Verfahrensgang

AG Betzdorf (Entscheidung vom 30.04.2008; Aktenzeichen 5 F 80/08.PKH I)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Betzdorf vom 30. April 2008 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenpflichtig.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage auf Zahlung von Trennungs- und Kindesunterhalt. Ein Scheidungsverfahren ist derzeit nicht anhängig.

Die Parteien hatten kurze Zeit nach der Eheschließung eine notarielle Vereinbarung geschlossen, in der sie u.a. wechselseitig auf die Zahlung nachehelichen Unterhalts verzichteten. Der notarielle Vertrag enthält unter Ziffer II. folgende Regelung:

"Im Gegenzug zu dem vorstehend vereinbarten Unterhaltsverzicht verpflichtet sich der Ehemann, im Falle der rechtskräftigen Scheidung der Ehe, der Ehefrau einen einmaligen Betrag in Höhe von DM 50.000,00 zu zahlen. Der Betrag ist zinslos fällig und zahlbar innerhalb von 6 Monaten nach Rechtskraft der Scheidung."

Als "Abschlag" auf diese Verpflichtung zahlte der Antragsgegner an die Antragstellerin im März 2008 einen Betrag in Höhe von 10.000,00 EUR.

Das Amtsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit der Antragstellerin abgelehnt. Hiergegen richtet sich ihre sofortige Beschwerde.

II.

Die nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Das Amtsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt, weil die Antragstellerin nicht bedürftig im Sinne des § 114 ZPO ist.

Die Antragstellerin muss den vom Antragsgegner gezahlten Betrag in Höhe von 10.000,00 EUR für die Finanzierung der Prozesskosten einsetzen. Nach Abzug des der Antragstellerin zustehenden Schonvermögens (§ 115 Abs. 3 S. 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) verbleibt ein Betrag von 7.143,00 EUR, mit dem die Prozesskosten gedeckt werden können.

Der Betrag von 10.000,00 EUR ist nicht dem Einkommen, sondern dem Vermögen der Antragstellerin zuzurechnen. Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten, Unterhaltsabfindungen seien Bestandteil des Einkommens und auf den Zeitraum, für den sie gezahlt worden seien, umzulegen (Musielak/Fischer, ZPO, 6. Aufl., Rn. 3 zu § 115 ZPO; wohl auch: Zimmermann, Prozesskostenhilfe, 3. Aufl., Seite 67; OLG Nürnberg, MDR 2008, 405).

Vorliegend kann offen bleiben, ob die notariell vereinbarte Gegenleistung für einen Unterhaltsverzicht rechtlich wie eine Unterhaltsabfindung behandelt werden kann, Hiergegen spricht, dass die Gegenleistung wohl auch dann geschuldet wird, wenn ein Anspruch auf Zahlung nachehelichen Unterhalts im konkreten Fall bei Rechtskraft der Scheidung nicht besteht. Jedenfalls ist eine Behandlung als Einkommensbestandteil deshalb ausgeschlossen, weil der gezahlte Betrag nicht den allgemeinen Lebensbedarf der Antragstellerin im gegenwärtigen, für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Zeitraum decken soll (vgl. hierzu Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rn. 315), sondern allenfalls einen ungewissen künftigen Bedarf, wenn es zur Scheidung der Ehe kommen sollte.

Damit ist der gezahlte Betrag Bestandteil des Vermögens der Antragstellerin, dessen Einsatz für die Prozesskosten vorliegend nach § 115 Abs. 3 ZPO zumutbar ist.

Der Einsatz von Kapitalvermögen, das das Schonvermögen übersteigt, ist dann nicht mehr zumutbar, wenn hierdurch die für den notwendigen Unterhalt erforderlichen Mittel beeinträchtigt werden (OLG Koblenz, 9. Zivilsenat, FamRZ 2001, 631; OLG Koblenz, 15. Zivilsenat, FamRZ 1987, 1284; OLG Nürnberg, FamRZ 1995, 942; OLG Celle, Rechtspfleger 2005, 320; Zimmermann, a.a.O., Seite 67; Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., Rn. 5 zu § 115 ZPO).

Dies ist hier nicht der Fall. Die Antragstellerin ist der Auffassung, sie könne nicht auf den Einsatz des Vermögens verwiesen werden, weil nicht feststehe, wie sich die Betreuungssituation hinsichtlich der jetzt 4-jährigen Tochter der Parteien nach Rechtskraft der Scheidung darstellen werde. Sie wisse nicht, ob sie die derzeit ausgeübte Erwerbstätigkeit fortsetzen könne. Damit steht weder fest, ob es tatsächlich zur Scheidung kommen wird, noch, ob der Kapitalbetrag tatsächlich zur Deckung des notwendigen Unterhalts benötigt wird.

In dieser ungeklärten Situation muss die Antragstellerin ihr Barvermögen für den Prozess einsetzen und hat keinen Anspruch darauf, dass der Prozess durch die Staatskasse finanziert wird. Insoweit besteht kein Unterschied zu einem Antragsteller, der einen vorhandenen Geldbetrag zur Deckung eines möglichen künftigen Bedarfs, beispielsweise zur Altersvorsorge, zurücklegen will.

Die Tatsache, dass der Antragsgegner die Zahlung an die Antragstellerin geleistet hat, obwohl die Bedingung für die Zahlungsverpflichtung (Rechtskraft der Scheidung) noch nicht eingetreten ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Antragsteller...

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