Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Abgrenzung des Parteiwechsels von der Rubrumsberichtigung im Arzthaftungsprozess
Leitsatz (amtlich)
Auch im Arzthaftungsprozess ist die Bezeichnung einer Partei auslegungsfähig. Entscheidend ist nicht das erkennbar fehlerhaft Verlautbarte, sondern das ersichtlich Gewollte. Soll im Arzthaftungsprozess nach dem Gesamtzusammenhang des Klagevorbringens zweifelsfrei der Träger des Krankenhauses in Anspruch genommen werden, in dem die behauptete Fehlbehandlung erfolgte, kann die Fehlbezeichnung dieses Trägers nach § 319 ZPO berichtigt werden (Fortführung von OLG Koblenz, Urteil vom 20.11.2008, 5 U 688/08).
Normenkette
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 1, §§ 263-264, 269, 319
Verfahrensgang
LG Trier (Beschluss vom 20.04.2015; Aktenzeichen 4 O 12/15) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1. gegen den Berichtigungsbeschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 20.04.2015 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
Das nach § 319 Abs. 3 ZPO statthafte und in der Frist des § 569 Abs. 1 ZPO eingelegte Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die streitige Rubrumsberichtigung, in deren Zuge die Daten der Beklagten zu 1. geändert wurden, war rechtens.
Gegenstand der Klage waren von vornherein Ansprüche des Klägers im Zusammenhang mit dessen Operation in der neurochrirurgischen Abteilung eines bestimmten Versorgungszentrums, dessen Träger die nunmehr vom Landgericht in das Rubrum aufgenommene Beklagte zu 1. ist. Freilich hatten der Kläger in der Klageschrift und darauf aufbauend auch das Landgericht in seinem nachfolgenden, zum Zweck der Kostenberechnung gefassten Streitwertbeschluss angenommen, dass die Trägerschaft bei einer anderen Person liege und es deshalb im hiesigen Rechtsstreit um deren Haftung gehe. Das war jedoch evident irrtümlich und deshalb ohne Weiteres vor dem Hintergrund des § 319 ZPO zu korrigieren.
Es ist anerkannt, dass die Frage, wer Prozesspartei ist, nicht nach der förmlichen Bezeichnung in der Klageschrift, sondern aus dem Gesamtkontext zu beantworten ist. Dabei ist auch die Perspektive der Gegenseite zu berücksichtigen und späteren Prozessvorgängen Rechnung zu tragen (BGH NJW-RR 2006, 1569; BGH NJW-RR 2009, 854). Werden, wie dies im vorliegenden Fall geschehen ist, Haftpflichtansprüche erhoben, ist grundsätzlich diejenige Person als beklagte Partei aufzufassen, die erkennbar in der reklamierten Verantwortlichkeit steht (BGH NJW 1987, 1946; vgl. auch BGH NJW 1981, 1453). Das gilt unabhängig davon, ob die Klageschrift fälschlich eine nicht existente oder eine existente andere Person benennt (OLGR Köln 1999, 79).
Im Hinblick darauf hat der angefochtene Beschluss Bestand. Dass die in der Klageschrift angegebene Erstbeklagtenpartei in die Haftung genommen werden sollte, lag zu keiner Zeit in der materiellen Intention des Klägers. Das sah man auch sogleich auf Beklagtenseite. Die Klageerwiderungsschrift verhielt sich zur Rechtsträgerschaft für das Versorgungszentrum, in dem sich der Kläger befunden hatte, und zeigte dabei die Rolle der insoweit vom Kläger irrig benannten Person und die der in Wahrheit betroffenen, in ihrem Kernnamen gleichartigen Person auf.
Nach alledem ist das Rechtsmittel mit dem Kostenausspruch gemäß Nr. 1812 GKG-KV und § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Der Wert der Beschwerde richtet sich nach dem mit ihr verfolgten Interesse, nämlich der Belastung des Klägers mit den bisher für die prozessuale Rechtsverteidigung auf Seiten der Beklagten zu 1. entstandenen außergerichtlichen Kosten. Diese Kosten hätte der Kläger nach § 269 Abs 3 Satz 2 ZPO tragen müssen, wenn das Rubrum nicht berichtigt worden wäre und es deshalb eines Parteiwechsels bedurft hätte.
Fundstellen
Haufe-Index 8404916 |
MDR 2015, 1323 |
VersR 2016, 347 |
GesR 2015, 633 |