Leitsatz (amtlich)
›Zu den notwendigen Auslagen eines freigesprochenen Angeklagten gehören auch die Mehrkosten eines als Verteidiger tätig gewesenen auswärtigen Rechtsanwalts, wenn es sich um eine Strafsache von erheblichem Gewicht gehandelt hat, namentlich um eine solche, die zur Zuständigkeit einer großen Strafkammer, insbesondere der Schwurgerichtskammer oder einer anderen Spezialkammer gehört hat. Dies gilt auch dann, wenn zu dem Rechtsanwalt im Zeitpunkt seiner Beauftragung kein besonderes Vertrauensverhältnis bestanden, der Beschuldigte ihn aber für besonders geeignet gehalten hat, seine Interessen bestmöglich wahrzunehmen. Unter diesen Voraussetzungen ist jedenfalls die Beauftragung eines Rechtsanwalts, der im Landgerichtsbezirk des Wohnsitzes des Beschuldigten oder des Prozessgerichts ansässig ist, nicht zu beanstanden.‹
Verfahrensgang
StA Koblenz (Aktenzeichen 2105 Js (Wi) 24785/94 - 4 KLs) |
Gründe
Die Staatsanwaltschaft legte dem früheren Angeklagten L., der in der Nähe von München wohnhaft war, in einem gegen insgesamt fünf Angeklagte gerichteten Verfahren vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Koblenz Bestechung zur Last. Nach einer Hauptverhandlung von 23 Tagen verurteilte das Landgericht am 19. Januar 1998 den Mitangeklagten Dr. K. wegen Vorteilsannahme, Betruges, Urkundenfälschung in drei Fällen, Steuerhinterziehung in fünf Fällen, davon einmal in Tateinheit mit Urkundenfälschung, und wegen versuchter Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten. Vom Vorwurf der Bestechlichkeit und der Vorteilsannahme in zwei weiteren Fällen wurde er freigesprochen. Ebenso hat das Landgericht den früheren Angeklagten L. und den Mitangeklagten S. vom Vorwurf der Bestechung und zwei weitere Mitangeklagte vom Vorwurf der Vorteilsgewährung freigesprochen. Soweit Freispruch erfolgte, wurden die notwendigen Auslagen der Angeklagten der Staatskasse auferlegt. Die gegen sämtliche Freisprüche gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft hat der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 16. März 1999 verworfen und die Kosten der Rechtsmittel und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt. Die Revision des Angeklagten Dr. K. hatte im Strafausspruch einen Teilerfolg. In der erneuten Hauptverhandlung vom 14. Juli 1999 wurde er zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und 10 Monaten verurteilt.
I.
1.
Mit am 7. Juli 1999 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz seines in Bonn ansässigen Verteidigers beantragte der frühere Angeklagte, seine aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten der Verteidigung für das erstinstanzliche Verfahren auf 24.470,46 DM nebst 4 % Zinsen festzusetzen.
Die Rechtspflegerin des Landgerichts Koblenz entsprach dem Antrag mit Beschluss vom 20. Oktober 1999 in Höhe von 19.218,90 DM nebst 4 % Zinsen ab dem 7. Juli 1999. Darin enthalten waren insbesondere die im Vorverfahren und an den 23 Hauptverhandlungsterminen entstandenen Gebühren nach §§ 83 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 84 Abs. 1 BRAGO in Höhe von insgesamt 13.840 DM zuzüglich Mehrwertsteuer.
Nicht anerkannt wurden insbesondere folgende in dem Kostenfestsetzungsantrag enthaltene Positionen:
1. Auslagen der Verteidigung im Ermittlungs-/Zwischenverfahren
a) Reisekosten Besprechung mit
Herrn L. an seinem Dienstort
München am 27.09.1994
Flugkosten (anteilig/netto) 89,35 DM
Fahrtkosten Deutsche Bundesbahn
(anteilig/netto) 23,26 DM
Hotelkosten (anteilig/netto) 492,61 DM
Abwesenheitsgeld für einen Tag
gem. § 28 BRAGO 110,00 DM
7715,22 DM
b) Reisekosten Besprechung mit
Herrn L. an seinem Dienstort
München am 15.111994
Fahrtkosten Deutsche Bundesbahn
(netto) 213,04 DM
Hotelkosten (netto) 269,57 DM
Abwesenheitsgeld gem. § 28 BRAGO 110,00 DM
5592,61 DM
c) Reisekosten Besprechung mit
Herrn L. an seinem Dienstort
München am 14.03.1995
Flugkosten (anteilig/netto) 133,26 DM
Fahrtkosten Deutsche Bundesbahn
(anteilig/netto) 57,39 DM
Hotelkosten (anteilig/netto) 155,30 DM
Abwesenheitsgeld für einen Tag
gem. § 28 BRAGO 110,00 DM
4455,95 DM
d) Reisekosten Besprechung mit
Herrn L. an seinem Dienstort
München am 24.04.1996
Flugkosten (anteilig/netto) 362,83 DM
Hotelkosten (anteilig/netto) 152,61 DM
Mietwagenkosten (anteilig/netto) 92,56 DM
Abwesenheitsgeld für einen Tag
gem. § 28 BRAGO 110,00 DM
(Belege anbei) 718,00 DM
2. Auslagen der Verteidigung während der Hauptverhandlung
a) Im Kostenfestsetzungsantrag im Einzelnen
spezifizierte und belegte Kosten für Reisen Bonn -
Koblenz - Bonn mit dem PKW (150 km x 0,52 DM)
oder mit der Deutschen Bahn (2. Klasse) sowie
Abwesenheitsgelder gemäß § 28 BRAGO zur Teil-
nahme an 23 Hauptverhandlungsterminen (netto) 2.137,33 DM
b) Kosten einer Bahnfahrt (2. Klasse) Bonn -
Koblenz - Bonn am 3.11.1997 zur Einsichtnahme
in die Beweismittel nebst Abwesenheitsgeld
gemäß § 28 BRAGO 55,39 DM
c) Reisekosten Besprechung bei der Firma R. &
S. in München am 20.10.1997
Flugkosten (netto) 547,83 DM
Abwesenheitsgeld gem. § 28 BRAGO 60,00 DM
6607,83 DM
3. Mehrwertsteuer 15 % aus 5.282,33 DM
(Positionen 1. und 2.) 7...