Leitsatz (amtlich)

Zu den tatsächlichen Voraussetzungen für die Auflösung der formalen Blockadeposition des Inhabers einer nachrangigen und nicht werthaltigen (Brief-)Grundschuld (sog. Lästigkeitswert).

 

Normenkette

BGB § 242; InsO § 129 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 5 O 104/12)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug wird abgelehnt.

 

Gründe

Die beabsichtigte Berufung des Klägers gegen das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Koblenz vom 15.8.2014 (Bl. 187 ff. GA) bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§§ 114 Satz 1, 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des E. in W. (Insolvenzschuldner); das Insolvenzverfahren wurde am 18.4.2007 wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet. Der Insolvenzschuldner war Geschäftsführer der S. GmbH in W., deren Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss des AG Montabaur vom 3.6.2004 mangels Masse abgelehnt worden war.

Der Insolvenzschuldner ist Eigentümer zweier landwirtschaftlicher Flächen in W. (Flur 5 Flurstücke 19/2 und 19/4); hieran hatte er mit notariellen Urkunden vom 4.3.2003 u.a. jeweils Eigentümerbriefgrundschulden über 25.000 EUR respektive 20.000 EUR bestellt; die Eintragung im Grundbuch erfolgte jeweils am 14.5.2003. Mit notariellen Urkunden ebenfalls vom 4.3.2003 hatte der Insolvenzschuldner - zur nachträglichen Besicherung von Forderungen gegen die S. GmbH - die Grundschulden an die Rechtsvorgängerin der Beklagten abgetreten; die Aushändigung der (Original-)Grundschuldbriefe erfolgte Ende Juni 2003; eine Eintragung der Abtretung im Grundbuch erfolgte nicht. Auf den genannten Grundstücken ist jeweils vorrangig eine - voll valutierende - Grundschuld für die Kreissparkasse Westerwald über 300.000 DM/153.387,56 EUR eingetragen; hierdurch waren die Grundstücke seit jeher wertausschöpfend belastet. Im Insolvenzverfahren hat die Beklagte keine Insolvenzforderung angemeldet und auch kein Absonderungsrecht geltend gemacht.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger, der die Abtretung der Grundschulden angefochten hat, von der Beklagten die Bewilligung der Löschung der genannten - auf dem Flurstück 19/4 lastenden - Grundschulden sowie die Herausgabe der betreffenden Eigentümergrundschuldbriefe. Das LG hat die Klage abgewiesen. Hiergegen beabsichtigt der Kläger Berufung einzulegen; er hat auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug angetragen.

II. Das angefochtene Urteil wird im Ergebnis den Rügen der Berufung standhalten.

Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Aufgabe der (Fremd-)Grundschulden (vgl. BGH NJW 2013, 1676 Tz. 16 zum Erklärungsinhalt der Löschungsbewilligung) besteht weder unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung (§ 143 Abs. 1 i.V.m. §§ 129 Abs. 1, 133 Abs. 1, 134 Abs. 1 InsO) noch des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB). Demzufolge scheidet auch ein Folgeanspruch des Klägers auf Herausgabe der Grundschuldbriefe (§§ 371, 952 Abs. 1 und 2, 985 BGB) aus.

1. Der Kläger vermag schon eine objektive Benachteiligung der Insolvenzgläubiger als Voraussetzung jedes insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestandes i.S.d. § 129 InsO nicht darzutun.

a) Eine - vom Insolvenzverwalter darzulegende und gegebenenfalls zu beweisende - objektive Gläubigerbenachteiligung setzt voraus, dass eine Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, sich somit die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH WM 2014, 226 Tz. 7; ZIP 2015, 42 Tz. 22). Die Veräußerung oder Belastung von bereits wertausschöpfend belasteten Grundstücken wirkt regelmäßig nicht (mehr) gläubigerbenachteiligend, weil ein solcher Gegenstand im Insolvenzfall allein zur abgesonderten Befriedigung der gesicherten Gläubiger gedient hätte (§§ 49 ff. InsO) und an die die Insolvenzgläubiger im Allgemeinen nichts mehr hätte verteilt werden können (BGH NJW-RR 2004, 1493 Tz. 23 f.; OLG Frankfurt, Urt. v. 14.12.2011 - 4 U 28/11 - juris Tz. 13; MünchKomm/InsO/Kayser, 3. Aufl. 2013, § 129 Rz. 109). In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist allerdings zum - hier vorliegenden - Fall der Bestellung (Abtretung) einer nachrangigen Grundschuld anerkannt, dass dem sog. "Lästigkeitswert" eine wirtschaftliche Bedeutung mit gläubigerbenachteiligender Tendenz zukommen kann. Hierunter wird die formale Blockadeposition verstanden, die es dem Inhaber einer nachrangigen Grundschuld auch bei einem vorrangig bereits wertausschöpfend belasten Grundstück erlaubt, sich die Zustimmung zum freihändigen Verkauf des Grundstücks durch die anderen Gläubiger "abkaufen" zu lassen (vgl. OLG Hamburg WM 2001, 2124 ff.; OLG Frankfurt, a.a.O., Tz. 14; Uhlenbrock/Hirte, Insolvenzordnung, 13. Aufl. 2010, § 129 Rz. 103A). Als Gegenleistung für die Löschung eines nachrangigen und ...

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