Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerrufsrecht bei Haustürgeschäft - Vermietung eines Werbetafelstandplatzes
Leitsatz (amtlich)
1. Nur bei planmäßigem Geschäftsbetrieb ist ein Vermieter Unternehmer. Verbraucher bleibt, wer gelegentlich einen Standplatz für eine Werbetafel auf seinem Privatgrundstück vermietet.
2. Eine erhebliche Zeitspanne (hier: 10 Wochen) zwischen der Haustürsituation und dem Vertragschluss hindert nicht die Annahme des Ursachenzusammenhangs.
Normenkette
BGB § 14 Abs. 1, § 312 Abs. 1 Nrn. 1, 3, § 355 Abs. 3, § 357 Abs. 1, 4, § 535 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 28.10.2010; Aktenzeichen 9 O 166/10) |
Gründe
Der Senat beabsichtigt nach vorläufiger Beratung, die Berufung gegen das Urteil des LG Koblenz vom 28.10.2010 - 9 O 166/10, durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern. Im Einzelnen ist zur Sach- und Rechtslage zu bemerken:
1. Die Beklagte unterzeichnete am 27.12.2008 ein schriftliches Vertragsangebot der P. Plakat (im Folgenden: PP) vom 16.10.2008. Damit verpflichtete sie sich, für fünf Jahre auf dem von ihr bewohnten Hausgrundstück die exklusive Aufstellung einer großen Werbetafel zu dulden und die Kosten des vorbereitenden Bauantrags zu tragen. Im Gegenzug sollte sie ein jährliches Entgelt von 360 EUR erhalten.
Die PP hatte das Angebot erstellt, nachdem einer ihrer Mitarbeiter die Beklagte kurz zuvor vor deren Wohnhaus angesprochen hatte. Die Beklagte war schon im Januar 2008 von einem Vertreter der W.-Werbung (im Folgenden: WW) aufgesucht worden, dem ebenfalls um die Aufstellung einer Werbetafel zu tun war. Daraufhin war es am 24.1.2008 zu einer entsprechenden vertraglichen Bindung gekommen, die der Beklagten aber später nicht mehr bewusst war. Als die PP an sie herantrat, ging sie von einer Fortsetzung des im Januar 2008 hergestellten Kontakts aus.
In dem Vertrag mit der PP stimmte die Beklagte dem Eintritt eines Dritten in alle Rechte und Pflichten zu. Die Klägerin berühmt sich, auf dieser Grundlage im Januar 2009 Rechtsnachfolgerin der PP geworden zu sein. Sie forderte die Beklagte unter dem 27.11.2009 auf, die vereinbarte Anbringung einer Werbetafel zu ermöglichen. Daran sah sie sich gehindert, weil die WW zuvor die ihr zugesagte Tafel installiert hatte. Auf eine erneute Aufforderung der Klägerin vom 16.12.2009 reagierte die Beklagte am 4.1.2010 mit einer Vertragsanfechtung wegen Irrtums.
Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten dazu beantragt, die Aufstellung der Werbetafel zu gestatten und, falls dies nicht binnen Frist geschehe, Schadensersatz von 8.122,08 EUR nebst Zinsen zu leisten. Außerdem hat die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten von 603,70 EUR zzgl. Zinsen geltend gemacht. Der Ersatzanspruch von 8.122,08 EUR ist auf den Entgang von Werbeeinnahmen für die Zeit von fünf Jahren und die Kosten der Baugenehmigung für die Tafel gestützt worden; ersparte Aufwendungen hat die Klägerin gegengerechnet.
Die Beklagte hat sich mit dem Anfechtungseinwand verteidigt und ergänzend den Vertragswiderruf erklärt, weil sie sich in einer "Haustürsituation" befunden habe. Über ein ihr zustehendes Recht, vom Vertrag Abstand zu nehmen, war sie nicht belehrt worden.
Das LG hat eine entsprechende Widerrufsbefugnis bejaht. Das greift die Klägerin mit der Berufung an. Aus ihrer Sicht lag keine "Haustürsituation" vor.
2. Damit kann die Klägerin nicht durchdringen. Einem Erfolg des Rechtsmittels steht bereits entgegen, dass kein Antrag auf Änderung des erstinstanzlichen Urteils gestellt ist, wie dies in § 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO verlangt wird. Die Klägerin erstrebt ausdrücklich eine Entscheidung, die den angefochtenen Ausspruch erneuert.
Sieht man das Begehren der Klägerin gleichwohl aus dem Zusammenhang heraus im Sinne des alten Klageverlangens auf eine Verurteilung der Beklagten gerichtet, fehlt der Berufung immer noch die Erfolgsaussicht. Das LG ist nämlich zutreffend von einem Widerruf des zwischen der PP und der Beklagten geschlossenen Mietvertrags ausgegangen, der die auf diesen Vertrag gestützten Ansprüche der Klägerin hat entfallen lassen (§ 357 Abs. 1 und 4 BGB).
Die Widerrufsbefugnis der Beklagten ergab sich aus § 312 BGB, weil die Beklagte entweder auf ihrem Grundstück (§ 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB) oder aber in dessen Vorfeld auf der öffentlichen Verkehrsfläche (§ 312 Abs. 1 Nr. 3 BGB) durch den Beauftragten Maier der PP zum Vertragsschluss bestimmt worden war. Dabei befand sich die PP in der Rolle eines Unternehmers und die Beklagte in der eines Verbauchers; dass sie als Vermieterin handelte, hindert diese Einordnung nicht (Ellenberger in Palandt, BGB, 70. Aufl., § 14 Rz. 2). Der Kontakt kann auch nicht auf eine vorherige Bestellung der Beklagten zurückgeführt werden. In erster Instanz...