Leitsatz (amtlich)

1. Hat der Verkehrsanwalt der auswärtigen Partei bessere Tatsachenkenntnisse als die Partei selbst, können die Kosten einer Geschäftsreise des Verkehrsanwalts zur Information des örtlichen Prozessbevollmächtigten erstattungsfähig sein.

2. Die Vergleichsgebühr des Verkehrsanwalts ist i.d.R. nicht erstattungsfähig.

 

Normenkette

BRAGO §§ 23, 28, 52; ZPO § 91

 

Verfahrensgang

LG Trier (Beschluss vom 02.06.2003; Aktenzeichen 10 HKO 76/95)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Trier vom 2.6.2003 dahin abgeändert, dass der von der Beklagten an die Klägerin zu erstattende Kostenbetrag um 147,16 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 8.1.1998 erhöht wird.

Das weiter gehende Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Klägerin zur Last. Von den außergerichtlichen Kosten trägt die Klägerin 7/8 und die Beklagte 1/8.

Der Beschwerdewert wird auf 1.204,24 Euro (= 3/5 der Summe von 479,70 DM und 2.970,50 DM nebst 16 % Mehrwertsteuer) festgesetzt. In Höhe von 1.057,08 Euro ist das Rechtsmittel erfolglos.

 

Gründe

Das fristgemäß eingelegte Rechtsmittel, das ersichtlich im Namen der Klägerin geltend gemacht worden ist, hat einen Teilerfolg. Im Übrigen ist es zurückzuweisen.

1. Die Klägerin hat Anspruch auf anteilige Erstattung der Reisekosten, die im Rahmen einer Informationsreise ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten entstanden sind. Die Reise wurde am 6. und 7.11.1997 unternommen und diente der Information der zweitinstanzlichen Prozessvertreter. Insoweit ist unstreitig ein Betrag von 479,70 DM angefallen, für den die Klägerin nach § 28 BRAGO aufzukommen hat.

Wie von der Klägerin im Einzelnen dargelegt worden ist, hatte ihr jetziger Prozessbevollmächtigter, der damals als Korrespondenzanwalt für sie tätig war, fallbezogene Tatsachenkenntnisse, die über ihren eigenen Wissensstand hinausreichten. Das rechtfertigte seine Heranziehung (OLG Koblenz v. 6.9.1995 – 14 W 518/95, AnwBl. 1996, 410 = NJW RR 1996, 315), damit die ihm verfügbaren Fakten prozessual nutzbar gemacht werden konnten. Im Hinblick auf die Komplexität des Rechtsstreits war es dann auch folgerichtig, dass er an Parteistelle zu einem Informationsgespräch mit den Prozessvertretern zusammentraf.

2. Für die streitige Vergleichsgebühr hat die Beklagte nicht anteilig einzustehen. Es kann offen bleiben, ob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin diese Gebühr in seiner Rolle als Korrespondenzanwalt verdient hat, indem er beratend und vermittelnd agierte und sich so erfolgreich um den Abschluss des Vergleichs bemühte. War das der Fall, hat er zwar eine Vergleichsgebühr verdient. Aber das besagt nichts für deren Erstattunsfähigkeit (von Eicken in Gerold/Schmidt, BRAGO, 15. Aufl., § 52 Rz. 17). Insoweit kommt es nämlich darauf an, dass die anwaltliche Tätigkeit i.S.d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO notwendig war. Für eine solche Annahme gibt es keine tragfähige Grundlage.

Der Vergleichsschluss war grundsätzlich Sache der Prozessvertreter der Klägerin. Damit ihnen die dazu erforderlichen Informationen zur Verfügung standen, durfte die Klägerin ihren derzeitigen Prozessbevollmächtigten als Verkehrsanwalt heranziehen. Er konnte seine Kenntnisse dann schriftlich und im persönlichen Gespräch weitergeben. Wenn das nicht in genügendem Umfang geschah, darf dies nicht zu Lasten der Beklagten gehen.

3. Der Kostenausspruch beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Dr. Menzel

 

Fundstellen

Haufe-Index 1107937

OLGR-KSZ 2004, 103

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