Leitsatz (amtlich)
Keine - auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen gebotene - Volljährigenadoption durch nur einen Ehegatten.
Verfahrensgang
AG Koblenz (Beschluss vom 13.11.2013; Aktenzeichen 2 F 19/13) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluss des AG - Familiengerichts Koblenz vom 13.11.2013 wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerdeführer tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die 1955 geborene Antragstellerin (Beteiligte zu 1) beabsichtigt, ihre am ... 1986 geborene Nichte (Beteiligte zu 2) als Kind anzunehmen. Sie ist seit dem 23.9.2010 mit ihrem jetzigen Ehemann verheiratet. Dieser ist mit der Adoption einverstanden. Nach dem Antrag ist zwar zwischen der Antragstellerin und ihrer Nichte im Laufe der Jahre ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden, nicht aber zu deren Ehemann.
Durch den angefochtenen Beschluss lehnte das AG den Ausspruch der Adoption ab, weil ein Ehepaar ein Kind nur gemeinschaftlich adoptieren könne. Die Vorschrift des § 1741 Abs. 2. Satz 2 BGB gelte auch für die Volljährigenadoption (§ 1767 Abs. 2 BGB); sie werde eben gerade nicht von der entsprechenden Anwendbarkeit ausgenommen. Es könne nicht gegen den klaren Gesetzeswortlaut eine Adoption durch einen Ehegatten allein ausgesprochen werden, wenn nicht einer der in § 1741 BGB genannten Ausnahmefälle vorliege. Die Anwendung des § 1741 Abs. 2 Satz 2 BGB auch auf die Volljährigenadoption sei verfassungsgemäß.
Gegen diese Entscheidung wenden sich sowohl die Antragstellerin als auch ihre Nichte. Sie vertreten die Auffassung, § 1741 Abs. 2 Satz 2 BGB sei bei verfassungskonformer Auslegung auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden.
Die Voraussetzungen für eine Annahme - unterstellt die Antragstellerin sei nicht verheiratet - lägen vor. Zwar solle die Annahme durch eine alleinstehende Person nach dem Willen des Gesetzgebers die Ausnahme darstellen. Für einige Fallgruppen seien jedoch Ausnahmen anerkannt, so wenn - wie hier - eine länger dauernde bedeutsame Beziehung zwischen Annehmendem und Anzunehmendem bestehe, oder wenn - wie hier ebenfalls - es um die Annahme eines verwandten Kindes gehe.
Der bei wörtlicher Gesetzesanwendung bestehende Ausschluss der Adoptionsmöglichkeit für Verheiratete verstoße bei einer Konstellation wie der vorliegenden gegen Art 6 GG. Der Gesetzgeber habe die Verpflichtung, bei der Ausgestaltung des einfachen Rechts das Institut der Ehe positiv zu fördern. Verheiratete dürften von Gesetzes wegen nicht deshalb benachteiligt werden, weil sie verheiratet seien. An die Ehe dürften keine rechtlichen Nachteile geknüpft werden und es dürften keine Begünstigungen versagt werden. Solche Nachteile ergäben sich aber bei wörtlicher Anwendung von § 1741 Abs. 2 Satz 2 BGB für die Antragstellerin, denn wäre sie nicht verheiratet, stünde einer Adoption ihrer Nichte nichts im Wege. Dieser Eingriff könne allenfalls durch kollidierendes Verfassungsrecht gerechtfertigt sein. Solches sei aber unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt denkbar, folglich sei der Eingriff auch nicht gerechtfertigt.
Der Gesetzgeber habe durch die Fassung des § 1741 Abs. 2 Satz 2 BGB sicherstellen wollen, dass ein Verwandtschaftsverhältnis zu allen Familienangehörigen entstehe und das angenommene Kind nicht teilweise in der Rolle des Stiefkindes sei.
Diese Motivation sei zwar zunächst einleuchtend, beachte aber das subjektive Moment nicht ausreichend, dass nämlich der andere Ehegatte - wie hier - durchaus die subjektive Bereitschaft zur Annahme haben könne, es ihm aber an den objektiven Voraussetzungen fehle, der ausreichend tiefen Beziehung - hier - zur Nichte der Antragstellerin. Die Benachteiligung des Ehegatten, der ein Kind alleine annehmen wolle, beruhe also auf einer nicht vertretbaren gesetzgeberischen Motivation.
Schließlich sei mit der streng wörtlichen Auslegung des § 1741 Abs. 2 Satz 2 BGB auch eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art 3 GG verbunden.
II.1. Die Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung des AG ist nach § 58 Abs. 1 FamFG zulässig; § 197 Abs. 3 Satz 1 FamFG, der die Beschwerde ausschließt, betrifft nur die die Annahme aussprechende Entscheidung. Sie wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet.
2. Die Beschwerde ist nicht begründet.
a. Zunächst zieht auch die Beschwerde nicht in Zweifel, dass nach der Gesetzeslage § 1741 Abs. 2 Satz 2 BGB wegen des Verweises in § 1767 Abs. 2 BGB auch auf die Volljährigenadoption Anwendung findet. Das entspricht, soweit ersichtlich, einhelliger Meinung (vgl. etwa Maurer in MÜKO BGB, 6. Aufl., Rz. 24 zu § 1741, Saar in Ermann, BGB, Rz. 12 zu § 1741, Staudinger BGB, Bearbeitung 2007 Rz. 31, 12 zu § 1741). Verheiratete Personen können ein Kind grundsätzlich nur gemeinsam adoptieren (Abs. 2 S 2). Die Adoption durch einen Ehegatten allein ist nach dem Wortlaut des Gesetzes nur zulässig, wenn das Kind des anderen Ehegatten adoptiert wird oder aber die gemeinschaftliche Adoption...