Verfahrensgang

LG Trier (Aktenzeichen 5 O 162/20)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 18.11.2020 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieser Beschluss und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Trier sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.135,33 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Trier vom 18.11.2020, Az. 5 O 162/20, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Zur Begründung wird zunächst auf den vorangegangenen Hinweis des Senats vom 01.02.2021 einschließlich der Darstellung des Sachverhaltes und der Berufungsanträge Bezug genommen. Auch die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 26.02.2021 rechtfertigen keine andere Entscheidung.

Zwar das prozessuale Fallenlassen der Verjährungseinrede in erster Instanz nicht ohne Weiteres mit einem materiell-rechtlichen Verzicht auf die Einrede gleichzusetzen. Insoweit bezieht sich die Beklagte zu Recht auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.11.1956. Ob die Beklagte hier auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat oder nicht, kann jedoch dahinstehen. Denn die Beklagte übersieht, dass der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung keine Aussage darüber getroffen hat, wie dies in zweiter Instanz prozessual zu handhaben ist, vielmehr sagt die Entscheidung - wie auch die Beklagte zutreffend zitiert - dass die Wiedererhebung der Einrede "von den allgemeinen Schranken der Rechtsausübung" begrenzt ist. Eine solche "allgemeine Schranke der Rechtsausübung" ist aber § 531 ZPO, der im Jahr 1956 noch nicht in Kraft war. Eine entsprechende Vorschrift ist mit § 528 ZPO a.F. erst durch Art. 1 Nr. 66 des "Gesetz(es) zur Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren" vom 03.12.1976, in Kraft getreten am 01.07.1977, in die ZPO aufgenommen worden.

Bei der (erneuten) Erhebung der Verjährungseinrede in der Berufungsinstanz handelt es sich um ein "neues" Verteidigungsmittel im Sinne des § 531 ZPO, auch wenn die Einrede in erster Instanz bereits einmal erhoben, dann aber wieder - z.B. mit Rücksicht auf die Rechtsauffassung des Erstrichters oder wegen eines gerichtlichen Hinweises auf die beabsichtigte Zurückweisung - fallen gelassen worden war (Musielak/Voit/Ball, 17. Aufl. 2020, ZPO § 531 Rn. 14a; BeckOK ZPO/Wulf, Stand 01.12.2020, § 531 Rn. 10; BGH, Urteil vom 31.05.2017, VIII ZR 69/16, NJW 2017, 2288). Die in der Berufungsinstanz neu erhobene Einrede muss sich deshalb an den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO messen lassen, denn für die Überprüfung des Ersturteils soll dessen Tatsachengrundlage nur insoweit nicht verbindlich sein, als Zweifel an ihrer Vollständigkeit oder Richtigkeit bestehen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1) oder als der Vortrag von Angriffs- und Verteidigungsmitteln aus Gründen unterblieben ist, die der Partei nicht anzulasten sind (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO iVm § 531 Abs. 2). Eine Ausnahme ist lediglich für unstreitiges neues Vorbringen zu machen (vgl. Musielak/Voit/Ball, 17. Aufl. 2020, ZPO § 531 Rn. 16 mwN). Von letzterem ist hier nicht auszugehen, da die Voraussetzungen für den Beginn der Verjährungsfrist zwischen den Parteien streitig sind.

Die Beklagte hat jedoch keinerlei Vortrag dazu gehalten, aus welchen Gründen ihr neues Vorbringen in der Berufungsinstanz gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen sein sollte. Derartige Tatsachen sind, soweit die Berufung mit neuen Angriffs- und Verteidigungsmitteln begründet wird, gemäß § 520 Abs. 3 Nr. 4 ZPO grundsätzlich schon in der Berufungsbegründung zu bezeichnen (vgl. Musielak/Voit/Ball, 17. Aufl. 2020, § 531 ZPO Rn. 20 und § 520 ZPO Rn. 36 f.; MüKoZPO/Rimmelspacher, 6. Aufl. 2020, ZPO § 520 Rn. 69). Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erst mit Schriftsatz vom 26.02.2021 erneut erhoben, so dass schon bezweifelt werden kann, ob dies noch rechtzeitig im Sinne von § 296 ZPO ist. Jedenfalls aber macht die Beklagte auch in diesem Schriftsatz keine Ausführungen zu den Voraussetzungen der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO, weshalb ihr diesbezügliches Vorbringen nicht zu berücksichtigen ist.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, §§ 47, 48 GKG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14677920

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