 2007, 1100 |
DS 2007, 276 |
OLGR-West 2007, 729 |