Leitsatz (amtlich)
Besteht ein Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen eines Pkw's, so kann die Höhe des Anspruchs unter Berücksichtigung der richterlichen Freischätzung gem. § 287 ZPO nach der Formel Gebrauchsvorteil = (Bruttoverkaufspreis × gefahrene Kilometer): erwartete Gesamtfahrleistung bestimmt werden. Es sind nicht die Berechnungsansätze der Schwacke-Liste in Anwendung zu bringen.
Normenkette
BGB § 812 Abs. 1, § 988
Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 23.10.2013; Aktenzeichen 3 O 30/12) |
Tenor
1) Die Berufung der Klägerin gegen das Schlussurteil der 3. Zivilkammer des LG Mainz - Einzelrichter - vom 23.10.2013 wird zurückgewiesen.
2) Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3) Das vorbezeichnete Urteil des LG Koblenz ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Senat hat gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO mit Hinweisbeschluss vom 17.3.2014 (GA 391 ff.) darauf hingewiesen, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Auch sind die offensichtlichen Erfolgsaussichten der Berufung verneint worden. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf vorbezeichneten Hinweisbeschluss Bezug.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 30.4.2014 (GA 416 ff.) der Zurückweisung der Berufung in Anwendung des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO widersprochen. Die Ausführungen geben dem Senat zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.
Der Senat hat in seinem Hinweisbeschluss ausgeführt, dass das LG zu Recht der Klägerin einen Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen des Pkw's für die Zeit ab dem Tod des Sven K., dem 4.8.2011, bis zum 11.2.2012 gem. §§ 988, 812 Abs. 1 BGB und für die Zeit nach Rechtshängigkeit vom 12.1.2012 bis 21.6.2013 gem. § 987 zugesprochen habe. Zutreffend habe es bei der Bemessung des Wertersatzes der Eigennutzung eines Pkw's im Rahmen von § 987 Abs. 1 und § 988 BGB auf die zu § 346 BGB entwickelten Grundsätze abgestellt. Unter Berücksichtigung der richterlichen Freischätzung nach § 287 ZPO sei der ausgleichpflichtige Gebrauchsvorteil nach der Formel:
Gebrauchsvorteil = (Bruttoverkaufspreis × gefahrene Kilometer): erwartete Gesamtfahrleistung zu bestimmen.
Die Klägerin wendet hiergegen in ihrem dem Hinweisbeschluss widersprechenden Schriftsatz ein, dass die Verfahren, in denen die vorstehende Formel Anwendung gefunden habe, einen kaufrechtlichen Sachverhalt zum Gegenstand gehabt hätten (unter Bezugnahme auf OLG Koblenz, Urt. v. 16.4.2009 - 6 U 574/08, NJW 2009, 3519; OLG Karlsruhe, Urt. v. 7.3.2003 - 14 U 154/01, NJW 2003, 1950; OLG Hamm, Urt. v. 8.9.1988 - 28 U 14/88, NJW-RR 1989, 55). Vorliegend sei aber keine kaufrechtliche Konstellation gegeben. Die Klägerin habe es nicht selbst in Händen, ob, wann und wie lange sie der Nutzbarkeit des Pkw's verlustig werde. Dies habe allein von der Beklagten abgehangen. In den zitierten Entscheidungen hingegen habe der Käufer im Rahmen der Gewährleistung selbst bestimmt, ob wann und wie lange er sich seiner Nutzungsmöglichkeit entledige. Der im vorliegenden Verfahren zu entscheidende Sachverhalt lehne sich eher am Verkehrsschadensrecht an. Dort werde durch den Schädiger bzw. durch eine durch ihn begangene Handlung die Möglichkeit des ununterbrochenen Gebrauchs des eigenen Fahrzeugs verhindert. Eine Bemessung des Nutzungsausfalls anhand der Schwacke-Liste sei in jenen Bereichen unstreitig (unter Bezugnahme auf OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.3.1993 - 22 U 274/93, OLGReport Düsseldorf 1993, 193 f.).
Der Senat hält an der Auffassung fest, dass das der Klägerin zustehende Nutzungsentgelt nicht anhand der Schwacke-Liste zu bemessen ist, sondern gem. § 287 ZPO nach der vorgenannten Berechnungsformel.
Die Klägerin hat keine Möglichkeit zur Nutzung des Pkw's eingebüßt, weil sie vor dem Eintritt des Todes ihres Ehemanns unstreitig nicht im Besitz des Pkw's war. Der Senat hat in seinem Hinweisbeschluss dargelegt, dass die Beklagte nicht bösgläubig i.S.d. § 990 BGB war und damit nicht der verschärften Haftung nach § 990 BGB unterliegt.
Der Hinweis auf die zitiere Entscheidung des OLG Düsseldorf ist unergiebig, da es dort um einen Sachverhalt ging, bei dem dem Käufer bei Erwerb eines Gebrauchtfahrzeugs ein Vorschaden arglistig verschwiegen worden war. Eine vergleichbare Situation hat hier nicht vorgelegen, da der Beklagten ein solcher Vorwurf oder ein bösgläubiges Verhalten nicht angelastet werden kann. Im Übrigen betrug die Reparaturzeit in dem Fall, der der Entscheidung des OLG Düsseldorf zugrunde lag, nur 5 Arbeitstage, während hier die Klägerin ein Nutzungsausfallentgelt für die Zeit vom 4.8.2011 bis 21.6.2013 von kalendertäglich 50 EUR, im Berufungsverfahren aber beschränkt auf 16.000 EUR statt 34.350 EUR (BB 4/5, GA 356 f.), begehrt. Bei einem so langen Zeitraum ist es sachgerecht, den Nutzungsausfallschaden nach vorstehender Formel un...