Leitsatz (amtlich)
Erklärt der Gläubiger berechtigterweise seinen Insolvenzantrag für erledigt, haftet er nicht als Zweitschuldner für gerichtliche Auslagen.
Normenkette
GKG §§ 22-23, 66; InsO § 13; ZPO § 91a
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 05.02.2007; Aktenzeichen 2 T 50/07) |
AG Betzdorf (Aktenzeichen 11 IN 94/05) |
Tenor
Die weitere Beschwerde des Bezirksrevisors des LG Koblenz vom 5.2.2007 gegen die Beschwerdeentscheidung des LG Koblenz vom 25.1.2007 wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die weitere Beschwerde ist nach § 66 Abs. 4 GKG zulässig; sie hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die im Anschluss an das OLG Köln (OLG Köln v. 11.10.2005 - 17 W 91/05, OLGReport Köln 2006, 212 = MDR 2006, 471) sorgfältig begründete Entscheidung des LG Bezug genommen.
Die Begründung des LG Dresden (ZVI 2005, 329) zur Zweitschuldnerhaftung des Gläubigers nach Erledigterklärung des Insolvenzantrags, der sich die Staatskasse angeschlossen hat, überzeugt den Senat nicht.
Die Kommentarliteratur zur Insolvenzordnung erachtet, soweit ersichtlich, den antragstellenden Gläubiger als Zweitschuldner der Gerichtskosten und Auslagen. Eine nähere Begründung wird aber nicht gegeben (vgl. Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 14 Rz. 87; Münchener Kommentar-Schmahl, InsO, 2001, § 13 Rz. 118; Pape/Uhlenbruck, InsolvenzR, 2002, S. 285: vgl. auch Schmerbach NZI 2003, 421/423).
In der kostenrechtlichen Kommentarliteratur beziehen sich Hartmann (GKG, 36. A. § 23 Rz. 2/5) und Meyer (GKG, 6. Aufl., § 23 Rz. 2) auf die Entscheidung des LG Frankenthal (JurBüro 2002, 329) und lehnen im Falle der Erledigterklärung eine Zweitschuldnerhaftung des Antragstellers ab.
§ 22 Abs. 1 GKG verhält sich über die Haftung des Antragstellers ggü. der Staatskasse für Gebühren und Auslagen der Instanz. Für das Insolvenzverfahren bestimmt § 23 Abs. 1 S. 1 GKG, dass die Gebühr über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens derjenige schuldet, der den Antrag gestellt hat (KV 2310, 2311). Nach S. 2 der Vorschrift - gleichlautend § 50 Abs. 1 S. 2 GKG a.F. - haftet der Antragsteller auch für die entstandenen Auslagen, wenn der Antrag abgewiesen oder zurückgenommen wird.
Das LG Dresden sieht in § 50 Abs. 1 S. 2 GKG a.F. eine Ausnahmevorschrift, die in ihrer begünstigenden Regelung eng auszulegen sei. Die Erledigterklärung sei mit der Rücknahme gleichzustellen; jene habe ein wesentliches antragsrücknehmendes Element. Es gehe darüber hinaus um einen Interessenausgleich zwischen dem Gläubiger und der Staatskasse. Ein Anlass, gerade im Falle der Erledigterklärung ein Auslagenrisiko auf die Staatskasse zu verlagern, sei nicht ersichtlich. Gegen eine weite Auslegung spreche auch nicht, dass der Gesetzgeber bei mehreren Änderungen des Insolvenz- und Kostenrechts darauf verzichtet habe, die Auslagenhaftung im Falle der Erledigung ausdrücklich zu regeln.
Die Ansicht des LG Dresden läuft auf eine unzulässige Gesetzesanalogie des § 23 Abs. 1 S. 2 GKG hinaus. Auslegungskriterien sind der Wortsinn, der Bedeutungszusammenhang des Textes, die Normvorstellungen des Gesetzgebers und der an der Gesetzgebung beteiligten Personen, die Regelungszwecke und schließlich die der Regelung zugrunde liegenden Rechtsprinzipien (vgl. Larenz/Wolf, BGB AT, 9. Aufl., § 4 Rz. 34). Systematik und Wortsinn des § 23 Abs. 1 GKG zeigen auf, dass die Antragstellerhaftung nur eingreift, wenn der Antrag keinen Erfolg hatte oder zurückgenommen worden ist. Der eine Fall bezieht sich auf die Abweisung des Eröffnungsantrags, der andere auf die ausdrückliche Rücknahme des Antrages. Dies ist mit einer Erledigterklärung nicht gleichzusetzen.
Bei dem Insolvenzeröffnungsverfahren handelt es sich um ein Vollstreckungsverfahren, dessen Durchführung allein in der Hand des Gläubigers liegt. Der Gläubiger kann als Antragsteller bis zur Eröffnung oder rechtskräftigen Abweisung entscheiden, ob die Gesamtvollstreckung durchgeführt wird oder nicht. Erklärt z.B. der antragstellende Gläubiger die Hauptsache für erledigt, weil der Schuldner die dem Antrag zugrunde liegende Forderung beglichen hat, so kann über die Erledigung der Hauptsache kein Streit mehr bestehen. Die einseitige Erklärung des Antragstellers, dass die Hauptsache erledigt ist und er den Antrag auf die Kosten beschränke, reicht deshalb in den Fällen aus, in denen der Antrag ursprünglich zulässig gewesen ist (Uhlenbruck, InsO, § 14 Rz. 84 mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Damit ist über die Antragstellerhaftung aus dem Blickwinkel des Rechtsinstituts der "Erledigung" aber noch nichts ausgesagt.
Hinsichtlich der Kostentragungspflicht ist die Kostenschuldnerschaft kraft Entscheidung zu berücksichtigen. War der Insolvenzantrag des Gläubigers von Anfang an unzulässig oder ist er aufgrund einer Gegenglaubhaftmachung des Schuldners unzulässig geworden, so kann der der Erledigung widersprechende Schuldner eine Zurückweisung des Insolvenzantrags oder eine an...