Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsfähigkeit der durch Anwaltswechsel verursachten Mehrkosten nach einem selbstständigen Beweisverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass ein Beteiligter sich im Hauptprozess durch einen anderen Anwalt als im vorausgegangenen selbstständigen Beweisverfahren vertreten lässt, sind in der Regel nicht erstattungsfähig

 

Normenkette

ZPO § 91

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 1 O 381/98)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Koblenz vom 3.2.2000 geändert und wie folgt neu gefasst:

Nach dem Urteil des LG Koblenz vom 9.7.1999 werden die von dem Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 1.425,22 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.7.1999 festgesetzt.

2. Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens (Wert: 329,26 DM) hat der Kläger zu tragen.

 

Gründe

Nachdem der Kläger durch Mainzer Rechtsanwälte bei dem AG Andernach (Landgerichtsbezirk Koblenz) einen Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens gestellt hatte (AG Andernach 6 H 19/98), schaltete er für die später bei dem LG Koblenz erhobene Klage dort zugelassene Prozessbevollmächtigte ein. Die durch den Anwaltswechsel entstandenen (anteiligen) Mehrkosten von 329,26 DM hat die Rechtspflegerin als erstattungsfähig anerkannt und zur Begründung ausgeführt, wegen des Wechsels in der Gerichtszuständigkeit sei auch der Anwaltswechsel notwendig gewesen (vgl. Bl. 170/171 GA).

Dagegen wendet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten mit Erfolg.

Der erkennende Senat hat seinem Beschluss vom 13.12.1993 – 14 W 775/93(OLG Koblenz v. 13.12.1993 – 14 W 775/93, MDR 1994, 629 = Rpfleger 1994, 317 = AnwBl 1994, 248) folgenden Leitsatz vorangestellt:

„Beantragt der Kläger im Bezirk des späteren Prozessgerichts ein selbstständiges Beweisverfahren und bedient er sich dabei eines auswärtigen Rechtsanwalts, der im anschließenden Hauptsacheverfahren nicht postulationsfähig ist, so ist der Anwaltswechsel nicht notwendig i.S.v. § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO. Die Kosten der Zuziehung eines zweiten Anwalts sind daher nicht erstattungsfähig.”

Dieser Auffassung sind mittlerweile das OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf v. 24.5.1994 – 10 W 63/94, MDR 1994, 949 = OLGR Düsseldorf 1995, 47; v. 27.2.1997 – 10 W 21/97, MDR 1997, 789 = NJW-RR 1997, 1431 = OLGR Düsseldorf 1997, 245) sowie das OLG München in seiner von der sofortigen Beschwerde zitierten Entscheidung vom 6.4.1999 (OLG München v. 6.4.1999 – 11 W 1200/99, NJW-RR 1999, 657 = MDR 1999, 893 = OLGR München 1999, 178) gefolgt.

Auf die Begründungen der veröffentlichten Entscheidungen wird statt Wiederholung verwiesen.

Ob von diesen Rechtsprechungsgrundsätzen eine Ausnahme zu machen ist, wenn der Antragsteller davon ausgehen durfte, das Hauptsacheverfahren werde in die amtsgerichtliche Zuständigkeit fallen und sich erst durch das in dem selbstständigen Beweisverfahren erstattete Gutachten herausstellt, dass die Mängelbeseitigungskosten die sachliche Zuständigkeit des AG übersteigen (so das OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 1611 abgedruckten Entscheidung), kann dahinstehen. Denn ein derartiger Ausnahmefall ist hier nicht gegeben. Der Kläger hatte für die nach seiner Auffassung wertlosen Arbeiten der Beklagten im Juli 1997 6.716,74 DM (Bl. 3 GA) und im März 1998 Materialkosten von 3.606,75 DM (Bl. 4 GA) gezahlt, was in der Summe mehr als 10.000 DM sind (vgl. § 23 Nr. 1 GVG). Bei dieser Sachlage war absehbar, dass ein Hauptsacheverfahren nicht in die sachliche Zuständigkeit des AG fallen würde. Eine auf kostensparende Prozessführung bedachte Partei hätte daher schon den Antrag im selbstständigen Beweisverfahren durch beim LG Koblenz zugelassene Rechtsanwälte gestellt. Der Anwaltswechsel war demnach nicht notwendig. Der Betrag, den der Kläger der Beklagten zu erstatten hat, musste daher um die von der Rechtspflegerin abgezogenen 329,26 DM erhöht werden.

Da der Kläger im Beschwerdeverfahren umfassend unterlegen ist, hat er die hier entstandenen außergerichtlichen Kosten zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO). Gerichtskosten sind für die erfolgreiche Beschwerde nicht zu erheben.

Richter am OLG Kaltenbach ist in Urlaub und daher gehindert, seine Unterschrift beizufügen

Weller Becht

 

Fundstellen

Haufe-Index 1111410

JurBüro 2002, 253

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