Entscheidungsstichwort (Thema)
Parteireisekosten zur Information des Anwalts und zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen
Verfahrensgang
LG Trier (Beschluss vom 15.06.2009; Aktenzeichen 11 O 118/06) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der eine weitere Kostenfestsetzung ablehnende Beschluss des LG Trier vom 15.6.2009 aufgehoben:
Die Sache wird zu ergänzender Sachaufklärung und neuer Entscheidung an das LG Trier zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu befinden hat.
2. Der Beschwerdewert beträgt 703,70 EUR.
Gründe
Die sofortige Beschwerde hat einen vorläufigen Erfolg.
Der Rechtspfleger hat zwar richtig gesehen, dass allgemeiner Prozessaufwand einer Partei nach ständiger Senatsrechtsprechung grundsätzlich nicht erstattungsfähig ist. Auch dürfte hier kein Sonderfall vorliegen, bei dem Derartiges ausnahmsweise in Betracht kommt (Partei führt in Vorbereitung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens Arbeiten durch, die ansonsten die Hilfskräfte des Sachverständigen kostenpflichtig hätten leisten müssen usw.).
Das LG hat jedoch nicht beachtet, dass der Beklagte auch Reisekosten geltend macht. Die Reisen wurden zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen und zur Information des Prozessbevollmächtigten erster Instanz durchgeführt. Hinsichtlich der Reisekosten ist folgendes zu sehen:
a. Durch die Teilnahme an einem gerichtlichen Termin veranlasste Reisekosten einer Partei sind grundsätzlich erstattungsfähig, ohne dass es darauf ankommt, ob sie anwaltlich vertreten oder ihr persönliches Erscheinen angeordnet ist. Da der Grundsatz der Mündlichkeit in einer Gerichtsverhandlung mit Rede und Gegenrede seine ureigenste Ausprägung findet und der Partei dort auch im Anwaltsprozess auf Antrag das Wort zu erteilen ist (§ 137 Abs. 4 ZPO), sind der Partei Reisekosten zu erstatten, die ihr die Anwesenheit in einem gerichtlichen Termin ermöglichen. Die persönliche Anwesenheit der Partei ist vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Gerichts, über die Güteverhandlung (§ 278 Abs. 2 ZPO) hinaus in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits hinzuwirken (§ 278 Abs. 1 ZPO), und der materiellen Prozessleitungspflicht des Gerichts, die sich insbesondere durch die Ausübung des Fragerechts in der mündlichen Verhandlung verwirklicht (§ 279 Abs. 3, § 139 ZPO), aus Gründen der Prozessökonomie vielfach sachgemäß und zielführend. Schlichtungsbemühungen des Gerichts und die erschöpfende Wahrnehmung der richterlichen Aufklärungs- und Hinweispflicht gelingen nicht selten am ehesten, wenn das Gericht unmittelbar mit den Parteien das Streitverhältnis und das Für und Wider einer einvernehmlichen Lösung in der mündlichen Verhandlung erörtert. Daher sind die durch die persönliche Teilnahme an Gerichtsterminen verursachten Reisekosten einer Partei erstattungsfähig (ständige Rechtsprechung des Senats).
Im vorliegenden Fall ist aktenkundig, dass der Beklagte bei drei mündlichen Verhandlungen, für deren Wahrnehmung er Reisekosten begehrt (Bl. 419 GA), neben seinem Prozessbevollmächtigten anwesend war (Bl. 68, 105, 160 GA). Die jeweiligen Fahrtkosten muss ihm der Kläger erstatten.
b. Gleiches kommt hinsichtlich der Kosten der Informationsreisen zum erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten in Betracht. Dass derartige Reisen durchgeführt wurden und jeweils erforderlich waren, ist indes bisher nicht belegt. Das insoweit Versäumte nachzuholen, ist zwar grundsätzlich Sache des Beklagten. Allerdings ist ebenso denkbar und ausreichend, dass sein Prozessbevollmächtigter dem Gericht die behaupteten Besprechungstermine bestätigt.
Der Senat hat den Prozessstoff geprüft und ist hiernach überzeugt, dass dem Beklagten eine ausschließlich schriftliche Information seines erstinstanzlichen Bevollmächtigten nicht zuzumuten war.
c. Hinsichtlich der Informationsreisekosten zweiter Instanz hat der Rechtspfleger richtig entschieden. Dass Rechtsanwalt B ... "ein persönliches Treffen in seiner Kanzlei anordnete" (so der Beschwerdevortrag), macht die Fahrtkosten nicht zu notwendigem Prozessaufwand. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, welcher Sachgrund in zweiter Instanz eine persönliche Besprechung erforderte, nachdem das OLG dem Kläger eine Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO angedroht hatte.
Obwohl die angefochtene Entscheidung nach alledem im Ergebnis weithin zutrifft, sieht der Senat sich außerstande, abschließend zu entscheiden, da hinsichtlich der Reisekosten für Besprechungen mit dem Bevollmächtigten erster Instanz noch Aufklärungsbedarf besteht.
Fundstellen
Haufe-Index 2308929 |
FamRZ 2010, 1104 |
JurBüro 2010, 210 |
AGS 2010, 102 |
NJW-Spezial 2010, 187 |