Verfahrensgang
LG Mainz (Entscheidung vom 04.09.2013) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 2. kleinen Strafkammer des Landgerichts Mainz vom 4. September 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Mainz zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht - Schöffengericht - Mainz hat den Angeklagten durch Urteil vom 7. Dezember 2012 in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss vom 16. Mai 2013 wegen gefährlicher Körperverletzung "unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Simmern vom 20.03.2012 - 1044 Js 2812/11.Ds - rechtskräftig seit dem 20.03.2012 - und unter Auflösung der darin enthaltenen Gesamtfreiheitsstrafe" (von einem Jahr und drei Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung) zu einer neuen Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt (Einzelstrafe für die gefährliche Körperverletzung: Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten). Bei den einbezogenen Einzelstrafen handelte es sich um drei Freiheitsstrafen von jeweils acht Monaten wegen gemeinschaftlichen Wohnungseinbruchsdiebstahls in drei Fällen. Außerdem hat das Schöffengericht den Angeklagten verurteilt, an den Adhäsionskläger 6.000 € Schmerzensgeld nebst Zinsen, davon 3.000 € gemäß dem abgegebenen Anerkenntnis, zu zahlen. Im Übrigen hat es von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag abgesehen.
Die dagegen eingelegte, in jeder Hinsicht unbeschränkte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Mainz durch Urteil vom 4. September 2013 als unbegründet verworfen. Die Strafkammer hat die Tat als gefährliche Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB) gewertet und dafür dieselbe Einzelfreiheitsstrafe wie das Schöffengericht verhängt, das zusätzlich von den Voraussetzungen des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ausgegangen war.
Gegen das Berufungsurteil wendet sich der Angeklagte mit der unbeschränkten Revision, die er auf eine Aufklärungsrüge und die näher ausgeführte Sachrüge stützt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat Urteilsaufhebung und Zurückverweisung der Sache beantragt.
II.
Die rechtzeitig angebrachte sowie form- und fristgerecht begründete Revision hat bereits mit der Sachrüge einen zumindest vorläufigen Erfolg. Auf die erhobene Verfahrensbeanstandung kommt es deshalb nicht an.
1. Nach den Feststellungen der Strafkammer trat der Angeklagte, der leichte Kunstlederschuhe trug, den erheblich alkoholisierten Zeugen L., der sich zuvor als Fahrgast im Taxi des Angeklagten befunden hatte, in den Gesichts- oder Halsbereich, während der Zeuge sein Mobiltelefon in Händen hielt. "Durch die Wucht des Trittes wurde der Zeuge abrupt nach hinten geworfen" (UA S. 8), fiel zu Boden und schlug dabei mit dem Kopf ungebremst auf den Asphalt, ohne vorher eine Abstützbewegung unternommen zu haben. Durch den Sturz erlitt der Zeuge potentiell lebensbedrohliche Verletzungen. Er trug insbesondere sieben Schädelbrüche, einen Schädelbasisbruch und ein Hirnödem davon. Außerdem kam es zu einer Glaskörperblutung am linken Auge mit andauerndem sektorenförmigem Gesichtsfeldausfall und einem dauerhaften Verlust des Riechvermögens. Er befand sich elf Tage lang in stationärer, teils intensivmedizinischer Krankenhausbehandlung, an die sich eine Reha-Behandlung anschloss.
2. Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung weder in der vom Landgericht angenommenen Qualifikation mittels einer lebensgefährdenden Behandlung (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB) noch in der in Betracht zu ziehenden mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs (§ 224 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. StGB).
a) Das gilt - entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft - allerdings nicht bereits für den objektiven Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB. Für eine Bewertung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Art der Behandlung nach den Umständen des Einzelfalls generell geeignet ist, das Leben zu gefährden (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StGB § 224 Abs. 1 Nr. 5 Lebensgefährdung 1; BGH NStZ-RR 2013, 342; OLG Koblenz, Beschluss 1 Ss 273/03 vom 06.10.2003; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 224 Rn. 12 mwN). Tritte oder heftige Schläge gegen den Kopf des Opfers können eine das Leben gefährdende Behandlung darstellen (BGH NStZ-RR 2013, 342 mwN). Dabei ist aber die konkrete Schädlichkeit der Einwirkung auf den Körper des Verletzten im Einzelfall zu berücksichtigen (BGH aaO; BGHR StGB § 223a Abs. 1 Lebensgefährdung 1). Während eine bloß abstrakte Gefahr, die sich erst aus weiteren äußeren Umständen ergibt, nicht genügt (BGHR StGB § 223a Abs. 1 Lebensgefährdung 3; BGHR StGB § 224 Abs. 1 Nr. 5 Lebensgefährdung 1; NStZ 2010, 276), kann ein wuchtiger Tritt gegen den Oberkörper des Opfers, der "mittelbar" durch Sturz und Aufprall des Geschädigten mit dem Kopf auf den Boden gegen vitale Körperregionen gewirkt hat, ausreichen (BGH NStZ-RR 2013, 342). Nichts and...