Leitsatz (amtlich)
1. Die Verkehrssicherungspflicht verpflichtet grundsätzlich denjenigen, der eine Gefahrenlage schafft, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (in Anknüpfung an BGH, Urt. v. 12.11.1996 - VI ZR 270/95, VersR 1997, 250; Urt. v. 15.7.2003 - VI ZR 155/02, VersR 2003, 1319; OLG Celle Urt. v. 25.1.2007 - 8 U 161/06, VersR 2008, 1553).
2. Der Verkehrssicherungspflichtige ist aber nicht gehalten, für alle denkbaren, entfernt liegenden Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge zu treffen. Es genügen diejenigen Vorkehrungen, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar sind. Erforderlich sind die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger des betroffenen Verkehrskreises für notwendig und ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren (in Anknüpfung an BGH; Urt. v. Urt. v. 15.7.2003 - VI ZR 155/02, NJW 2003, 1459; Urt. v. 16.5.2006 - VI ZR 189/05, NJW 2006, 2326; Urt. v. 16.2.2006 - III ZR 68/05, VersR 2006, 665), d.h. nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs geeignet sind, solche Gefahren von Dritten tunlichst abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßem oder bei nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (in Anknüpfung an BGH, Urt. v. 21.2.1978 - VI ZR 202/76, NJW 1978, 1629).
3. Bei Glatteisunfällen sind die Regeln über den Anscheinsbeweis anwendbar, wenn der Verletzte innerhalb der zeitlichen Grenzen der Streupflicht zu Fall gekommen ist. In einem solchen Fall spricht nach dem ersten Anschein eine Vermutung dafür, dass es bei Beachtung der Vorschriften über die Streupflicht nicht zu den Verletzungen gekommen wäre (in Anknüpfung an BGH, Urt. v. 4.10.1983 - VI ZR 98/82, NJW-RR 1984, 432), dass sich also in dem Unfall gerade diejenige Gefahr verwirklicht hat, deren Eintritt die Schutzvorschriften verhindern wollten. Die Regeln über den Anscheinsbeweis können aber keine Anwendung finden, wenn der Sturz auf dem Glatteis erst nach dem Ende der Streupflicht eingetreten ist. Ein solcher Sachverhalt entspricht nicht mehr einem typischen Geschehensablauf, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache hinweist
4. Die Prüfung des Berufungsgerichts beschränkt sich nicht darauf, ob das erstinstanzliche Gericht den Prozessstoff und die Beweisergebnisse umfassend und widerspruchsfrei geprüft hat und seine Würdigung vollständig und rechtlich möglich ist, ohne gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze zu verstoßen. Das Berufungsgericht hat den vorgelegten Prozessstoff auf der Grundlage der nach § 529 ZPO berücksichtigungsfähigen Tatsachen vielmehr auch dahin zu überprüfen, ob die Beweiswürdigung im angegriffenen Urteil bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte sachlich überzeugend ist (in Anknüpfung an BGH, Urt. v. 12.4.2011 - VI ZR 300/09, VersR 2011, 769 Rz. 22 m.w.N.; Beschl. v. 19.11.2014 - IV ZR 317/13).
Nach § 448 ZPO kann das Gericht, auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast eine Partei vernehmen, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um die Überzeugung von der Wahrheit oder der Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen. Die Vorschrift will nicht die beweisbelastete Partei vor den Folgen der Beweisfälligkeit befreien. Der Zweck besteht vielmehr darin, dem Gericht dann, wenn nach dem Ergebnis der Verhandlung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der streitigen Behauptung spricht und andere Erkenntnisquellen nicht mehr zur Verfügung stehen, ein Mittel zur Gewinnung letzter Klarheit an die Hand zu geben. Die Würdigung des Verhandlungsergebnisses darf noch keine Überzeugung von der Wahrheit oder der Unwahrheit der zu beweisenden Behauptung begründen. Es muss mehr für die Richtigkeit der streitigen Behauptung als dagegen sprechen, so dass bereits einiger Beweis erbracht ist. Die Entscheidung über die Vernehmung einer Partei nach § 448 ZPO obliegt dem Ermessen des Gerichts (in Anknüpfung an BGH, Urt. v. 5.7.1989 - VIII ZR 334/88, NJW 1989, 133 ff.
Normenkette
BGB §§ 249, 253 Abs. 2, § 823 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 25.09.2014; Aktenzeichen 2 O 141/14) |
Tenor
Der Senat erwägt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Mainz - Einzelrichter - vom 25.9.2014 durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung ist nicht geboten. Dem Kläger wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 10.3.2015. Es wird zur Vermeidung weiterer Kosten angeregt, die Berufung zurückzunehmen. In diesem Fall ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 Kos...