Leitsatz (amtlich)
1. Auch nach streitloser Hauptsacheregelung ist in einer Unterhaltssache die (isolierte) Kostenentscheidung nach § 243 FamFG zu treffen. Jedoch sind im Rahmen der Ermessensprüfung des § 243 FamFG die Rechtsgedanken zu berücksichtigen, die den verdrängten ZPO-Vorschriften zugrunde liegen.
2. Nach Wegfall der Voraussetzungen für eine Verfahrensstandschaft nach § 1629 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist ein Unterhaltsabänderungsantrag gegen das Kind zu richten, auch wenn der abzuändernde Unterhaltstitel von einem Elternteil in Verfahrensstandschaft erwirkt und bislang noch nicht auf das Kind umgeschrieben wurde (Anschluss an OLG Hamm FamRZ 1990, 1375).
Normenkette
BGB § 1629 Abs. 3 S. 1; FamFG § § 238 f., § 243; ZPO §§ 91 ff.
Verfahrensgang
AG Bad Neuenahr-Ahrweiler |
Tenor
Die Sache wird dem AG - Familiengericht - Bad Neuenahr-Ahrweiler zur Durchführung des Nicht-/Abhilfeverfahrens betreffend der sofortigen Beschwerden beider Beteiligten zurückgegeben.
Gründe
I. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG - Familiengericht - B. die Kosten des übereinstimmend für erledigt erklärten Unterhaltsverfahrens zwischen den Beteiligten gegeneinander aufgehoben. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde; die Antragsgegnerin hat sich diesem Rechtsmittel abgeschlossen. Das Familiengericht hat die Rechtsmittel durch Verfügung vom 02.05.2016 "UmA" dem Senat vorgelegt.
II. Die Sache war dem Familiengericht zurückzugeben, da ein ordnungsgemäßes Nicht-/Abhilfeverfahren nach Aktenlage nicht ersichtlich ist.
Die angefochtene Entscheidung unterliegt als isolierte Kostenentscheidung nach streitloser Hauptsacheregelung in einer Familienstreitsache der sofortigen Beschwerde nach den §§ 113 Abs. 1 FamFG, 567 ff. ZPO anfechtbar. Folglich hat das Familiengericht ein Nicht-/Abhilfeverfahren durchzuführen (vgl. BGH FamRZ 2011, 1933 und OLG Schleswig FamRZ 2014, 963).
Abgesehen davon, dass die Nichtabhilfeentscheidung nach herrschender Meinung in der Form eines Beschlusses zu ergehen hat (vgl. MünchKomm-ZPO/Lipp 4. Aufl. 2012 § 572 Rn. 12 m. w. Nw.), muss sich aus der Nichtabhilfeentscheidung zumindest ergeben, dass sich das Untergericht mit der sofortigen Beschwerde und den dort angeführten Einwendungen auseinandergesetzt hat; es muss also die Gründe für seine Entscheidung, d.h. für die Nichtabhilfe, offenlegen (vgl. MünchKomm-ZPO/Lipp aaO. Rn. 14 m. w. Nw.). Daran ändert nichts, dass die sofortige Beschwerde nach neuem Recht auch zugleich bei dem Beschwerdegericht eingelegt werden kann, § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Nachdem ein Nichtabhilfeverfahren vor dem Familiengericht hier nicht erkennbar ist, erscheint es sachgerecht, dieses nachzuholen.
In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass sich die vom Familiengericht hier zu treffende Kostenentscheidung nicht nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 91a ZPO zu richten haben dürfte, sondern nach § 243 ZPO. Denn vorliegend handelt es sich um eine Unterhaltssache. Hier gilt § 243 FamFG als lex specialis, so dass eine unmittelbare Anwendung der §§ 91 ff. ZPO, soweit sie die Kostenverteilung regeln, nicht in Betracht kommt (vgl. BGH FamRZ 2011, 1933; OLG Schleswig FamRZ 2014, 963 und Zöller/Lorenz ZPO 31. Auf. 2016 § 243 FamFG Rn. 6, 8; demgegenüber anderer - wohl unzutreffender - Ansicht: OLG Köln FamRZ 2013, 1059); hiervon betroffen ist auch § 91a ZPO). Jedoch sind im Rahmen der Ermessensprüfung des § 243 FamFG die Rechtsgedanken zu berücksichtigen, die den verdrängten ZPO-Vorschriften zugrunde liegen. Damit kommt § 91a ZPO mittelbar zum Tragen (vgl. BGH FamRZ 2011, 1933). Dabei ist das Familiengericht grundsätzlich in der Bewertung frei, welche Gewichtung es den einzelnen Kriterien verleihen will und wie es damit letztlich die Kostenquote ermittelt. Derartige Ermessensentscheidungen sind durch das Beschwerdegericht nur eingeschränkt überprüfbar. Das Beschwerdegericht kann die angefochtene Entscheidung nur dahin überprüfen, ob das AG sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat; insbesondere darf nicht eine eigene Ermessensentscheidung des Beschwerdegerichts Grundlage der Entscheidung werden, wenn Ermessensfehler nicht vorliegen (vgl. statt aller: OLG Brandenburg, JurBüro 2012, 602 m.w.N.).
Darüber hinaus erscheint es dem Senat zutreffend ist, dass der Abänderungsantrag hier nach Eintritt der Volljährigkeit des gemeinsamen Kindes der Beteiligten gegen dieses und nicht gegen die Kindesmutter zu richten gewesen wäre. Dem steht mit Blick auf § 1629 Abs. 3 Satz 2 BGB auch nicht entgegen, dass der abzuändernde gerichtliche Vergleich seinerzeit von der Kindesmutter in Verfahrensstandschaft nach § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB geschlossen und der Titel bislang nicht auf das Kind umgeschrieben wurde (vgl. OLG Hamm FamRZ 1990, 1375; Prütting/Helms/Bömelburg FamFG 3. Aufl. 2014 § 238 Rn. 71; Wendl/Dose/Schmitz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. 2015 § 10 Rn. 258 a.E. und Rn. 276 [für eine abweichende Ansicht bei der Abänderung von urkundlichen Elternvereinbarungen] sowie ...