Verfahrensgang
AG Altenkirchen (Entscheidung vom 13.01.2021) |
Tenor
- Eine Sachentscheidung des Senats wird zurückgestellt.
- Der Angeklagte kann innerhalb einer Woche nach Zustellung dieses Beschlusses die Begründung seines Revisionsantrages nachholen. Die Begründung kann nur in einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Altenkirchen beim dortigen Rechtspfleger erfolgen.
Gründe
Der Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Strafrichter - Altenkirchen vom 13. Januar 2021 wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 20,00 Euro verurteilt. Hiergegen hat er am selben Tag vor der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Altenkirchen Revision eingelegt und die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt. Die entsprechende Niederschrift wurde vom Angeklagten selbst gelesen, genehmigt und unterschrieben.
Die statthafte Sprungrevision ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 312, 335 Abs. 1, 341 Abs. 1 StPO). Zwar ist die zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegte Revision nicht gegenüber dem hierfür zuständigen Rechtspfleger (§ 24 Abs. 1 Nr. 1b RPflG), sondern vor einer Geschäftsstellenbeamtin erfolgt, jedoch hat der Angeklagte das Protokoll selbst unterschrieben, so dass es als eigene schriftliche Erklärung im Sinne von § 341 Abs. 1 StPO gewertet werden kann (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. § 341 Rn. 7; OLG Koblenz, Beschl. 1 Ss 398/81 v. 20.08.1981 - MDR 1982, 166).
Die Revision ist aber innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO nicht formgerecht begründet worden. Die mit der Revisionseinlegung zu Protokoll der Geschäftsstelle zugleich erklärte Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts genügt nicht den Anforderungen des § 345 Abs. 2 StPO. Wie für die Revisionseinlegung ist auch für die Aufnahme der Revisionsbegründung gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1b) RPflG ein Rechtspfleger zuständig. Eine schriftliche Erklärung des Angeklagten ist hierfür, anders als bei der Einlegung, nicht ausreichend. Erfolgt daher die Aufnahme der Revisionsbegründung - wie hier - durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, ist sie unwirksam (OLG Dresden, Beschl. 2 OLG 23 Ss 401/15 v. 10.07.2015 - NStZ 2016, 499; OLG Köln, Beschl. 83 Ss-OWi 37/05 v. 29.09.2005 - NZV 2006, 47; BeckOK-StPO/Wiedner, 39. Ed. § 345 Rn. 38).
Die Unzulässigkeit der Revision beruht aber vorliegend nicht auf einem Verschulden des Angeklagten, sondern auf einem Fehler, welcher der Justiz zuzurechnen ist (OLG Koblenz, Beschl. 1 Ss 118/88 v. 14.03.1988 - juris; OLG Köln, aaO.). Die Geschäftsstellbeamtin wäre in Kenntnis dessen, dass der Betroffene bei ihr auch die Revisionsbegründung protokollieren lassen wollte, gehalten gewesen, auf ihre eigene Unzuständigkeit hinzuweisen und den Betroffenen für die Anbringung der Begründung an den nach § 24 Abs. 1 Nr. 1b) RPflG zuständigen Rechtspfleger zu verweisen. Den Angeklagten selbst trifft deshalb kein Verschulden an der formunwirksamen Anbringung der Begründung bei der Geschäftsstelle. In der gesetzlichen Regelung heißt es "zu Protokoll der Geschäftsstelle", ohne dass auf die Zuständigkeit des Rechtspflegers hingewiesen wird (vgl. OLG Köln aaO.; OLG Dresden aaO.).
In derartigen Fällen besteht jedoch die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. BVerfG, Beschl. 2 BvR 854/15 v. 17.02.1996 - juris; OLG Koblenz, Beschl. 2 Ws 220/18 v. 18.06.2018; 1 Ss 118/88 v. 14.03.1988 - juris; OLG Köln aaO.; OLG Dresden aaO.; OLG Düsseldorf, Beschl. 3 Ws 247/93 v. 13.05.1993 - VRS 86, 310; BeckOK-StPO/Wiedner, aaO. Rn. 38).
Diese ist von Amts wegen zu gewähren, wenn der Angeklagte binnen einer Woche nach Zustellung dieses Beschlusses die Begründung seines Revisionsantrages in der Form des § 345 Abs. 2 StPO nachholt (vgl. BeckOK-StPO/Wiedner, aaO.), das heißt mit einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Altenkirchen beim dortigen Rechtspfleger.
Fundstellen
Dokument-Index HI14950019 |