Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Zurückweisung eines Prozessbevollmächtigten bei Tätigkeitsverbot nach § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO durch das Gericht
Normenkette
BRAO §§ 45, 156 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 3 O 67/01) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beklagten v. 5.11.2001 wird der Beschluss der 3. Zivilkammer – Einzelrichter – des LG Koblenz v. 24.10.2001 aufgehoben.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt bis zu 1.000 Euro.
Gründe
Die Beschwerde der Beklagten ist gem. § 567 Abs. 1 ZPO statthaft. Mit der angefochtenen Entscheidung wird ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen. Das ist dann der Fall, wenn – wie hier – RA A. als Prozessbevollmächtigter der Beklagten mit dem Anspruch aufgetreten ist, für diese prozessführungsbefugt zu sein, und das Gericht ihn entsprechend § 156 Abs. 2 BRAO zurückweist.
Die Entscheidung ist ergangen, ohne dass es dazu einer mündlichen Verhandlung bedurft hätte. Denn die Vorschrift des § 156 Abs. 2 BRAO, auf die sich das LG berufen hat, trifft keine gegenteilige Bestimmung.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Für die vom LG ausgesprochene Zurückweisung von RA A. besteht keine gesetzliche Grundlage.
Das vom LG aufgrund der Stellung von RA A. als Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Beklagten angenommene Tätigkeitsverbot gem. § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO rechtfertigte nicht dessen Zurückweisung.
Nach wohl überwiegender Auffassung, der sich der Senat anschließt, sind Gerichte, Behörden und sonstige Dritte nicht berechtigt, den gegen § 45 BRAO verstoßenden Anwalt zurückzuweisen. § 156 Abs. 2 BRAO ist auf Fälle beschränkt, in denen ein berufsgerichtliches Vertretungsverbot oder ein vorläufiges Berufs- oder Vertretungsverbot verhängt worden ist. Eine analoge Anwendung scheidet aus, weil die Überwachung der Einhaltung anwaltlicher Berufspflichten ausschließlich der Berufsaufsicht der Rechtsanwaltskammern und der Anwaltsgerichtsbarkeit unterliegt (vgl. KG v. 9.10.1994 – 4 W 606/94, NJW-RR 1995, 762; Henssler/Prütting, BRAO, § 46 Rz. 43). Allein dies entspricht § 3 Abs. 2 BRAO, weshalb die vereinzelte Befürwortung einer analogen Anwendung von § 156 Abs. 2 BRAO (Feuerich/Braun, BRAO, 5. Aufl., § 45 Rz. 37; auch Henssler, allerdings zu § 46, BRAO, § 46 Rz. 32) nicht überzeugt.
Die in diesem Zusammenhang von Befürwortern der analogen Anwendung zitierte Entscheidung OLG Hamm v. 17.10.1988 – 8 U 58/88, MDR 1989, 266 = NJW-RR 1989, 442 stützt deren Auffassung nicht, zumal darin ohne Begründung nur beiläufig erwähnt wird, ein Verstoß gegen § 45 Nr. 4 BRAO könne ggf. zur Zurückweisung des Prozessbevollmächtigten durch das Gericht führen. Dabei wird als Beleg auf OLG Köln MDR 1974, 310 verwiesen, was allerdings ohnehin nicht passt, da dort allein vom Ausschluss nach § 157 ZPO die Rede ist, um den es nicht geht (vgl. auch KG v. 9.10.1994 – 4 W 606/94, NJW-RR 1995, 762 [763]).
Die vom LG ausgesprochene Zurückweisung war somit auf die Beschwerde der Beklagten hin aufzuheben.
Die Kostenentscheidung entspricht § 91 Abs. 1 ZPO.
Der Senat hat den Beschwerdewert gem. § 3 ZPO daran orientiert festgesetzt, was der Beklagten im Falle der Notwendigkeit der Beauftragung eines anderen Prozessbevollmächtigten an Zusatzkosten entstanden sein könnte.
Dr. Henrich, Künzel, Kieselbach
Fundstellen
Haufe-Index 1111434 |
MDR 2002, 1025 |
OLGR-KSZ 2002, 209 |
www.judicialis.de 2002 |