Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung. Vorlage zur Herbeiführung eines Rechtsentscheids
Verfahrensgang
AG Betzdorf (Aktenzeichen 3 C 396/94) |
LG Koblenz (Aktenzeichen 6 S 372/94) |
Tenor
Ein Rechtsentscheid ergeht nicht.
Tatbestand
I.
Der Beklagte hatte zusammen mit seiner Ehefrau von den Klägern eine Wohnung gemietet. Während des bestehenden Mietverhältnisses teilte der Beklagte den Klägern mit, daß er sich von seiner Ehefrau scheiden lassen wolle und daher aus der Wohnung ausziehen werde.
Nachdem ab März 1994 keine Mietzahlungen mehr erfolgten, kündigten die Kläger das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs und verlangten Räumung und Herausgabe der Wohnung. Da ihrem Verlangen keine Folge geleistet wurde, erhoben sie gegen den Beklagten und seine Ehefrau Räumungsklage beim zuständigen Amtsgericht. Vor Rechtshängigkeit der Klage hatte der Beklagte eine eigene Wohnung angemietet und bezogen.
Das Amtsgericht hat gemäß Klageantrag sowohl die Ehefrau als auch den Beklagten zur Räumung und Herausgabe der Mietwohnung verurteilt.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt. Da die Wohnung inzwischen geräumt an die Kläger herausgegeben worden ist, haben diese den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte beantragt weiter Klageabweisung. Er vertritt, wie schon vor dem Amtsgericht, unter Berufung auf einen Rechtsentscheid des OLG Schleswig vom 25. Juni 1982 die Auffassung, der gegen ihn gerichteten Räumungsklage habe das Rechtsschutzbedürfnis gefehlt, da er die Wohnung vor Rechtshängigkeit endgültig verlassen und dies den Klägern anläßlich eines Besuchs in seiner neuen Wohnung auch mitgeteilt habe.
Das Landgericht als Berufungsgericht ist mit dem Amtsgericht der Ansicht, daß auch der Beklagte Schuldner des geltend gemachten Räumungs- und Herausgabeanspruchs gewesen sei. Die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen, sieht die Kammer sich jedoch durch den Rechtsentscheid des OLG Schleswig vom 25. Juni 1982 (Weber/Marx, Rechtsentscheide zum Wohnraummietrecht, Sammelband der Jahre 1968 – 1991 Nr. 44 Seite 121 = NJW 1982, 2672 = WM 1982, 264 = ZMR 1983, 15 = MDR 1982, 1019) gehindert. Sie hat daher beschlossen:
„In Sachen … wird gemäß § 541 ZPO eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz eingeholt”.
Entscheidungsgründe
II.
Ein Rechtsentscheid ergeht nicht, da kein zulässiger Vorlagebeschluß des Landgerichts vorliegt.
1. Gemäß § 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann das Landgericht einen Rechtsentscheid nur zu einer bestimmten Rechtsfrage, die sich aus einem Mietvertragsverhältnis über Wohnraum ergibt oder den Bestand eines solchen Mietverhältnisses betrifft, herbeiführen. Die zur Beantwortung gestellte Rechtsfrage muß im Vorlagebeschluß, losgelöst von dem konkreten Sachverhalt, genau formuliert werden (Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Auflage, § 541 III Rn. 19; MünchKommZPO-Rimmelspacher, § 541 Rn. 26; Zöller/Gummer, ZPO, 19. Auflage, § 541 Rn. 49). Diese Zulässigkeitsvoraussetzung ist nicht erfüllt. Eine ausdrückliche Fragestellung ist weder im Tenor noch in den Gründen des Vorlagebeschlusses enthalten.
2. Zwar wäre vorliegend eine Ermittlung der zu entscheidenden Rechtsfrage durch Auslegung der Gründe des Beschlusses in Betracht zu ziehen. Aus der mitgeteilten Rechtsauffassung des Landgerichts verbunden mit der Bezeichnung des Rechtsentscheids des OLG Schleswig, durch den die Kammer sich an einer ihrer Ansicht entsprechenden Entscheidung gehindert sieht, ließe sich entnehmen, daß das Landgericht zu der vom OLG Schleswig beantworteten Rechtsfrage eine gegensätzliche Auffassung vertritt und deswegen im Wege der Divergenzvorlage (§ 541 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO) über dieselbe Rechtsfrage einen weiteren Rechtsentscheid herbeiführen will. Die Rechtsfrage wäre dann wie folgt zu formulieren:
Kann bei Beendigung eines Wohnraummietverhältnisses mit mehreren gesamtschuldnerisch verpflichteten Mietern ein Mitmieter auf Rückgabe der Wohnung in Anspruch genommen werden, wenn er den Besitz an der Wohnung endgültig aufgegeben und den Vermieter davon in Kenntnis gesetzt hat?
Aber auch mit einem solchen Auslegungsergebnis kann die Zulässigkeit des Vorlagebeschlusses nicht erreicht werden, da die Entscheidungserheblichkeit dieser Rechtsfrage für den Senat nicht feststellbar ist. Die Entscheidungserheblichkeit, wenn auch im Wortlaut des § 541 Abs. 1 ZPO nicht ausdrücklich erwähnt, ist weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit der Vorlage. Sie ist auf Grundlage der vom vorlegenden Gericht vertretenen Rechtsauffassung, seiner Tatsachenfeststellung und -würdigung im Vorlagebeschluß darzulegen (OLG Koblenz Beschlüsse vom 16. Februar 1983 – 4 W RE 497/82, 24. Februar 1984 – 4 W RE 668/83, 8. April 1987 – 4 W RE 181/87 –; Stein/Jonas/Grunsky a.a.O. § 541 II Rn. 8 und 21; MünchKommZPO-Rimmelspacher § 541 Rn. 26; Zöller/Gummer a.a.O. § 541 Rn. 18 und 46).
Die Entscheidungserheblichkeit der formulierten Rechtsfrage setzt die Beantwortung...